Der Hochsommer 2023 hat es uns nicht leicht gemacht, sich mit ihm anzufreunden. In einem grossen Teil der Ferienzeit zeigte er sich von der unbeständigen und eher kühlen Seite, während davor und danach Hitzewellen mit Rekorden und Unwettern von sich reden machten. Die für die meisten Menschen als angenehm empfundenen Tage (trocken und normal temperiert) – in unserem Wetterlagenkalender gelb markiert – konnte man an einer Hand abzählen. Die meiste Zeit war es also entweder sehr heiss mit Trockenstress für die Natur, schwül-gewittrig oder dann gleich regnerisch-kühl. Wie üblich schauen wir uns den Siebenschläfer-Zeitraum genauer an, auch hinsichtlich einer Verifikation unserer Prognose vom 27. Juni.

Frei von urbanen Einflüssen und mit genügend Abstand zum See und zu Gebirgen, ist die neue DWD-Station Konstanz repräsentativ für das süd(west)liche Mitteleuropa
Eins vorweg: Nimmt man die Siebenschläfer-Regel wortwörtlich (was zwar unsinnig ist, aber von vielen Hobbymeteorologen und leider auch einigen Profis genüsslich zelebriert wird), so ist es mit der Brauchbarkeit der Regel nicht nur, aber besonders 2023 nicht weit her. „… es sieben Wochen bleiben mag“ ging in diesem Hochsommer tüchtig in die Hose, war es doch eine regelrechte Achterbahnfahrt. Als Beispiel dient der Verlauf an der DWD-Messstation Konstanz:
Grob gesagt kann man diesen Hochsommer in vier völlig unterschiedliche Witterungsphasen unterteilen: (1) Unbeständig, aber nicht zu kühl Ende Juni und in der ersten Juliwoche, hauptsächlich Grosswettertyp Nordwest bis West. (2) Heiss, oft schwül und gewittrig mit teils heftigen Unwettern vom 7. bis 23. Juli, hauptsächlich GWT Süd und Südwest, dann über West antizyklonal zu West zyklonal schwenkend. (3) Trüb und unterkühlt mit häufigen, aber nur am Alpenrand ergiebigen Niederschlägen vom 24. Juli bis 9. August, GWT West und Nordwest, meist zyklonal geprägt. (4) Eine für die fortgeschrittene Jahreszeit fulminante, trockene Hitzewelle mit brachialem Ende vom 11. bis 24. August, hauptsächlich GWT Südwest mit zwischenzeitlich drei Tagen Südost.
Fazit: Der Hochsommer 2023 wird nicht gerade als Lehrbeispiel für eine gelungene Siebenschläfer-Regel in die Geschichte eingehen. Und doch lag sie gar nicht so sehr daneben, wenn man einzig den grossräumigen, synoptischen Aspekt betrachtet. Man bekommt aber ein Problem damit, die richtigen ungefähr sieben Wochen auszuwählen. Unsere Prognose ging davon aus, dass der Hochsommer ab dem 5. Juli von Südwest- bis Westlagen geprägt sein wird, mit ein paar eingestreuten kurzen Phasen Süd. Da Prognosen auf 10 Tage hinaus naturgemäss nicht sehr genau sein können, hat sich der Beginn des von uns gewählten Siebenschläfer-Zeitraums um zwei Tage auf den 7. Juli verschoben, wobei die prognostizierte Südwestlage überdreht hat und eine für den Hochsommer extrem seltene Süd antizyklonal draus wurde. Zählt man sieben Wochen, also 49 Tage ab dem 7. Juli, dann gelangt man exakt zum Ende der antizyklonalen Südwestlage am 24. August:
Die prognostizierte Dominanz von West- und Südwest- bis Südlagen inkl. der dreitägigen Südostlage nehmen zusammen 40 Tage ein, also vier Fünftel des Siebenschläfer-Zeitraums. Die neun Tage Nordwest könnten somit als „Betriebsunfall“ verbucht werden. Man kann den Siebenschläfer-Zeitraum 2023 aber auch anders legen, nämlich mit Beginn und Ende mit jeweils einer Nordwestlage: Dabei kommt man mit 46 Tagen ebenfalls auf fast sieben Wochen. Die Hitzewelle ab Mitte August wäre dann bereits definitionsgemäss als ein aussergewöhnliches Spätsommerphänomen zu verbuchen und hätte nichts mehr mit dem Siebenschläfer zu tun:
Und schon haben wir eine Dominanz von drei Vierteln West- und Nordwestlagen, der „Betriebsunfall“ wäre demnach die Südwest- bis Südlage vom 7. bis 16. Juli gewesen. Egal, welche der beiden synoptisch schlüssigen Siebenschläfer-Zeiträume man wählen würde: Witterungsmässig muss 2023 – wie in unserer Prognose vermutet – so oder so zu jenen 25 % der Jahre gezählt werden, in denen die Siebenschläfer-Regel versagt hat. Was hingegen auch in diesem Jahr bestens gepasst hat, ist der statistisch belegbare Wechsel von frühsommerlich-meridionaler zu überwiegend hochsommerlich-zonaler Zirkulation Ende Juni bis Anfang Juli, auf dem die modern ausgelegte Siebenschläfer-Regel beruht. Die Hoffnung auf Besserung im nächsten Jahr steht also aufrecht.
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