Der Hochsommer – dieses Jahr etwas spät in die Gänge gekommen, verabschiedet sich mit Wumms. Nicht untypisch für die Jahreszeit ist ein markanter Luftmassenwechsel, wobei in diesem Fall der Absturz in die jahreszeitliche Norm nur deshalb so dramatisch ausfällt, weil die vorangegangene Hitzewelle für diesen späten Zeitpunkt sehr aussergewöhnlich war.

Auch 2018 endete der Hochsommer spät: Hier die Kaltfront vom 29. August über Bern – nach ein paar kühlen Tagen folgte ein sehr warmer September
Ausgangslage ist eine lang andauernde antizyklonale Südwestlage, wobei sich am Donnerstag die Tiefs im Westen so weit annähern, dass wir unter die starke Höhenströmung gelangen, in die kurzwellige Störungen eingelagert sind (gelbe Fläche über Westdeutschland):
Mit dem ruhigen Hochdruckwetter der letzten Tage mit nur sehr vereinzelten und extrem kurzlebigen Hitzegewittern hier und da über Mittelgebirgen ausgelöst, ist es nun also definitiv vorbei. Die Luft wird mangels Hochdruckeinfluss auch in der Höhe feuchter und die Absinkinversion, welche die hohen Taupunkte am Boden gefangen hielt, löst sich auf. Die Luftmasse ist mit 25-26 Grad in 850 hPa extrem warm, solch hohe Werte werden über der Schweiz nur selten registriert. Entsprechend wird trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit wahrscheinlich der schweizweite Jahreshöchstwert erreicht, um 38 Grad sind in Genf möglich. Obwohl nicht wirklich kalt in der Höhe, entsteht mit -10 Grad in 500 hPa ein für unsere Gegend extremer Labilitätsgradient. Hinzu kommt der bereits erwähnte Südwestwind mit bis zu 80 km/h in 3200 m Höhe und eine derart feuchte Luftmasse, dass die Werte des ausfällbaren Wassers stellenweise fast die Skala sprengen:
Kurzum: Die Zutaten sind hochexplosiv. Derzeit wird von den Modellen aber eine unterschiedliche Eskalationsstufe gezeigt. Möglich sind Multizellen auf der Jura- und der Voralpenschiene, wobei das Mittelland dazwischen strichweise leer ausgehen könnte. Variante zwei wäre eine durchgehende Gewitterlinie, welche am späten Abend fast über die gesamte Schweiz zieht. Die modellierten Niederschlagssummen sehen mit 20-30 mm relativ harmlos aus – man muss sich aber bewusst sein, dass bei derartig hohen Zuggeschwindigkeiten diese Menge in ungefähr einer halben Stunde fällt, Grosshagel inklusive. Die damit einhergehenden Böen können 80 bis stellenweise 110 km/h erreichen.
Freitag: nächste Runde. Das Tief rückt uns noch etwas näher auf die Pelle und der Südwestwind in der Höhe legt noch mal einen Zacken zu. Immerhin ist die Luftmasse schon etwa 5-7 Grad kühler, aber nicht weniger feucht, was immer noch genügend Zündstoff liefert. Im Gegensatz zu Vortag ist es bereits am Morgen bewölkt und insbesondere in Juranähe ziehen schon erste Schauer durch. Es bleibt bei wechselnder Bewölkung schwül-warm, die Hitzemarke wird aber wahrscheinlich nur noch in den grossen Alpentälern und in der Genferseeregion sowie möglicherweise ganz knapp in der Nordostschweiz erreicht. Das Unwetterpotenzial bleibt gegeben, für Details im Tagesablauf ist es aber noch zu früh.
Grosse Unsicherheit besteht für den Samstag. Eine schleifende Kaltfront liegt irgendwo auf der Alpennordseite, während sich die schwüle Luftmasse inneralpin noch halten kann. Weil das Tief im Westen immer weiter nach Süden austrogt und dieser Prozess von den Modellen noch unterschiedlich stark gerechnet wird, ist nicht ganz klar inwieweit wir auf der Vorderseite noch mal unter schwachen Hochdruckeinfluss geraten und ob sogar Föhn aufkommen kann. Das kann Entwicklungen vorübergehend hemmen, möglicherweise ist es tagsüber relativ ruhig. Die Aktivierung der Kaltfront wird irgendwann am Abend oder in der Nacht zum Sonntag erfolgen, mit ergiebigem, gewittrig durchsetztem Dauerregen. Aufgrund der unsicheren Entwicklung mit der Austrogung ist noch nicht ganz klar, wo genau das Starkregenband zu liegen kommt, Klassiker bei sochen Lagen ist aber die Achse westliches Tessin bis Ostschweiz mit allmählicher Progression nach Osten, es kann aber zu Beginn durchaus auch schon etwas weiter westlich ansetzen (Südwallis-Zentralschweiz). Das Ganze zieht sich den ganzen Sonntag über durch. Diese Karte ist somit nur eine Annäherung an das mögliche Szenario der Gesamtniederschlagssumme bis Sonntagabend:
Noch völlig unklar ist, wie sich die Lage am Montag weiterentwickelt. Bisher ging man von einer raschen Wetterberuhigung aus, auf deutlich kühlerem Niveau. Es gibt aber immer mehr Rechnungen, die das abgetropfte Tief auf einer Vb-Zugbahn knapp südlich der Alpen durchlaufen lassen, wodurch die herumgeholte feuchte Mittelmeerluft aus Nordosten wieder an die Alpennordseite gedrückt werden könnte und die regnerische Phase verlängert – mit noch völlig ungewisser Intensität. Eine Gegenstromlage mit anhaltendem Starkregen bei diesen extremen Luftmassengegensätzen irgendwo im Alpenraum ist wahrscheinlich, es fragt sich eben nur, wo genau sie zu liegen kommen wird. Noch kann sich das CutOff-Tief aber auch einfach aufs Mittelmeer hinaus vertschüssen und anderen Regionen Unbill bringen – wir werden es wahrscheinlich erst im Lauf des Wochenendes wissen.
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