Es wird allmählich zur Gewohnheit, das Aufzählen von Rekorden im Monatsrückblick. Diesmal dürfen wir das Hauptaugenmerk auf die Sonnenscheindauer richten. Vielerorts in Mitteleuropa war dieser Monat der sonnenscheinreichste seit Messbeginn. In Bern wurde der bisherige Rekord aus dem Jahr 1949 (104 Std.) geradezu pulverisiert und steht jetzt bei 129. Es gab übrigens bereits Monate rund um den jahreszeitlichen Sonnenhöchststand, welche diese Marke verfehlten. Zu verdanken ist dieser Umstand einer permanenten Hochdrucklage, die erst in den letzten Tagen des Monats beendet wurde. Dabei waren die Luftmassen oft derart trocken, dass sich nur selten ganztägig Nebel oder Hochnebel halten konnte – ein Umstand, der vor allem auf die Grosswetterlagenverteilung (häufig Südwest) zurückzuführen war. Kein Wunder, setzte unter diesen Bedingungen verbreitet bereits Anfang Januar der phänologische Vorfrühling ein, definiert durch den Blühbeginn der Hasel.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Januar, erstellt am 31. Dezember, lautete wie folgt:
Die Langfristmodelle machen es uns schon mal leicht: Von den letzten 12 Einzelläufen tanzen nur gerade zwei aus der Reihe, die übrigen zeigen recht einhellig und nur mit leichten Positionsverschiebungen der grossen steuernden Druckzentren dasselbe Muster. Auf die Temperaturverteilung in Europa haben diese Unterschiede nur am Rande Auswirkungen. Am unsichersten ist noch die Niederschlagsverteilung, je nachdem wo und wie vital die Störungen am Rand des Hochs durchziehen werden. Wir haben uns mal für folgende Variante entschieden:
Auf dem zentralen Nordatlantik trogen die Tiefdruckgebiete immer wieder aus, sodass über den Azoren eine deutliche negative Druckanomalie entsteht. Auf der Vorderseite dieser Tröge kann sich immer wieder Hochdruck über Europa aufbauen. Das Zentrum der stärksten positiven Abweichung findet man über der Westhälfte des Kontinents, dabei erstreckt sich diese geschlossen von Grönland bis nach Nordafrika. Die atlantische Westdrift wird somit über weite Strecken umgeleitet und erreicht mit einen weiten nördlichen Bogen über Skandinavien schliesslich abgeschwächt Osteuropa als Nordwestströmung. Die am häufigsten zu erwartenden Grosswettertypen sind somit Hochdruck über Mittel- und Westeuropa, sprich eher hochdruckbestimmte Nordwest- bis Nordlagen. Vielleicht kann sich zwischendurch mal eine schwache West- oder Südwestlage einstellen, sollte sich das Hoch schwerpunktmässig etwas nach Süden oder Südosten verlagern.
Die höchsten Temperaturabweichungen sind somit am Nordrand des Hochs zu erwarten, wo zwischenzeitlich atlantische Luftmassen hingelangen: nämlich rund um die Nord- und Ostsee. Hinzu kommen deutlich positive Abweichungen in der Höhe, also in den Alpen und auf den Mittelgebirgen. Nach Westen zu ist unter dem Hochdruckgebiet mit fusskalten Verhältnissen, sprich Inversionen zu rechnen, sodass die Abweichungen zum langjährigen Mittel in den Niederungen nur gering ausfallen. Ob sich wie in der Karte gezeigt sogar ein leichtes Minus über Teilen Westeuropas einstellen kann, wird sich weisen müssen – ohne Schneedecke wird es damit vermutlich schwierig. Die Abweichungen in den Niederungen Mitteleuropas sind davon abhängig, wie oft der Wind durch Störungen am Rand des Hochs die Grundschicht aufmischen kann.
In weiten Teilen Mittel- und Westeuropas bleibt es über weite Strecken des Monats trocken, es werden höchstens Spuren von Niederschlag gezeigt, die sich am ehesten noch an den Nordflanken der Gebirge absetzen können. Wie oben erwähnt zieht das Westwindband über Skandinavien, entsprechend wird in Norwegen und im gebirgigen Teil Schwedens ein deutliches Niederschlagsplus gerechnet. Was das Skandengebirge nicht aus der Luft kämmt, erreicht in abgeschwächter Form Osteuropa. Auch am Südrand des Hochs ist mit überdurchschnittlichen Niederschlägen zu rechnen: Insbesondere im östlichen Mitteleuropa sowie von den Azoren bis zu den Kanaren, wo sich die atlantischen Tröge einnisten.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendrucks gegenüber dem langjährigen Mittel:
Das grossräumige Zirkulationsmuster wurde nicht wirklich gut erfasst. Insbesondere der Tiefdruck über dem Nordatlantik wurde überhaupt nicht erkannt, dadurch beschränkte sich die Hochdruckanomalie auf Süd- und Mitteleuropa. Auch die Schwäche des Azorenhochs wurde überschätzt, ist aber in der Analyse noch zu erkennen. Auf die Prognosegüte in Mitteleuropa hatten diese Abweichungen nur dahingehend Auswirkungen, dass wir häufiger in südwestliche statt der erwarteten nordwestlichen bis nördlichen Strömungen zu liegen kamen. Entsprechend lag das Temperaturniveau vor allem in den höheren Lagen deutlich höher: In den Alpen wurde im Schnitt der drittwärmste Januar seit Messbeginn registriert, lokal sogar der wärmste (z.B. in Grächen im Wallis mit 156-jähriger Messreihe).
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur am Boden zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Auch bei den Temperaturen der bodennahen Luftschichten hatte die veränderte Position des Hochdrucks zum Teil gewaltige Auswirkungen. In Mitteleuropa waren diese noch moderat. In Westeuropa war es hingegen bereits deutlich wärmer als prognostiziert, weil die “kalten” Hochdrucklagen fehlten und stattdessen meist sehr milde Atlantikluft herbeigeführt wurde. Noch extremer war diese Diskrepanz in Nordeuropa. Zwar wurde dort mit einem 4 bis 6 Grad zu warmen Januar gerechnet, geworden ist es aber stellenweise deutlich mehr, sodass unsere Skala erneut gesprengt wurde. Man konsultiere daher auch diesmal die besser aufgelöste Karte von Karsten Haustein. Geradezu ins Gegenteil verkehrt wurden die Verhältnisse auf dem Nordmeer östlich von Grönland, wo es statt 8 Grad zu kalt etwa ebenso viel zu warm wurde, was der Eisbildung in dieser Region nicht wirklich zuträglich war. Immerhin in der Türkei hat das Modell einen Volltreffer gelandet, dort wurde es mit häufigem Nordostwind am Ostrand des Hochs doch tatsächlich winterlich…
Schon etwas besser war die Prognose hinsichtlich der Niederschlagsverteilung:
Im Groben wurde die Einteilung nasses Nordeuropa und trockenes Südwest- bis Mitteleuropa erfüllt. Allerdings gibt es doch regionale Abweichungen: Hervorzuheben ist jene im Osten Spaniens, wo ein einziges abgetropftes Tief in wenigen Tagen so viel Niederschlag brachte, dass es verbreitet zu Überflutungen und in den höheren Lagen zu Schneechaos kam. Auch am Alpennordhang wurde das Soll in den letzten Tagen des Monats mit zwei aktiven Fronten punktuell doch noch erfüllt (in der Fläche waren es immerhin 60-80 % des langjährigen Mittels), was uns wieder mal lehrt, dass Prognosen mit Extremen (im vorliegenden Fall: kaum Niederschlag im ganzen Monat) riskant sind, insbesondere wenn der Monat länger als 27 Tage dauert 😉 Allerdings wurde die “Vorgabe” kein Niederschlag im ganzen Monat südlich des Alpenhauptkamms erfüllt, so etwa in Lienz (Osttirol). Details dazu kann man den Karten der Landeswetterdienste entnehmen: (Schweiz, Deutschland, Österreich).
Die Dominanz von Südwest- und Westlagen (allerdings überwiegend antizyklonal) haben wir bereits erwähnt, die erwarteten Nordwestlagen blieben völlig aus und Nord ist nur mit einer dreitägigen GWL “Hoch Britische Inseln” vertreten. Ost- und Südlagen fehlten ebenfalls. Ein ganzes Drittel des Monats war deutlich zu warm, der Rest fiel in den Normalbereich, wobei das meiste davon ebenfalls leicht über dem langjährigen Mittel zu liegen kam. Was den Monatsschnitt so klar in die Höhe trieb war das gänzliche Fehlen deutlich zu kalter Tage. Man kann also bilanzieren: Nach dem Dezember kein Winter auch im Januar. Kleine Notiz am Rande: Die letzten zu kühlen Tage findet man 10./11. November, dann muss man weiter bis Anfang Oktober zurückgehen, um eine unterkühlte Witterungsphase zu finden. Für den Gesamtüberblick empfehlen wir unseren Wetterlagenkalender.
Die Langfristprognose für den Februar findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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