Der März hat weitergeführt, was der Februar begonnen hat, wenn auch auf etwas weniger extremem Niveau. In weiten Teilen Deutschlands und Österreichs (vor allem in den tieferen Lagen) wurde der wärmste März seit Messbeginn registriert. Am stärksten war die Abweichung im zentralen Osten Österreichs (+4.9 Grad zur Norm 1991-2020 in Lunz am See). Im Südwesten Mitteleuropas hingegen wurde der Rekord aus dem Jahr 1994 um etwa 0.5 bis ein Grad verfehlt. Der Grund liegt in den häufigen Südlagen, welche dem Osten mehr Wärme bringen als dem Westen. Folglich wurde die höchste Temperatur im DACH-Gebiet im östlichen Alpenvorland gemessen: Mit exakt 25.0 Grad in Schärding (OÖ) und Oberndorf bei Melk (NÖ) am 30. März wurde die Sommertag-Marke geritzt, nur knapp verfehlt wurde diese im Erzgebirgs-Lee (Cottbus und Klitzschen bei Torgau) mit 24.9 Grad. Ohne dichten Saharstaub und entsprechend mehr Sonnenschein wäre da allerdings aufgrund der Luftmasse deutlich mehr dringelegen.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den März, erstellt am 01.03.2024, lautete wie folgt:
Der ausgewählte Lauf zeigt eine starke Hochdruckanomalie in einem Bogen von Neufundland über das Nordmeer bis nach Nordrussland, wobei die Zentren der stärksten Abweichung zwischen Grönland und Island sowie über der Barantssee zu liegen kommen sollen. Gegenpart ist eine ebenfalls starke negative Druckanomalie zwischen den Azoren und Westeuropa, die bis Mittel- und Südeuropa ausstrahlt. Damit werden Nordwest- bis Nordlagen weitgehend ausgeschlossen, Ostlagen dürften dominieren, wobei die zyklonalen Varianten für Mitteleuropa überwiegen. Auch die südliche Westlage sitzt dabei prominent mit am Tisch, die Möglichkeit umfasst also sämtliche Gruselwetterlagen, die man sich vorstellen kann. Aufgrund der Positionierung der Tiefdruckanomalie sind aber auch zeitweilige Vorderseiten mit Anströmung aus Südwest bis Südost enthalten, was die milden Rechnungen für weite Teile Europas erklärt.
Trotz häufiger Anströmung aus Ost kann man einen Märzwinter so gut wie ausschliessen, denn in Osteuropa war der Februar relativ zur Klimanorm noch wärmer als bei uns – sprich: Da liegt kein Schnee und somit auch kein ernstzunehmendes Kaltluftreservoir, das angezapft werden kann. Das Potenzial beschränkt sich somit auf kleinräumige und unberechenbare Kaltlufttropfen, die von Skandinavien über Osteuropa zu uns gelangen und für ein paar Tage unterkühlte Verhältnisse sorgen können. Ernster nehmen muss man hingegen Kaltluftausbrüche von Grönland her über den Nordatlantik, die dann mit südlicher Westlage oder Tief Britische Inseln nass-kühle Verhältnisse nach Westeuropa bringen können, entsprechend ist hier das Potenzial für einen leicht zu kühlen März am höchsten, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich – vermutlich wird die negative Abweichung auf der Iberischen Halbinsel zu übertrieben gerechnet.
Beim Niederschlag zeichnet sich ein deutliches Süd-Nord-Gefälle ab: Unter permanentem Hochdruck wird in weiten Teilen Nordeuropas und wahrscheinlich auch im nördlichen Mitteleuropa nur wenig Niederschlag fallen. Das Gegenstück dazu findet man auf der Alpensüdseite und in weiten Teilen Südeuropas, hier werden allerdings die genauen Zugbahnen der südlich verlaufenden Tiefs die Verteilung bestimmen – die unten gezeigte Karte ist also nur als sehr grobe Tendenz zu verstehen. Insbesondere was die Niederschläge in den Alpen und im nördlichen Alpenvorland betrifft, gibt es extreme Differenzen zwischen den einzelnen Modellläufen, der hier gezeigte Rechnung wird vermutlich zu trocken sein.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendrucks gegenüber dem langjährigen Mittel:
Bei der Zirkulationsform konnte man mit diesem März nicht viel falsch machen, die Modelle waren sich diesbezüglich einig. Den richtigen Riecher bei der Positionierung der Druckgebilde zu haben, ist dann schon etwas mehr Bauchgefühl- und vielleicht auch Glückssache. Nur wenig nördlicher lag die Grenze zwischen Hoch- und Tiefdruck über Nordeuropa, was allerdings auf Teile Deutschlands einen gewissen Einfluss hatte, wie wir bei den Niederschlägen noch sehen werden. Alles in Allem kann man hier aber von einer sehr guten Prognose sprechen.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur 2 Meter über Boden zur Klimanormperiode 1991-2020 (oben Prognose, unten Analyse):
Ebenfalls gut war die Temperaturprognose, wenn auch die Abweichung in Nordosteuropa und in der Türkei etwas zu hoch gegriffen war. Die Vermutung, dass die negative Anomalie auf der Iberischen Halbinsel übertrieben gerechnet wurde, hat sich ebenfalls erfüllt. Das “Loch” von Zentralfrankreich bis zu den Pyrenäen kann man erneut ausblenden, weil Datenmüll (ich werde die Bodenanalyse ab nächstem Monat nicht mehr zeigen, weil verwirrendes Ärgernis, auch wenn diese Zusatzinformation nebst den 850hpa-Karten im Sommerhalbjahr sonst üblich war), einzig in Galizien gab es ein knappes Minus. Die durchaus gelungene Prognose ist ein Beispiel dafür, dass mensch aus Fehlern wie der total versemmelten Februar-Prognose auch ohne Maschin-Lörning und KI = Künstliche Idiotie schnell die richtigen Schlüsse ziehen kann. Das All-in auf den wärmsten Prognoselauf für Mitteleuropa hat sich voll gelohnt.
Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1991-2020 (oben Prognose, unten Analyse):
Die Niederschlagsverteilung wurde ebenso gut getroffen wie die Druckverteilung. Die deutlich zu nassen Regionen im Südwesten Europas und auf der Alpensüdseite stechen besonders heraus – keine Überraschung bei überwiegender Anströmung aus dem Südsektor. Wie bereits angesprochen hatte der etwas geringere Hochdruckeinfluss in Nordeuropa auch Auswirkungen auf den Niederschlag: Die verbreitete Trockenheit fand so nicht statt, sondern nur lokal. Besonders komplex gestaltet sich die Verteilung in Deutschland, sodass der März hier je nach Standort völlig unterschiedlich wahrgenommen wurde. Für regionale Details konsultiere man daher wie üblich die Karten der Landeswetterdienste: Schweiz, Österreich, Deutschland.
Erneut blieb in diesem Monat die Kälte aus, dem gegenüber stehen 14 Tage mit Standardabweichung >1 auf der warmen Seite, also fast die Hälfte des Monats. Mit 16 zu 15 wurden die feuchten und trockenen Tage wie schon im Vorjahres-März salomonisch aufgeteilt. Ein Novum zeigt die Verteilung bei den Grosswettertypen: Bei gleichzeitigem Fehlen von Westlagen gab es sonst die bunteste Mischung, einzig Nordlagen fehlten ebenfalls. Süd- und Südwestlagen zusammen mit drei Tagen Südost aus dem GWT Ost kommen auf insgesamt 18 Tage aus dem Südsektor, das ist selbst für einen Frühlingsmonat aussergewöhnlich viel und erst recht für den März, erreicht die Föhnsaison doch normalerweise erst im April den Höhepunkt. Somit hat der März 2024 den Trend der letzten Jahre mit starker Westlagen-Dominanz gebrochen. Die Umstellung auf Frühlingszirkulation erfolgte diesmal extrem früh, genau genommen bereits am 24. Februar. Die stratospheric-warming-Wintermärz-Orakelei mancher “Spezialisten” ging somit – wie so oft – genau nach hinten los.
Die Langfristprognose für den April findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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