Die Regel: “Wie der Februar sich bettet, so der März zu liegen kommt” hat sich wieder mal bewahrheitet. Die gestörte Westwindzirkulation konnte sich nur zwei Mal für wenige Tage durchsetzen. Während der blockierten Phase überwogen Nordwest-, Nord- und Hochdrucklagen. Letztere sorgte Ende März für neue Temperaturrekorde zuerst auf den Bergen, am 31. dann auch noch für einen neuen Deutschlandrekord seit Messbeginn (27.2 °C am Oberrhein). In den Alpenländern wurde kein absoluter Märzekord gemessen, das können Föhnlagen viel besser als windschwache Hochdrucklagen. Wie schon im Februar folgte die aussergewöhnliche Wärme auf einen winterlichen Abschnitt mit viel Schnee insbesondere am Alpennordhang. So verzeichnete Salzburg am Morgen des 19. März 20 cm Neuschnee.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den März, erstellt am 28. Februar, lautete wie folgt:
Am aktuellen Zustand der blockierten Zirkulation im Bereich Nordatlantik-Europa dürfte sich so rasch nichts ändern, das bestätigt auch der Blick auf die übrigen Regionen der Nordhemisphäre, wo extrem warme und extrem kalte Zonen rund um den Globus nebeneinander liegen. Da bedarf es oft nur kleiner Anschübe, um die Verteilung der Luftmassen ein wenig zu verschieben, und schon gelangt man wieder auf die andere Seite des Extrems – wir haben es im Februar gleich mehrmals erlebt. Die Langfristmodelle machen es uns dieses Mal nicht allzu schwer. Zwar gibt es Ausreisserläufe, doch im Grossen und Ganzen liegen sie im Trend doch recht einheitlich.
Der dieser Prognose zugrunde liegende Modelllauf ist wie so oft eine strategische Wahl, der das Risiko, mit einem extremen Lauf daneben zu liegen, minimiert. Zwar zeigt die Druckverteilung zwei grosse Gegenspieler, allerdings nicht in extrem ausgeprägter Form, was einigen Interpretationsspielraum offen lässt. Bestimmend ist ein blockierendes Hoch, das den gesamten europäischen Kontinent umfasst, wobei das Zentrum über Mitteleuropa liegt. Dem gegenüber steht eine Tiefdruckanomalie im Raum Grönland-Nordatlantik. Somit sind Hochdrucklagen in Europa über weite Strecken des Monats zwar immer wieder wetterbestimmend, allerdings nicht so dominant, dass sich nicht auch zwischendurch andere Wetterlagen reinmogeln können. Wir denken da hauptsächlich an Nordwest- und Nordlagen, gelegentlich auch West bis Südwest. Ost und Süd sind zwar nicht völlig ausgeschlossen, dürften aber nur eine kurze Lebensdauer aufweisen.
Unter Hochdruckeinfluss ist mit viel Sonnenschein zu rechnen, wodurch auch aus nördlichen Gefilden eingeflossene Luft jeweils in wenigen Tagen auf mindestens Normalniveau erwärmt wird. Im Schnitt kommt dabei in weiten Teilen Europas ein milder März heraus, zwei Grad über dem Schnitt 1981-2010 dürften vielerorts erreicht werden. Am höchsten ist die Abweichung in Skandinavien, das sich nördlich des Hochs in der milden Westströmung befindet, eher normale bis leicht unterdurchschnittliche Temperaturen treten am Südrand des Hochs in der Ostströmung auf, etwa in Südosteuropa. Man sieht in der Temperaturkarte auch schön, wie am östlichen Rand des Hochs Polarluft über Westrussland nach Süden vorstösst.
Der häufige Hochdruckeinfluss sorgt auch für einen eher trockenen Monat auf dem europäischen Kontinent. Man muss aber schon genau hinschauen: Gerade in Westeuropa ist die Abweichung nicht extrem, stellenweise ist sogar mit einer Niederschlagssumme nahe dem langjährigen Mittel zu rechnen. Am ehesten ist das in den Staugebieten der Gebirge zu erwarten, wo sich die wenigen Niederschlagsereignisse am ehesten konzentrieren. Zu nass wird der März am skandinavischen Gebirge, wo die Westströmung zu liegen kommt. Die extreme Abweichung in Nordafrika gibt uns den Hinweis, dass mindestens einmal in diesem Monat ein abgetropftes Tief bis dorthin gelangt. Wenn es auch nur einen Tag lang regnet, wo das Klimamittel nahe bei Null liegt, sprengt die Abweichung gleich mal die Skala.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendrucks gegenüber dem langjährigen Mittel:
Das erwartete Muster der blockierten Zirkulation ist eingetroffen. Allerdings lagen die Druckzentren etwa 1200 km westlicher als prognostiziert. Das ist zwar im gesamtnordhemisphärischen Kontext nicht viel, hat aber für das Wetter an einem bestimmten Ort spürbare Auswirkungen, wenn z.B. Mitteleuropa dadurch häufiger unter Nordwest- und Nordströmungen zu liegen kommt und der Hochdruck weniger dominant ist. Entsprechend waren diese Abweichungen im östlichen Mitteleuropa deutlicher zu spüren als weiter westlich. Die Nordlage vom 17. bis 21. März fühlte sich in Bern wie Aprilwetter alter Schule an, während sie zwischen Salzburg und Wien als echter Märzwinter daherkam. Hier lag auch der Schwachpunkt unserer Prognose: Nicht die erste Nordlage um den 5. März herum war winterlich, sondern die überraschend wirkungsvollere nach der Monatsmitte.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur am Boden zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Für den Norden und des äussersten Osten Europas war die Temperaturprognose zufriedenstellend bis gut, dieses Prädikat kann man auch noch für das nördliche Mitteleuropa ausstellen. Weiter südlich wird’s leider schlecht, insbesondere im Alpenraum und im Bereich Südfrankreich bis Nordspanien. Wenn man bedenkt, dass während fast der Hälfte des Monats Luftmassen aus Nordwest bis Nord herangeführt wurden, muss diese Bilanz erstaunen, doch die extrem milden Hochdruckphasen zu Beginn und Ende des Monats haben fast alle Kälte wettgemacht. Insgesamt ist die Karte lehrbuchhaft für den meridionalen Austausch im Frühling: Die im Uhrzeigersinn um das Hoch herumgeführte Luft sorgte für eine starke Erwärmung im Norden und eine Abkühlung im Süden. Ohne diese Zirkulation würde es im Hohen Norden nie Frühling, denn der Sonneneinfallswinkel ist dort viel zu niedrig, um zu dieser Jahreszeit die Luftmassen effektiv erwärmen zu können.
Besser ist die Bilanz bezüglich der Niederschlagsprognose. Wir hatten mit einem deutlich zu trockenen Monat gerechnet mit Ausnahmen an den Nordflanken der Gebirge. Die grobe Karte oben bestätigt diesen Trend, noch deutlicher wird es allerdings, wenn man die detaillierten Karten der Landeswetterdienste konsultiert: Schweiz, Österreich, Deutschland. Nur im Norden Deutschlands lag die Prognose daneben, hier war es überraschend häufiger trüb und nass, was auf die oben erwähnte Westverschiebung des Hochs zurückzuführen ist. Durchschnittlich bis leicht zu feucht waren nur wenige Gebiete direkt am Alpennordrand bedingt durch die Nordstaulagen. Am trockensten war es entsprechend in den Nordföhngebieten südlich des Alpenhauptkamms.
Ein Drittel Hochdrucklagen auf Kosten von mehr Nord bis Nordwest ist zwar etwas weniger als erwartet, sonst entspricht die Verteilung der eingetroffenen Grosswettertypen aber der Prognose. Einzig Südwestlagen blieben aus (wobei die drei Tage Winkelwest vom 25. bis 27. dem schon sehr nahe kamen), Süd und Ost hatten wir ohnehin ausgeschlossen. Auffällig ist auch hier wieder, dass man aufgrund der GWT-Verteilung mehr kalte Tage hätte erwarten können. Dieselbe Konstellation vor 30-40 Jahren hätte uns einen richtig kalten Märzwinter beschert, die damals noch mehr Regel als Ausnahme waren.
Die Langfristprognose für den April findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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