Seit dem 1. Juli 2022 ist die Übernahme der meteoradar GmbH durch die Meteotest AG in Bern vollständig abgewickelt. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeit von fotometeo.ch, war doch meteoradar seit der Gründung von fotometeo im Herbst 2011 über all die Jahre der wichtigste und treueste Auftraggeber. In diesem Beitrag informieren wir über die Änderungen in den Produkten und wagen einen Ausblick in die Zukunft.
Der digitale Wandel hat in den letzten 20 Jahren auch die Wetterdienstleistungen grundlegend verändert: Das Angebot an Wetter-Apps ist inzwischen unüberschaubar geworden, wobei die meisten davon eine PLZ-Genauigkeit vorgaukeln, die das dahinter liegende Modell gar nicht auflösen kann. In extrem topografisch gegliederten Regionen wie den Alpen, aber auch im Mittelgebirge sind Wettermodelle nicht in der Lage, Berg und Tal zu unterscheiden, geschweige denn komplexe lokale Phänomene wie Berg-/Tal- oder Seewindzirkulation, Inversionen und orographisch bedingte Konvergenzen, die für die Entstehung von Gewittern und deren weitere Kettenreaktion eine wesentliche Rolle spielen. Auch wenn sich immer mehr Menschen rund um die Uhr verAPPeln lassen: Für die orts- und zeitgenaue Prognose ist die jahrelange Erfahrung einer Synoptikerin, die auch das steuernde Grosse und Ganze im Auge hat sowie die Stärken und Schwächen der verschiedenen Wettermodelle kennt, unentbehrlich. Leider sind Vollblut-Synoptiker unter den Meteorologen zu Dinosauriern geworden, denn ihre zeitaufwändige Handarbeit kostet im Vergleich zu den halb- und vollautomatisierten Prognosen viel Geld. Verständlich, dass diese Angebote nur genutzt werden, wenn es um maximale Sicherheit geht.
Meteoradar und fotometeo haben sich perfekt ergänzt: Die persönliche Beratung wurde dort zugeschaltet, wo die automatisierten Warnungen nicht ausreichten oder wo die Endnutzer zusätzliche Interpretationshilfe der Radarprodukte durch Fachpersonal benötigten. Mit der Übergabe von meteoradar an Meteotest übernimmt nun ein eingespieltes Team diese Aufgabe, gleichzeitig wird nun auch von dort aus der Kurzwetterbericht auf metradar.ch und der Wetterblog von meteoradar bedient. Das ist ein markanter Einschnitt im Auftragsportfolio von fotometeo, doch diese Angebote gehen nicht verloren:
Der hauseigene Wetterbericht wird nun auf der Homepage von fotometeo.ch angeboten; er enthält als Alleinstellungsmerkmal einen Link auf das Porträt der vorherrschenden Grosswetterlage. Somit kann sich die Leserschaft mit einem Klick darüber informieren, wie sich die aktuelle Wetterlage in die Jahreszeit einfügt, wie häufig sie vorkommt und wie sich deren Häufigkeit in den letzten Jahren verändert hat oder welche Unwetterrisiken damit verbunden sein können. Derzeit sind die Porträts der 16 häufigsten Wetterlagen verfügbar, bis zum Jahresende sollte die Reihe auch mit den “Exoten”, die jeweils weniger als 2 % Häufigkeit aufweisen, abgeschlossen sein. Damit setzt fotometeo.ch die Bemühungen fort, dem interessierten Publikum grössere Zusammenhänge unseres Wetters näherzubringen.
Die bewährten Gewitter- und Sturmvorschauen sowie Analysen zu besonderen Wetterlagen findet man in Zukunft im Newsblog von fotometeo.ch. Das Gefäss der eigenen Plattform bietet Chancen für weitere stilistische und inhaltliche Freiheiten. Die Leserschaft gewinnt also hinzu, denn Wettbewerb belebt bekanntlich das Geschäft. Es besteht somit kein Grund zur Sorge, dass die Vielfalt leidet – ganz im Gegenteil. Es besteht auch kein Groll, dass die wirtschaftlichen Zwänge diese Zäsur nötig machen: Man kennt sich in der Branche, und es gibt weiterhin punktuelle Zusammenarbeit zwischen Meteotest und fotometeo, z.B. beim Hagelmonitoring und bei der Überwachung und Bewarnung von Grossanlässen. Der gemeinsame Feind sitzt nämlich ganz woanders: Er verzerrt den Wettbewerb durch Zwangsabgaben, die wir alle abdrücken müssen, egal ob uns deren Angebot zusagt oder nicht…
Die zahlreichen Rückmeldungen zum Abschied aus dem meteoradar-Wetterblog lassen darauf schliessen, dass das Bedürfnis gross ist, diese persönlich gefärbten Angebote weiterzuführen. Stellt sich jetzt nur die Frage nach der Finanzierung, und da muss man ehrlich sein: Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit. Denn die Leserschaft des Wetterberichts und der Blogs von fotometeo.ch entscheidet darüber, ob das Angebot bestehen bleibt oder sogar ausgebaut werden kann. Bisher haben etwa ein Dutzend Privatpersonen die Blogs und Projekte von fotometeo mit zum Teil sehr grosszügigen Spenden finanziert, dafür sei an dieser Stelle wieder mal ganz herzlich gedankt. Das wird aber in Zukunft nicht reichen, um den wegfallenden Umsatz des meteoradar-Auftrags zu kompensieren. Die Rechnung ist einfach: Spendet nur schon die Hälfte der regelmässigen Leserinnen und Leser einen niedrigen bis mittleren zweistelligen Betrag pro Jahr, ist das Problem gelöst. Nun werden sich viele denken: Prima, dann soll die andere Hälfte spenden. Das ist aber, als ob man im Supermarkt darauf vertraut, dass der Kunde hinter mir an der Kasse meinen Einkauf bezahlt. In diesem Fall wird man vermutlich mit leeren Taschen nach Hause kommen oder auf fotometeo.ch übertragen: Der Nichtspender wird irgendwann diese Seite nicht mehr finden, weil die Fabienne pleite gegangen ist. Und damit werden auch die paar sehr grosszügigen Spender enttäuscht, die gehofft hatten dass sie die Zukunft von fotometeo.ch sichern.
Warum Spenden und nicht andere Finanzierungskanäle?
– Werbung bringt auf einer so wenig frequentierten Seite nicht viel ein, diese geringen Einnahmen würden dem Aufwand nicht gerecht. Man bedenke: Ein gut recherchierter und grafisch ansprechender Blogbeitrag benötigt für die Erstellung einen halben Arbeitstag, eine ausführliche Wetteranalyse oder ein Grosswetterlagen-Porträt noch mehr. Dabei ist der Zeitaufwand für Datenbeschaffung und -aufbereitung sowie die permanente Weiterbildung noch gar nicht eingerechnet. Zudem bin ich der Meinung, dass wir nicht noch mehr mit Aufforderungen bombardiert werden sollen, Dinge zu konsumieren, die wir vielleicht gar nicht benötigen.
– Eine weitere Lösung wäre eine Bezahlschranke, sodass nur noch Kunden, Sponsoren und Abonnenten Zugriff auf gewisse Inhalte von fotometeo.ch hätten. Abgesehen davon dass die technische Einrichtung erhebliche Investitionen nach sich ziehen würde, die dann mit den Abonnementen erst mal wieder eingespielt werden müssen, geht mir eine solche Lösung völlig gegen den Strich: Die Plattformen fotometeo.ch und orniwetter.info sollen auch einen gewissen Bildungszweck erfüllen und somit allen zugänglich sein, auch Leuten mit geringem Budget (Schüler, Studierende, Auszubildende und andere Geringverdienende). Das Angebot hatte schon immer auch einen gemeinnützigen Zweck und so soll es auch bleiben. Zudem bestünden auch rechtliche Einschränkungen: Viele in den Blogs gezeigte Grafiken dürfen nicht für kommerzielle Zwecke genutzt werden, was aber bei einer Bezahlschranke definitiv der Fall wäre.
Kurzum: Es liegt an jedem Nutzer und jeder Nutzerin dieser Seiten, den für sich persönlichen Wert dieses Angebots einzuschätzen und gemäss seinen finanziellen Möglichkeiten zu seinem Weiterbestehen beizutragen. Aufgrund der durch die Spezialisierung auf Gewitter und Freiluftanlässe sehr ungleichmässig über das Jahr verteilten Einnahmen sind Spenden vor allem von Januar bis April sehr willkommen, um das Loch bis zur nächsten Saison zu überbrücken.
Und dann gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, dieses Projekt durch fachliche Unterstützung am Leben zu erhalten. An dieser Stelle sei mal wieder ganz herzlich jenen gedankt, die seit Jahren die für mich unmöglich zu bewältigende Arbeit mit der Programmierung und Wartung der Seiten sowie der Entwicklung von Modellkarten (z.B. für die Monatsprognosen) unentgeltlich oder zu einem Freundschaftspreis zuverlässig und zu unser aller vollsten Zufriedenheit erledigen.
Zum Schluss soll auch mein langjähriger Förderer Willi Schmid geehrt werden: Seine Unterstützung geht auch nach der Übergabe von meteoradar weiter. Auf seiner privaten Seite meteoschmid.ch ist ab sofort eine Wochenprognose aus meiner Feder zu finden. Ganz herzlichen Dank für diesen Auftrag!
Auf dass die Dinosaurier so schnell nicht aussterben mögen…
Michael am 7. Juli 2022 um 06:17 Uhr
Hier fehlt aber noch der Link zu den Spendenmöglichkeiten.😉
Wird es eine Statusseite sehen mit dem aktuellen Spendenstand oder mit: Aktuell sind noch x Monate finanziert?
Fabienne Muriset am 7. Juli 2022 um 07:47 Uhr
Hoi Michael
Ja, der Spenden-Button fehlt hier bewusst. Es soll ja für die konkreten Leistungen gespendet werden (Wetterbericht, Blog-Beiträge, Stationsatlas, Wetterlagenkalender etc., überall dort sind Buttons und Links zu finden) und nicht für eine Info “in eigener Sache”. Ein Spendenbarometer ist angedacht für das nächste Jahr, wird also im Januar eingerichtet. Wie das aussehen soll und wo ich das platzieren will, muss ich mir in weniger arbeitsintensiven Zeiten überlegen.
Grüsslis
Fabienne