Und welche Rekorde haben wir diesen Monat zu vermelden? Ganz sicher mal den stürmischsten Monat seit mindestens 30 Jahren. Der diesjährige Februar war ein Klon von jenem im Jahre 1990, sowohl was Wind als auch Temperatur in Mitteleuropa anbelangt. So war der Februar 2020 regional der wärmste (z.B in Norddeutschland und Teilen der Schweiz sowie an diversen Stationen Österreichs), meist aber der zweitwärmste knapp hinter jenem von 1990 oder 1966 je nach Region. Dazu war er auch noch ausserordentlich nass – oder aber lokal auch ausserordentlich trocken, wie z.B. auf der Alpensüdseite.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Februar, erstellt am 31. Januar, lautete wie folgt:
Der von uns favorisierte Modelllauf zeigt ein erstarktes Azorenhoch und eine zweite positive Druckanomalie über dem südlichen Mitteleuropa und dem zentralen Mittelmeer. Die Hochdruckbrücke, welche die beiden Zentren verbindet, ist offenbar nicht stabil, sodass es wohl zu gelegentlichen Austrogungen vor den Westküsten Europas kommt. Von Grönland bis Nordskandinavien wird durchgehend unterdurchschnittlicher Luftdruck berechnet, sodass sich eine deutlich positive Nordatlantische Oszillation (NAO+) einstellt. Die Frontalzone kommt im Schnitt etwa auf der Linie Irland-Dänemark zu liegen. Der Februar wird also überwiegend Westlagen-dominiert sein, wobei das südliche Mitteleuropa wohl häufig unter antizyklonalem Einfluss steht. Denkbar ist aber auch, dass die positive Druckanomalie durch eine mehrtägige Hochdrucklage über Mitteleuropa zustande kommt und sonst häufig die GWL West zyklonal vorherrscht. Durch die Austrogungen westlich von uns ist auch mal mit Südwest- oder kurzen Südlagen zu rechnen. Die Grosswettertypen Nord bis Ost dürften wie schon im bisherigen Winterverlauf marginal bleiben.
Auch bei den Temperaturabweichungen zeigt uns das Modell in diesem “Winter” nichts Neues: Der ganze europäische Kontinent wird zu warm berechnet, am deutlichsten im Osten. Für Mitteleuropa dürfte die durchschnittliche Abweichung zur Klimanorm 1981-2010 zwischen 3 und 4 Grad zu liegen kommen, was einem normalen März sehr nahe kommt.
Durch die Westwinddominanz wird der Niederschlag in Mitteleuropa durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich berechnet. Anders als in der Karte dargestellt, dürfte erfahrungsgemäss der Alpenbogen eine deutlich schärfere Wetterscheide darstellen. Zumindest in den höheren Mittelgebirgslagen der Alpennordseite ist also durchaus mit winterlichen bzw. schneereichen Verhältnissen zu rechnen, im Flachland wird es wohl bei Stundenschnee oder Eintagsfliegen (so nach aktueller Kartenlage am 5./6. Februar) bleiben – falls überhaupt. Reichlich gewässert bzw. eingeschneit wird das skandinavische Gebirge. Angesichts der hohen Temperaturen wird es auch in Schweden und Finnland zumindest in den südlichen Regionen weiterhin schwierig mit einer beständigen Schneedecke.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendrucks gegenüber dem langjährigen Mittel:
Wie üblich, wenn alle Schalter auf positive NAO gestellt sind, wurde das grossräumige Zirkulationsmuster mit Westlagendominanz sehr gut von den Modellen erfasst. Die Hochdruckzone im Süden lag ein wenig südlicher als erwartet, erfüllte jedoch die Erwartungen bezüglich seiner Stärke. Ganz anders im Norden: Die Tiefdruckaktivität war ziemlich genau doppelt so stark wie prognostiziert, was auch zur Folge hatte, dass die neutrale Zone statt über Dänemark nun über Süddeutschland zu liegen kam. Das Torverhältnis der Tage mit zyklonaler zu antizyklonaler Grosswetterlage über Mitteleuropa lag statt wie erwartet ungefähr ausgeglichen 25:4 zugunsten von zyklonal – mehr dazu dann am Schluss des Beitrags. Auch die erwarteten Austrogungen Richtung Iberische Halbinsel blieben aus, die zonale Strömung verlief so glatt und beständig wie noch selten.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur am Boden zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
An der Temperaturprognose gibt es diesmal abgesehen von lokalen Abweichungen nichts auszusetzen. Am auffälligsten diesbezüglich ist die grossflächige negative Anomalie über dem zentralen Nordatlantik. Auf dem europäischen Festland wurden die positiven Abweichungen fast punktgenau getroffen. Dies allerdings nur, weil wir für die Prognose den wärmsten Lauf genommen hatten, der zur Verfügung stand. Dennoch wurde in Osteuropa die Wärme geringfügig unterschätzt (Hotspot Estland mit einer Abweichung von +7 Grad), sodass die Skala unserer Karte zum wiederholten Male gesprengt wurde. Man konsultiere daher auch diesmal die besser aufgelöste Karte von Karsten Haustein. Die Hypothek des zu warmen Januars nördlich von Island wurde in den Februar mitgenommen, wenn auch weniger grossflächig. Der Bias des Modells in dieser Region ist allerdings schon auffällig.
Beim Niederschlag hatte die stärkere Tiefdruckaktivität zur Folge, dass aus dem prognostizierten leicht zu nassen in Mitteleuropa ein deutlich zu nasser Monat wurde:
Noch ausgeprägter war die Fehlprognose diesbezüglich auf den Britischen Inseln, wo ein Sachen Nässe ein neuer Rekord aufgestellt wurde. Insgesamt rutschte der Druckverteilung entsprechend der nasse Gürtel deutlich nach Süden, im Mittelmeerraum (und somit auch auf der Alpensüdseite) hingegen stimmte die Prognose beinahe perfekt. Für die regionalen Details in Mitteleuropa verweisen wir wie üblich auf die Auswertungen der nationalen Wetterdienste: (Schweiz, Deutschland, Österreich).
Auch der Februar fing für diesen “Winter” nichts Neues an: Es gab keinen einzigen Tag deutlich unter der jahreszeitlichen Norm. Als Beispiel können wir das Flächenmittel für Österreich hernehmen: Der kälteste Tag war der 6. Februar mit einer negativen Abweichung von 1.5 Grad dank klarer Nacht auf der Rückseite von Sturm “Petra”. Aufgrund der hohen Standardabweichung im Februar müsste ein Tag allerdings fünf Grad unter das langjährige Mittel zu liegen kommen, um als “kalt” zu gelten. Bemerkenswert ist der Umstand, dass dieser Monat nur zwei Grosswetterlagen zu bieten hatte. Wäre West zyklonal nicht durch vier Tage Hoch Mitteleuropa vom 5. bis 8. Februar unterbrochen worden, hätten wir inzwischen längst einen neuen Rekord für die beständigste Grosswetterlage aufgestellt. Dieser beträgt 33 Tage und stammt aus dem Sommer 1903.
Die Langfristprognose für den März findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
Diese Seite ist bewusst werbefrei gehalten, um die Unabhängigkeit des Informationsgehaltes zu gewährleisten und nicht von den Inhalten abzulenken. Der kostenlose Zugang zu Informationen ohne boulevardeske Verzerrungen beim Thema Wetter und Klima ist uns sehr wichtig. Mit einer freiwilligen Spende unterstützen Sie die Arbeit von fotometeo.ch in einem schwierigen Marktumfeld und sichern das Fortbestehen des Blogs. Vielen Dank!
Falls Sie kein PayPal-Konto besitzen, können Sie direkt auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten einzahlen.