Der Oktober 2016 fällt in Mitteleuropa in der Gesamtbilanz nicht durch extreme Abweichungen bei Temperatur und Niederschlag auf. Man darf diesen Monat sogar als eigentlichen Un-Wettermonat bezeichnen, im Sinne von nicht Anwesenheit von Wetter, das wetterinteressierte Beobachter zufrieden stellen könnte. Dieser Oktober “glänzte” in erster Linie durch die Abwesenheit von Sonnenschein (nur ca. 50 % am östlichen Alpennordrand und gar nur 20-30 % an den Nordseiten der deutschen Mittelgebirge, während die Föhnregionen knapp auf normale Werte kamen). Verdeckten keine Wolken die Sonne, hielt sich an manchen Tagen zäher Nebel oder Hochnebel. Der Niederschlag konzentrierte sich trotz der Sonnenarmut auf wenige Tage mit hohen Regenraten, und Nachtfröste blieben abseits der Alpen weitgehend aus. Auch die Schneefallgrenze wagte sich nicht in tiefe Lagen und Herbststürme gab es abgesehen von Föhn ebenfalls keine, sodass man ohne zu übertreiben von einem recht langweiligen Wettermonat sprechen darf. Dennoch gibt es in der gesamteuropäischen Betrachtung einige interessante Details.

Wem die einzelnen goldenen Oktobertage im Flachland nicht genug waren, musste in die inneren Alpentäler ausweichen (Leuk, Wallis, 12.10.2016)
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Oktober, erstellt am 30. September, lautete wie folgt:
Die meisten Läufe des Langfristmodells CFS sehen momentan einen Trend zu sich eintrogenden Atlantiktiefs, welche das Azorenhoch nach Nordosten verdrängen. Dieses wirkt als mächtiger Rücken, der sich von der Iberischen Halbinsel über die Britischen Inseln bis Skandinavien aufwölben soll, und blockiert die atlantische Westwinddrift. Gleichzeitig öffnet es jedoch an seiner Ostflanke Tür und Tor für Kaltluftausbrüche nach Süden. Der von uns ausgewählte Lauf sieht West- und Mitteleuropa noch mehrheitlich unter Hochdruckeinfluss, das Zentrum der Tiefdruckaktivität liegt über Südosteuropa. Es gibt allerdings auch einige Läufe, welche die Tiefs etwas weiter westlich sehen, somit Mitteleuropa stärker beeinflussen. Da sich diese Szenarien in der Minderheit befinden, haben wir uns für die etwas freundlichere Variante entschieden. Der Gradient über Mitteleuropa ist allerdings scharf, sodass geringe Verschiebungen erhebliche Unterschiede ausmachen können, wie der Monat bei uns wahrgenommen wird.
Dieser Gradient betrifft in erster Linie die Monatsmitteltemperatur, welche für Osteuropa einen deutlich zu kühlen Oktober vorsieht, während der Hochdruckeinfluss über Westeuropa einen leicht wärmeren Oktober als im langjährigen Mittel bescheren soll. Die Grenze zwischen positiver und negativer Abweichung dürfte irgendwo über Mitteleuropa zu liegen kommen. Entscheidend wird dabei auch sein, wie viel Feuchtigkeit bei den vorherrschenden Nord- bis Ostlagen herantransportiert wird. Hartnäckiger Hochnebel wird einem zu kühlen Oktober Vorschub leisten, während bei trockeneren Luftmassen im Oktober immerhin noch Chancen für sonnige und warme Nachmittage bestehen. Klare Nächte führen bei dieser Konstellation hingegen zu verbreitet frühen Nachtfrösten.
Weite Teile West- und Mitteleuropas werden bei dieser Konstellation einen eher niederschlagsarmen Oktober erleben. Der Tiefdruckeinfluss sorgt für nasse Verhältnisse in Südosteuropa, wobei um das Tief herumgeholte feuchte Mittelmeer- bzw. Schwarzmeerluft zeitweise bis nach Mitteleuropa vordringen kann. Die Gewittersaison im Mittelmeerraum sieht nach heutigem Trend nicht dramatisch aus. Etwas erhöht dürfte die Aktivität in den östlichen Regionen sein, wo die Höhenkaltluft für labile Verhältnisse über dem noch warmen Wasser sorgt. In Nordrussland dürfte sich wiederum recht früh eine beständige Schneedecke bilden.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des 500-hPa-Geopotenzials gegenüber dem langjährigen Mittel:
Die grobe Zuteilung der Zirkulationsform wurde mit dem hohen Druck im Norden und einer leichten Anomalie im östlichen Mitteleuropa recht gut getroffen, die Abwesenheit des zonalen Grosswettertyps (= West) wurde richtig erfasst. Allerdings war die Prognose der Hochdruckanomalie im Hohen Norden weitaus zu schwach und der Tiefdruckeinfluss in Mitteleuropa war stärker als im von uns ausgewählten Lauf. Auf diese Unsicherheit haben wir in der Prognose hingewiesen; die CFS-Läufe vom 27. 12z oder vom 28. 6z wären demzufolge die bessere Wahl gewesen. Die analysierte Tiefdruckanomalie an der Südspitze Grönlands dürfte auf die aussergewöhnliche Zugbahn des Hurricanes NICOLE zurückzuführen sein. Mutmasslich war diese Odyssee auch dafür verantwortlich dass die Hochdruckanomalie durch die Warmluftzufuhr auf der Vorderseite dieses Tiefs so extrem ausfiel. Dieses Beispiel unterstreicht die von uns immer wieder erwähnte Unsicherheit von Herbstprognosen aufgrund der Unberechenbarkeit von Tropenstürmen.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Die starke Temperaturabweichung in der Subarktis ist inzwischen derart eingefahren, dass die Modelle hiermit in der Langfristprognose keine Mühe mehr bekunden. Ähnliches gilt für die immer noch leichte Kälteanomalie im zentralen Nordatlantik, wenngleich hier Position und Betrag etwas verfehlt wurden. Die Kaltluftzufuhr von Osten her nach Europa wurde richtig erkannt, sie kam allerdings weiter nach Westen voran (gleiches Thema wie oben bei der Druckanomalie, bzw. direkte Folge davon), sodass die Wärmebrücke von der Iberischen Halbinsel über die Britischen Inseln nach Island unterbrochen wurde. Insgesamt darf man dieser Prognose eine mässig gute Leistung attestieren. Am Boden war der Einfluss der Höhenkaltluft über Mittel-/Osteuropa etwas geringer:
Verhinderte im September noch der Überschuss an Sonnenschein das Durchschlagen der Höhenkaltluft zum Boden, so war es jetzt im Oktober die oft dichte Wolkendecke, welche ein starkes nächtliches Auskühlen der bodennahen Luftschichten verhinderte. Der Übergang vom Sommer- zum Winterhalbjahr vollzog sich damit in diesem Jahr innerhalb kürzester Zeit Anfang Oktober. Dies trug auch zum Empfinden vieler Menschen eines kalten Oktobers bei, obwohl die Monatsmitteltemperatur in weiten Teilen Mitteleuropas nur etwa um ein Grad vom langjährigen Mittel abwich.
Sehr gut prognostiziert wurde in Europa die Niederschlagsverteilung:
Insbesondere das trockene Westeuropa und der zu nasse Südosten Europas wurden gut erkannt. Die zu nasse Zone erreichte gerade noch die östlichen Randgebiete des deutschen Sprachraums, während es in der Schweiz und im Nordwesten Deutschlands zum dritten bzw. vierten Monat in Folge zu trocken war. Spannend ist der extreme Niederschlags-überschuss an der Südostküste Grönlands. Hier lässt sich sehr schön die Zugbahn des Ex-Hurricanes NICOLE Anfang Oktober nachvollziehen.
Die statistische Witterungsanalyse zeigt eindrücklich das vollständige Fehlen der Westlagen (langjähriges Oktobermittel 27.5 %):
Die Verteilung der Grosswettertypen weist das typische Muster einer gestörten Westwindzirkulation auf. Der Monat lässt sich ziemlich genau in zwei Hälften unterteilen: In der ersten Monatshälfte waren zunächst die meridionalen Ost- und dann Südlagen dominant, in der zweiten Monatshälfte die GWT der gemischten Zirkulation (Südwest, Tief Mitteleuropa und Nordwest).
Die Langfristprognose für den November findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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