Deutlicher kann ein Monat witterungsmässig nicht zweigeteilt sein: War die erste Monatshälfte von Südlagen geprägt und häufte einen Temperaturüberschuss von bis zu fünf Grad an, so dominierten in der zweiten Monatshälfte kühle bis kalte Ostlagen und drückten das Monatsmittel deutlich, in den östlichen Regionen blieb nur noch ein knappes Plus zum langjährigen Mittel stehen. Auch das deutliche Plus beim Sonnenschein geht hauptsächlich auf das Konto der ersten Monatshälfte. Ein solches kam allerdings nur nördlich der Alpen zustande. Am Alpenostrand war die Sonnenscheinbilanz zum langjährigen Mittel ausgeglichen, und südlich der Alpen war es stellenweise gar der trübste Monat seit Beginn der modernen Aufzeichungen. Die Alpen wirkten auch – wenig erstaunlich bei häufigen Südlagen – als Wetterscheide beim Niederschlag: Im Süden war es deutlich zu nass, während sich die monatelange Trockenheit im Norden weiter verschärfte.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den November, erstellt am 31. Oktober, lautete wie folgt:
Das Langfristmodell CFS hat seit Tagen eigentlich nur zwei wesentliche Varianten auf Lager: Entweder Hoch Mitteleuropa oder Südlage. Da die Wahrheit auch in der Mitte liegen könnte, ist es selten schlau, auf die Extrempositionen zu setzen. Wir haben uns daher für einen Modelllauf entschieden, der zwar die Dominanz der Südlagen zeigt, aber auch starken Hochdruckeinfluss in Mitteleuropa. Die gerechnete negative Druckanomalie hat ihr Zentrum über dem Nordatlantik südlich von Island bzw. westlich von Irland, und die positive Druckanomalie über fast dem gesamten Kontinent mit stärkster Abweichung über Westrussland mit der Tendenz, gegen Skandinavien vorzustossen. Somit sind in diesem Monat fast ausschliesslich die Grosswetterlagen Süd über Südost bis Ost zu erwarten, vielleicht stellt sich vorübergehend auch mal Hoch Mitteleuropa ein. Sollte der Jetstream über dem Atlantik wider Erwarten doch schon erstarken, dürfte dies allenfalls in eine Winkelwest-Lage münden.
Entsprechend werden auch die Temperaturen in weiten Teilen Europas deutlich über der Norm gerechnet. Läge jetzt bereits eine Schneedecke über Osteuropa, würde permanentes Hochdruckwetter dort eine Kälteanomalie erzeugen, doch einzig im Bereich des Schwarzen Meeres kann auf der Südseite des Hochs kältere Luft aus Nordosten einfliessen. Die andere gewichtige Zone mit negativer Temperaturabweichung erstreckt sich auf der Rückseite des erwarteten Tiefdruckschwerpunkts von der Westküste Grönlands auf den zentralen Nordatlantik, wo diese Kaltluftausbrüche immer wieder Austrogungen der Tiefs vor den Küsten Europas provozieren. Als Folge davon wird das Monatmittel der Temperatur in Westeuropa normal bis leicht unterkühlt berechnet.
Da die Tiefdruckgebiete vor dem blockierenden Hoch über Osteuropa entweder in den Mittelmeerraum ziehen oder von dort wieder nach Norden gelenkt werden, sind weite Teile Osteuropas deutlich zu trocken berechnet. Auch im Flachland Mitteleuropas ist mit einem weiteren trockenen Monat zu rechnen. Etwas Feuchte aus Süden regnet sich an den Alpen und an den Mittelgebirgen aus, Fronten streifen wahrscheinlich nur den Westen. Wann dieses Muster ein Ende findet, ist derzeit nicht abzusehen.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendrucks gegenüber dem langjährigen Mittel:
Bei der Prognose des grossräumigen Zirkulationsmusters konnte man bei der eingefahrenen Lage nicht viel falsch machen. Entsprechend stimmen die Positionierung und auch die Abweichungsbeträge der grossen Druckgebiete sehr gut überein. In den Details gibt es immer Abweichungen: In diesem Fall war das atlantische Tief weniger rund und nahm fast die gesamte Breite des Atlantiks ein. Auf die Witterung in Europa hatte dieser Unterschied allerdings keine Auswirkungen. Auf die Unsicherheit bei der Positionierung des Hochs (irgendwo zwischen Nordost- und Mitteleuropa) wurde bei der Prognose hingewiesen, schlussendlich wurde der goldene Mittelweg draus. Allerdings fehlt in der Analyse die Hochdruckbeule über den Alpen.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur am Boden zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Besser kann eine Temperaturprognose über einen Gesamtmonat gemittelt eigentlich nicht sein, es sei den man sucht mit der Lupe nach den sehr regional begrenzten Unstimmigkeiten. Am auffälligsten ist noch die etwas nach Norden verschobene Kaltluftblase über der Ukraine statt über dem Schwarzen Meer. Ansonsten wurden die Schwerpunkte der Abweichungen sowohl geografisch wie betragsmässig gut getroffen, das geht sogar ins Detail wie etwa die normal temperierte Nordsee und die warmen Föhngebiete am Alpennordrand. Als Folge des weniger runden Atlantiktiefs gibt es eine grössere Differenz an der Südspitze Grönlands.
Das in diesem Jahr statische Muster mit trockenem Nord- und Mitteleuropa und nassem Südeuropa ist wenig überraschend nicht durchbrochen worden. Auch bei dieser Prognose wurden die Schwerpunkte der nassen Gebiete sehr gut getroffen, insbesondere im zentralen Mittelmeerraum. Natürlich kann man auch hier das Haar in der Suppe finden, um sich die Grenzen von Langfristprognosen selbst klaren Zirkulationsverhältnissen vor Augen zu führen: Insbesondere Südnorwegen und Süd- bis Mittelschweden wurde nasser prognostiziert. Da der Alpenraum in der obigen Karte wie immer schlecht aufgelöst ist, verweisen wir auch gerne wieder auf die feineren Analysen der Landeswetterdienste: (Schweiz, Österreich, Deutschland).
Die prognostizierte Dominanz von Süd- und Ostlagen tritt deutlich zutage, vereinen diese beiden Grosswettertypen doch 23 Tage auf sich. Dazwischen schob sich ein kurzes Hoch Mitteleuropa (hier hatten wir zugebenermassen etwas mehr erwartet) und zum Ende des Monats kündigte sich mit einer (wenn auch nicht lehrbuchhaften) südlichen Westlage und einer beginnenden Südwestlage am letzten Tag des Monats die Umstellung zur Zonalisierung und somit dem Ende der blockierten Zirkulation an. Die Trockenheit nördlich der Alpen wird mit 22:8 Tagen unterstrichen. Interessant ist noch der Umstand zu erwähnen, dass sämtliche der 13 deutlich zu warmen Tage in die erste Monatshälfte fielen.
Die Langfristprognose für den Dezember findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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