Zwar zählt der Juni in der Statistik der Meteorologen zum Sommer, doch 2016 präsentierte er sich als Frühlingsmonat. Nicht was die durchschnittliche Temperatur angeht, die war durchaus sommerlich. Das Monatsmittel sagt aber einmal mehr nichts aus über die zeitliche Verteilung der Temperaturen und der Temperaturschwankungen. So war der Tagesgang aufgrund der sehr hohen Luftfeuchtigkeit meistens gering: Nächtliche Wolken verhinderten die Auskühlung, ebendiese wurde tagsüber durch Niederschläge gefördert. Das Resultat waren milde Nächte und kühle Tage, was sich auch in der Anzahl Sommertage (TMax > 25 °C) niederschlägt: Diese traten in weiten Teilen Mitteleuropas in geringerer Zahl auf als in einem durchschnittlichen Juni. Trotzdem wurden je nach Region ein bis drei Hitzetage mit Höchstwerten über 30 Grad erreicht – eingebettet zwischen zwei kühlen Phasen, was der Akklimatisierung nicht gerade förderlich war.

Gewitter am laufenden Band: Wie hier in Bern vom 24. auf den 25. Juni gab es in Mitteleuropa im Juni 2016 viele schlaflose Nächte
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Juni, erstellt am 31. Mai, lautete wie folgt:
Die Karten der steuernden Druckgebiete in rund 5500 m Höhe zeigen uns einen dominierenden Hochdruckblock über dem Nordatlantik, der sich von Grönland bis nach Schweden erstreckt, das Zentrum liegt etwas östlich von Island. In einigen Läufen dehnt sich diese Hochdruckanomalie bis ins östliche Mitteleuropa, oder gar als Brücke bis in den östlichen Mittelmeerraum aus, der von uns ausgesuchte Modelllauf zeigt Mittel- und Osteuropa hingegen im neutralen Bereich. Es gibt nur zwei schwach negative Druckanomlie-Gebiete: Das eine liegt über Nordwestrussland und dürfte uns nur marginal tangieren, das andere liegt über Südwesteuropa. Das Azorenhoch spielt so gut wie keine Rolle. Bei dieser Konstellation überwiegen bei uns Ost- bis Südlagen, wobei auch Hoch und Tief über Mitteleuropa gelegentlich auftreten können (die Tiefdrucklage zu Monatsbeginn ist gesichert). West- bis Nordlagen sind äusserst selten oder können sogar völlig ausgeschlossen werden.
Entsprechend weist die Abweichung der mittleren Lufttemperatur über der gesamten Nordhälfte Europas teils deutlich positive Tendenzen auf, während über dem Süden negative Signale überwiegen. Als Grenze figuriert der Alpenbogen. Hier zeigen sich am Alpennordrand die typischen positiven Abweichungen, die durch Südföhnlagen verursacht werden. Weitere Hitzepole liegen über den Landgebieten nahe des Zentrums der Hochdruckanomalie, also Island und Norwegen. Die Kältepole sollen über der Iberischen Halbinsel und in der Schwarzmeerregion zu liegen kommen.
Der häufige Tiefdruckeinfluss über Südwesteuropa ist auch bei den Niederschlagsanomalien nicht zu übersehen. Der sich von Polen über Norddeutschland nach Belgien ziehende nasse Streifen dürfte der Tiefdrucklage während der ersten fünf Tage geschuldet sein, während dieser Zeit fällt warscheinlich fast der gesamte Monatsniederschlag in dieser Region. Danach dürfte der Juni wie im übrigen Nord- und Mitteleuropa relativ trocken verlaufen. Über den Alpen bzw. auf der Alpensüdseite sind Gewitter- bzw. Südstausignale zu erkennen.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des 500-hPa-Geopotenzials gegenüber dem langjährigen Mittel:
Wir dürfen auf den ersten Blick erfreut feststellen, dass das Zirkulationsmuster mit dem blockierenden Hoch bei Island richtig vorhergesagt wurde. Die geographische Platzierung und die Ausdehnung sind stimmig, doch bei näherem Hinsehen erkennen wir eine deutliche Abweichung beim Betrag, der in der Analyse nur die Hälfte der Prognose ausmacht. Die Anomalie, welche eine Dominanz von Ostlagen verursachen sollte, war somit weniger ausdauernd als prognostiziert, und damit ist das Chaos bereits vorgespurt. Das Azorenhoch war stärker als erwartet, womit die prognostizierte negative Druckanomalie nach Osten und Norden abgedrängt wurde: Zwischenzeitlich konnten sich West- und Nordwestlagen aufbauen, die wir in der Prognose ja weitgehend ausgeschlossen hatten. Ebenfalls nicht prognostiziert war der hohe Druck über Osteuropa: Er sorgte dafür, dass die Tiefdruckgebiete mit ihren feuchten Luftmassen über Mitteleuropa blockiert wurden.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Die positiven Anomalien decken sich mit dem Hochdruckeinfluss im Norden Europas recht gut. Die Prognose sah die Schwerpunkte der Wärme von der Ostküste Grönlands über Island bis Schottland recht genau voraus, allerdings war hier wie auch beim Hochdruck die eingetroffene Abweichung schlussendlich nicht ganz so prägnant wie berechnet. Auch die etwas kühlere Zunge von Nordrussland nach Nordskandinavien hinein wurde erfasst, sie resultierte allerdings vor der norwegischen Küste stärker ausgeprägt als erwartet. Deutlich daneben lag die Prognose in Südosteuropa, während Mitteleuropa gar nicht mal so schlecht erfasst wurde. In Südwesteuropa kam es zwar zur erwarteten negativen Abweichung, jedoch nicht so stark wie vorausberechnet.
Völlig daneben lag jedoch die Niederschlagsprognose:
Die erwartete sehr nasse Zone über Südwesteuropa und Frankreich liegt deutlich nach Nordosten in die Region verschoben, wo eigentlich ein recht trockener Juni berechnet wurde. In vielen Regionen Mitteleuropas wurde der nasseste Juni seit Aufzeichnungsbeginn registriert, wobei manche Messreihen etwa 150 Jahre zurückreichen. Und hier müssen wir uns schonungslos an die Nase fassen: Ende Mai zeigten viele Prognoseläufe zwar nicht derart extrem, aber doch deutlich ein zu nasses Mitteleuropa. Am Tag der Erstellung der Prognose verlagerten die Läufe den Niederschlagsschwerpunkt nach Südwesten, sodass die Schweiz gerade noch an deren Rand in eine trockenere Zone zu liegen kam. In der Vergangenheit lagen wir oft richtig, wenn zum Monatsende sich eine Tendenz manifestierte, doch wie sich diesmal herausstellen sollte, war tags darauf der Niederschlagsschwerpunkt in den Karten wieder über Mitteleuropa zu sehen. In der Nachbetrachtung war der Trend erst viel zu kurz in den Karten (drei Läufe), um ihm restlos vertrauen und die Prognose darauf bauen zu können. Man nimmt zur Kenntnis: Selbst mit langer Erfahrung ist man als Mensch nicht davor gefeit, den eigenen Wünschen ein gewisses Gewicht bei der Prognose beizumessen…
Die Witterungsanalyse deckt auf, warum der Juni trotz seiner durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Mitteltemperatur eher ein Frühlings- denn ein Sommermonat war:
Das Verhältnis von 24 nassen zu 6 trockenen Tagen ist schon sehr ungewöhnlich. Zwar ist der Juni in Mitteleuropa vielerorts der niederschlagsreichste Monat des Jahres, doch ist dies normalerweise den starken gewittrigen Regenfällen und nicht der hohen Anzahl Regentage zuzuschreiben. In diesem Monat kam beides zusammen: Hohe Niederschlagsraten an (zu) vielen Tagen. Entsprechend blieben Überflutungen und Hochwasser nicht aus. Die Verteilung der Grosswettertypen zeigt ein noch relativ starkes meridionales Muster, das für den Frühling typisch ist. Der Anteil der Westlagen von 27 % liegt zwar ziemlich genau im langjährigen Mittel, doch mit südlicher Westlage und Winkelwest war dieser Typ mit Lagen vertreten, die ihr statistisches Maximum im Winterhalbjahr aufweisen.
Die Langfristprognose für den Juli findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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