Es war ein Rückfall in alte Klimazeiten mit Ansage: Nach dem April und Mai folgte der August den Monaten mit Temperaturmitteln aus Zeiten, an die sich die Meisten unter uns kaum noch erinnern können. Die Weichen dazu wurden bereits im Juli gestellt und die Langfristmodelle liessen keinen Zweifel aufkommen, dass der August diesem „Sommer“ 2021 die Krone aufsetzen würde – wobei diesmal auch jene Regionen Mitteleuropas zum Handkuss kamen, die zuvor vom Grusel noch verschont wurden. Also zumindest kein Ost-West-Gefälle mehr diesbezüglich. Immerhin fand vom 11. bis 15. August im südwestlichen Mitteleuropa doch noch eine Art Hochsommer statt, nachdem man die Hoffnung hier bereits aufgegeben hatte. In Bern wurden vier Hitzetage am Stück erreicht, wenn auch allesamt knapp. Ob dies reicht, um die Ehre des Sommers 2021 zu retten, sei dem Urteil jedes Einzelnen überlassen.
Auf eine Prognose wurde aufgrund der fehlenden Modellkarten verzichtet. Wir beschränken uns daher auf die nüchterne Analyse.
Abweichungen des Geopotenzials in rund 5500 m gegenüber dem langjährigen Mittel:
Mehrmaliges Aufbuckeln des Azorenhochs in Richtung Island und Nordmeer sorgte dort für eine deutliche positive Anomalie mit Nord- bis Ostlage in Mitteleuropa. Weil das blockierende Russlandhoch immer noch dagegen hielt, konnten die Tiefdruckgebiete über Skandinavien nicht anders, als nach Süden auszuweichen.
Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010:
Auch in diesem Monat korrelieren negative Abweichungen der Temperatur mit den Gebieten unter Tiefdruckeinfluss, während unter den Hochs die Luftmassen von der Sonne massiv aufgeheizt wurden. Dabei machte vor allem die aussergewöhnliche Hitze in Südeuropa von sich reden: In Griechenland, Albanien und auf Sizilien, aber auch in Tunesien wurden neue Rekordtemperaturen gemessen, ebenso in Südspanien, wenn auch hier nur lokal.
Abweichung der Monatsmitteltemperatur am Boden zur Klimanormperiode 1981-2010:
In weiten Teilen Mitteleuropas reichte es hingegen für den dritten Monat unter der alten Klimanorm 1961-90 in diesem Jahr. Wer nun glaubt, die Klimaerwärmung sei gebremst, schaue sich das kleine Gebiet negativer Abweichung an im Vergleich zu jenen mit einer positiven Abweichung. Irgendwo wird sich immer ein kleiner Rest Kaltluft einnisten, wenn man Pech hat auch für ein paar Monate im selben Jahr. Dieses Jahr waren eben wir wieder mal an der Reihe… Die negative Abweichung in Georgien sieht verdächtig nach einer falsch meldenden Station aus, vor allem weil gleichzeitig dort negative Niederschlagsabweichungen gerechnet werden, den Übeltäter konnte ich allerdings nicht ausfindig machen.
Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010:
Die blockierenden Hochs über Russland und dem Nordatlantik machen sich durch auffällige Trockenheit bemerkbar, Skandinavien und Mitteleuropa dazwischen sind wenig überraschend deutlich zu nass. Immerhin wurde so wie bereits eingangs angedeutet die Trockenheit in den baltischen Staaten und im östlichen Mitteleuropa beendet, auch kühlte sich dadurch die zuvor völlig überhitzte Ostsee auf Normalwerte ab – zumindest aus dieser Richtung ist also in nächster Zeit nicht mehr mit ausserordentlicher Energiezufuhr zu rechnen. Auch Westeuropa profitierte zumindest zeitweise vom Azorenhochausläufer, sodass sich hier in der zweiten Augusthälfte die nassen Böden etwas erholen konnten. Oberflächlich – zumindest dort, wo kein hoch stehendes Grundwasser aufstösst – ist es mancherorts bereits wieder trocken. Bezüglich lokaler Feinheiten verweisen wir wie üblich auf die Karten der Landeswetterdienste: Schweiz, Österreich, Deutschland.
Die Bilanz von 13 zu kühlen gegenüber 4 sehr warmen Tagen fällt deutlich aus, ebenso jene von 19:12 zugunsten der nassen Tage. Westlich von Zürich bzw. südwestlich von Stuttgart sähe die Bilanz zugunsten der trockenen Tage besser aus, aber die grosse nasse Fläche im Rest unseres Untersuchungsgebiets überwiegt deutlich. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Hälfte des Monats unter dem Regime von Westlagen stand, was so alleine anhand der Abweichungskarte kaum zu vermuten wäre. Eine positive Druckabweichung über dem Nordatlantik bedeutet eben nicht, dass kein Islandtief existiert hätte, sondern nur, dass es schwächer war als normal bzw. für einige Tage von einem Hoch abgelöst wurde.
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Kurt Nadler am 4. November 2021 um 00:13 Uhr
ad “ Irgendwo wird sich immer ein kleiner Rest Kaltluft einnisten, wenn man Pech hat auch für ein paar Monate im selben Jahr.“:
hat wer heuer kasachstan im auge behalten?
ein dauer-kaltlufttropfen über monate hinweg; wenn ich mich nicht falsch erinnere, schon vom winter weg und den ganzen frühling und sommer hindurch, manchmal zur mongolei ausbeulend. nicht viel im herbst dazwischen, bevor der nächste wintereinbruch kam.