Der November 2014 geht in mancherlei Hinsicht als Rekordmonat in die Klimastatistiken ein. Im Alpenraum war es der wärmste November seit Beginn der regelmässigen Aufzeichnungen vor über 150 Jahren. Nicht zuletzt aufgrund dieser starken positiven Abweichung ist auch das Jahr 2014 insgesamt kaum noch von einem Wärmerekord in Mitteleuropa abzubringen. Und auf der Alpensüdseite fiel mancherorts so viel Niederschlag wie noch nie seit Messbeginn innerhalb eines Monats. Dies alles ist das Resultat einer extrem festgefahrenen Grosswetterlage, wie die nachfolgenden Analysekarten eindrücklich zeigen.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den November, erstellt am 29. Oktober, lautete wie folgt:
Die Langfristmodelle sind auch für diesen Monat teilweise widersprüchlich, ein paar Trends scheinen sich dennoch abzuzeichnen: Jahreszeitkonform nimmt die Tiefdrucktätigkeit über dem Nordatlantik im Raum Island allmählich zu. Nach dem favorisierten Modelllauf soll sich über den Gesamtmonat gerechnet sogar eine deutlich negative Druckanomalie mit Zentrum im Raum Island einnisten, sie reicht allerdings nur knapp bis nach Skandinavien. Der Gegenpol mit positiver Druckanomalie bildet eine Brücke vom Azorenhoch knapp südlich der Alpen hindurch bis nach Westrussland. Diese Konstellation lässt häufige West- bis Südwestlagen zu, die sich allerdings am blockierenden Hoch über Osteuropa totlaufen. Die atlantischen Tiefdruckgebiete haben in diesem Fall zwei Möglichkeiten: Sie biegen entweder über Mitteleuropa scharf nach Norden um (winkelförmige Westlage) oder sie trogen über Westeuropa aus und tropfen ins westliche Mittelmeer ab, wodurch Mitteleuropa auf der Vorderseite in eine Südföhnlage gerät. Diese Grosswetterlagen dürften daher den November 2014 dominieren und sorgen nach dem rekordverdächtig milden Oktober erneut für einen deutlich zu milden November in weiten Teilen Europas. Zu kühl wird der Monat über dem Nordatlantik gerechnet, diese Zone reicht knapp bis zu den Britischen Inseln. Überdurchschnittlich nass wird es in einem Streifen von den Britischen Inseln über die Nord- bis zur Ostsee, somit auch im nördlichen Mitteleuropa. Der Alpenraum darf mit ungefähr durchschnittlichen Niederschlagsmengen rechnen, Südeuropa wird flächig zu trocken berechnet.
Als erstes vergleichen wir die Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendruckfelds gegenüber dem langjährigen Mittel. Anders als im Sommerhalbjahr, wo wir die von der Bodenerhitzung weitgehend unbeeinflusste mittlere Troposphäre betrachten müssen, sind die Bodenkarten im Winter aussagekräftiger.
Die Unterschiede sind frappant und fallen sofort ins Auge. Die prognostizierte Zonalisierung, mit tiefem Druck im Norden und höherem Druck im Süden und als Folge häufiger auftretende Westlagen, ist vollständig ausgeblieben. Stattdessen hat sich das Muster der vorangegangenen Monate mit Blockadehoch im Nordosten und Austrogungen über dem Ostatlantik bis nach Südwesteuropa noch weiter verstärkt. In der Prognose ist diese Möglichkeit zwar in Betracht gezogen worden, wurde jedoch niemals in diesem dominanten Ausmass während des gesamten Monatsverlaufs erwartet. Die Folge war eine nahezu permanente Süd- bis Südostlage, die insgesamt 23 Tage des Monats bestimmte.
Weniger gravierend sind die Unterschiede zwischen Prognose (oben) und Analyse (unten) bei der Temperaturverteilung:
Wie erwartet fiel der November gegenüber dem langjährigen Mittel in weiten Teilen Europas deutlich zu warm aus. Die höchste Abweichung weist allerdings nicht wie erwartet Osteuropa, sondern Mittel- und Westeuropa auf, wo sie verbreitet mehr als 2, in Frankreich und im Alpenraum sogar bis zu 4 Grad über dem Klimamittel von 1981-2010 lag. Dies ist eine Folge der dominanten Wetterlagen Süd bis Südost statt der erwarteten Wetterlagen West bis Südwest, welche den Warmlufstrom zumindest zeitweise weiter nach Osteuropa hätten leiten sollen. Stattdessen war es im Raum Island-Grönland deutlich wärmer als erwartet.
Nicht erstaunen kann bei einer falschen Prognose der Druckverteilung, dass auch der Niederschlag nicht wie erwartet verteilt wurde:
Nord- und Osteuropa waren klar trockener als erwartet, während sich der permanent warm-feuchte Strom aus der Mittelmeerregion an den Süd- bzw. Südostseiten der Gebirge (Pyrenäen, Cevennen, Alpen) entlud. Hier fielen stellenweise die vierfachen Regenmengen eines durchschnittlichen Novembers, der in diesen Regionen ohnehin zu den nassesten Monaten im Jahresverlauf zählt. Entsprechend häuften sich die Meldungen von Hochwasser und gravierenden Überflutungen vor allem aus der Südschweiz, Norditalien, Südfrankreich und Katalonien. Ein zweiter, eher aussergewöhnlicher Schwerpunkt extremer Regenfälle lag in Marokko, das allerdings stets auf der Rückseite des westeuropäischen Troges lag und die volle Breitseite der feuchten Atlantikluft aus West bis Nordwest fasste.
Zum Schluss die statistische Auswertung der Wetterlagen im November 2014:
Eine solche Verteilung bekommt man höchst selten zu sehen: West- bis Nordlagen blieben völlig aus, somit wurde auch keine zu kalte Phase registriert. Bemerkenswert ist, dass der Grosswettertyp Ost mit 12 Tagen vollständig durch die Grosswetterlage Südost repräsentiert wird, womit Wetterlagen aus dem Südsektor zusammen 25 der 30 Tage dominierten.
Fazit: Die Erhaltungsneigung des Strömungsmusters in diesem Jahr ist bemerkenswert und hat die November-Prognose wenn auch nicht bei den Temperaturen, so doch gravierend bei den Niederschlägen in eine völlig falsche Richtung gelenkt. Dieser Umstand ist bereits in der Prognose für den Dezember berücksichtigt worden, ob auch im richtigen Ausmass, wird sich zeigen.
Die Langfristprognose für den Dezember findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.