Nach dem völlig verkehrten April besann sich der Mai seiner klimatischen Norm und tat das, was man von einem Frühlingsmonat erwartet: Er begann sehr kühl und endete warm, wobei letzteres mit hochsommerlichen Temperaturen schon bereits wieder weit über dem war, was man erwarten konnte. Entsprechend drehte der bis zum 25. Mai erwartungsgemäss durchschnittlich verlaufende Monat in den letzten Tagen die Bilanz noch in ein deutliches Plus bei Sonnenschein und Temperatur. Am 29. Mai wurde in Deutschland der Mai-Rekord aus dem Jahr 1892 (!) von 35.4 Grad nur knapp verfehlt: 34.6 Grad wurden es in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz). In Österreich wurde hingegen ein neuer Mai-Rekord aufgestellt: 35.0 Grad wurden am 30. in Horn (Niederösterreich) gemessen. In der Schweiz wiederum blieb der Rekord aus dem Jahr 2009 (Sion, 35.1 °C) unangetastet. Es gab zwar – wie in Deutschland auch – lokale Rekorde, aber eben keinen neuen landesweiten Rekord für den Mai.

Zum Monatsende bereits hochsommerlich: Gewitterstimmung bei 28 Grad auf 900 m.ü.M. im hinteren Emmental (Würzbrunnen, 28.05.2017)
Die orniwetter.info/fotometeo.ch-Prognose für den Mai, erstellt am 30. April lautete wie folgt:
Das Langfristmodell CFS ist sich in seinen aktuellen Läufen insofern einig, dass die derzeitige Druckverteilung mit einerseits Tiefdruckanomalien über den Azoren und Nordosteuropa und andererseits Hochdruckanomalien im Bereich Grönland-Island sowie Südosteuropa im Mai über weite Strecken bestehen bleibt. Mitteleuropa befindet sich dabei im Sattelpunkt dieses sogenannten Viererdruckfeldes. Unterschiede gibt es allerdings von Lauf zu Lauf bezüglich Ausprägung und genauer Position dieser Druckgebilde. Und genau diese Unterschiede sind es, welche auf die Witterung in Mitteleuropa starken Einfluss ausüben. Mal wird eine Hochdruckbrücke zwischen Nordwest und Südost über Mitteleuropa hinweg gezeigt, mal ist es die Tiefdruckrinne zwischen Südwest und Nordost, welche dominanter auftritt. Oder eines der Druckgebilde – entweder das Hoch über der Nordsee oder das Tief über Nordosteuropa – wird derart stark gerechnet, dass es das Regime übernimmt. Da die Auswahl des vermeintlich richtig liegenden Laufs einer Lotterie gleicht, haben wir uns diesmal entschieden, jenen Lauf zu zeigen, welcher keines der Druckgebilde bevorzugt, sondern eine Pattsituation darstellt. An diesem Beispiel lässt sich die Problematik der Prognose für den Mai 2017 am deutlichsten aufzeigen.
Die eingangs geschilderte Konstellation des Viererdruckfeldes lässt für Mitteleuropa eine Dominanz von Nord- und Ostlagen erwarten. Wird das Nordmeerhoch stärker, erreichen uns kalt-feuchte Luftmassen aus nordwestlicher bis nördlicher Richtung. Ein Erstarken und gleichzeitige Südverlagerung des Russlandtiefs bedeutet Zufuhr kalter, eher trockener Luftmassen aus Nord bis Nordost. Dabei besteht auch immer die Möglichkeit, dass Kaltlufttropfen über Mitteleuropa für unbeständiges Schauerwetter mit Schneefällen bis in tiefe Lagen sorgen. Sollte sich das Südosteuropahoch durchsetzen und die Tiefdruckrinne zwischen Azoren und Russland nach Nordwesten verdrängen, sind auch warme Süd- und Südwestlagen möglich. Und dann wären da noch die CutOff-Tiefs, die sich vom zentralen Atlantik in Richtung Mitteleuropa aufmachen und für sehr feuchte Verhältnisse sorgen (so gleich in der ersten Maiwoche). Welches Schweinderl hätten’s denn gern? Am besten von allem etwas. Auch der Mai darf machen, was er will…
Die Temperaturkarte spiegelt die Druckverhältnisse wider. Überdurchschnittlich warm wird der Mai unter dem beständigen Hoch im Raum Grönland-Island sowie in Südosteuropa. Deutlich unterkühlt wird der Norden und Nordosten Europas sowie etwas weniger ausgeprägt das Atlantikgebiet rund um die Azoren. Wir sehen, dass sich Mitteleuropa im Schnittpunkt der unterschiedlichen Einflüsse befindet und somit ein durchschnittlich temperierter Mai zu erwarten ist. Die Frage, wie häufig und wie weit die Kaltluftausbrüche nach Süden und Westen vorankommen, lässt sich kaum beantworten. Die Gefahr scharfer Nachtfröste ist somit leider auch in den nächsten Wochen noch nicht gebannt.
Die Aussage der Niederschlagskarte ist mit grosser Vorsicht zu geniessen, insbesondere was die regionale Verteilung in Mitteleuropa betrifft. Tendenziell dürfte der Mai durchschnittliche Niederschlagsmengen bringen. Die Akzentuierung grösserer Niederschlagsmengen auf die Gebirgsregionen deutet darauf hin, dass Kaltlufttropfen und CutOff-Tiefs konvektive Niederschläge (Schauer und Gewitter) über dem Relief fördern und das Flachland mangels flächiger Frontniederschläge eher etwas trockener bleibt.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Höhendruckfelds (5500 m) gegenüber dem langjährigen Mittel:
Die grundsätzliche Situation mit den vier Druckfeldern wurde vom Modell richtig erfasst. Auf die Unsicherheit bezüglich Position und Stärke haben wir im Prognosetext hingewiesen und verschiedene mögliche Szenarien geschildert, wobei folgende eingetroffen ist: “Sollte sich das Südosteuropahoch durchsetzen und die Tiefdruckrinne zwischen Azoren und Russland nach Nordwesten verdrängen, sind auch warme Süd- und Südwestlagen möglich.” Wir sehen, dass das Azorentief etwas westlicher zu liegen kam als in der Prognose-Version, gleichzeitig war es auch stärker, bzw. ausdauernder. Dies gilt ebenfalls für das Hoch bei Island und das Tief über Nordwestrussland. Hier kann man also konstatieren, dass die Erhaltungsneigung sogar stärker war als erwartet. Einzig der für den östlichen Mittelmeerraum prognostizierte Hochdruckpol fehlt und liegt stattdessen im westlichen Mittelmeerraum, was schlussendlich dazu führte, dass die für Mitteleuropa erwarteten (kalten) Nord- bis Ostlagen ab der Monatsmitte durch warme Südwestlagen ersetzt wurden und über Mitteleuropa häufiger Hochdruckeinfluss herrschte als erwartet. Mit der Wahl eines anderen Prognoselaufs von CFS hätte man die Prognoseleistung verbessern können, doch wäre wie gesagt ein solches Unterfangen reines Raten gewesen und hätte auch völlig schief gehen können. Mit der ehrlichen Offenbarung der bestehenden Unsicherheiten ist der Leserschaft unserer Meinung nach besser gedient, auch wenn einige diesen Umstand als Beweis herbeiziehen, dass Langfristprognosen per se unmöglich seien. Falsch: Sie sind in gewissen Situationen erschwert bis unmöglich, dies gilt es zu erkennen und ehrlich zu kommunizieren, während andere Konstellationen zu recht guten Ergebnissen führen.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Man erkennt eine sehr gute Übereinstimmung der Temperaturabweichungen mit den Hoch- und Tiefdruckeinflüssen, was im Sommerhalbjahr aufgrund der starken Sonneneinstrahlung eine natürliche Folge darstellt. Wenn sich also eine prognostizierte Hochdruckabweichung etwas anders positioniert, geschieht dies automatisch auch mit der Temperaturabweichung. Entsprechend verschob sich der warme Pol von Südosteuropa in den westlichen Mittelmeerraum und es bildete sich eine warme Brücke über Westeuropa hinweg zum Nordmeerhoch. Mitteleuropa kam an den Ostrand dieser Wärmeabweichung zu liegen. Die in der Prognose als Möglichkeit (!) aufgeführten scharfen Kälteausbrüche zogen von Skandinavien nach Osteuropa und streiften uns nur am 1./2. und dann noch mal am 9./10. Mai. Die Bodenfröste am 20. Mai waren hingegen auf einen Ausbruch von Polarluft nach Westeuropa zurückzuführen, der sich unter Hochdruckeinfluss aber sehr rasch erwärmte. Auf die Temperaturen in 2 m Höhe hatte dies folgende Auswirkungen:
In Mitteleuropa hob die sehr warme letzte Maiwoche das Monatsmittel von den erwarteten ca. null Grad Abweichung auf rund +1 bis +1.5 Grad gegenüber der Klimanormperiode 1981-2010 oder +2 bis +2.5 Grad zur Normperiode 1961-90. Richtig übel sind die -5 Grad Abweichung in Nordwestrussland: Während wir in Mitteleuropa schwitzten, trieben hier Schneefälle und Nachtfröste noch bis zum Monatsende ihr Unwesen. Dass nicht Mitteleuropa häufiger davon betroffen war, ist einfach nur Zufall und Glück.
Die Niederschlagsbilanz wurde für Mitteleuropa besser getroffen als die Temperaturen:
Der erwartete feuchte Gürtel von Galizien über Frankreich bis Mitteleuropa ist eingetroffen, wobei hier durch Gewitter verursachte lokale Abweichungen zu rechnen ist, welche die Karte nicht aufzulösen vermag. In Norddeutschland und Teilen Osteuropas wurde es trockener als prognostiziert, Griechenland wurde unter weniger häufigem als prognostizierten Hochdruck wenig erstaunlich auch nasser.
Die Analyse der Witterungstypen bilanziert mit 13 warmen zu vier kalten Tagen deutlich, wobei zu erwähnen ist dass die Mehrheit der “normalen” Tage leicht unter dem Klimamittel zu liegen kam. Die heissen Tage zum Monatsende glichen dies jedoch mehr als aus. Auffällig bei der Verteilung der Grosswettertypen ist einmal mehr das komplette Fehlen der Westlagen, wobei dies aufgrund der Prognose auch zu erwarten war. Die als dominant erwarteten Typen Nord und Ost beschränkten sich auf die erste Monatshälfte und erreichten zusammen neun Tage, während Hoch, Süd und Südwest zusammen 17 Tage totalisierten und damit fast die gesamte zweite Monatshälfte kontrollierten, einzig unterbrochen vom viertägigen Einschub aus Nordwest.
Die Langfristprognose für den Juni findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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