Noch selten traf der Spruch „neuer Monat, neues Wetter“ so treffend zu wie diesmal. Nach dem extrem hochdruckdominierten, trockenen und sonnigen Dezember präsentierte sich der Januar von der völlig gegensätzlichen Seite: tiefdruckbestimmt, windig und nass. Einzig vom 21. bis 27. Januar gab es eine Hochdruckphase, und die hatte es in sich: In dieser Woche wurden in vielen Teilen Mitteleuropas die für einen Januar üblichen Sonnenstunden geliefert, ja vielerorts sogar übertroffen. In der ersten Monatshälfte und dann auch gegen das Ende gab es ein markantes West-Ost-Gefälle bei den Temperaturen. Eine richtig winterliche Phase wurde im Westen Mitteleuropas einzig vom 14. bis 22. registriert, die kältesten Tage fielen auf den 18. und 19. Januar. Das Tauwetter zum Monatsende war dafür umso heftiger, am 31. regnete es in den Westalpen bis auf 2200 m hinauf.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Januar, erstellt am 31. Dezember, lautete wie folgt:
Eine nach wie vor positive Nordatlantische Oszillation (NAO+) sorgt auch im Januar für fleissige Tiefdruckproduktionen über dem Atlantik. Darüber sind sich die Langfristmodelle grundsätzlich einig. Schwierig wird die Prognose bei deren Einfluss nach Osten. Wir haben uns für einen Modell-Lauf entschieden, der die Problematik der Unsicherheit aufzeigt. Gerechnet wird eine stark negative Druckanomalie, welche von Neufundland über den gesamten Atlantik hinweg bis nach Mittel- und Südeuropa reicht. Das Zentrum dieser Anomalie liegt über Irland, ein zweiter Schwerpunkt wird über Südosteuropa berechnet. Dies bedeutet starke Tiefdrucktätigkeit mit einer leicht nach Süden verschobenen Frontalzone, Westlagen (vor allem West zyklonal und südliche Westlagen) sind dominant. Eine stark positive Druckanomalie beherrscht den ganzen Raum von Grönland über Skandinavien bis Nordrussland, wobei sie über Osteuropa leicht nach Süden ausgreift. Dies deutet möglichweise auf eine zeitweise über Mitteleuropa blockierte Westdrift hin (winkelförmige Westlage, bisweilen Südostlage).
Diese Konstellation bewirkt, dass Westeuropa häufig unter dem Einfluss milder atlantischer Luftmassen steht, während in Skandinavien und Osteuropa kalte kontinentale Luftmassen für einen unterkühlten Monat besorgt sind. Interessant ist für uns, wo genau die Grenze zwischen einem zu milden und einem zu kalten Monat zu liegen kommt. Die unten gezeigte Karte zeigt eine plausible Lösung, Abweichungen von einigen hundert Kilometern sind aber bei einer solchen Lage schnell mal möglich. Wir erwarten in Mitteleuropa einen ständigen, oft abrupten Wechsel von milden und kalten Phasen. Längere Dauerfrostphasen sind dabei in den Niederungen vor allem nach Westen hin ebenso wenig zu erwarten wie eine für längere Zeit beständige Schneedecke. Wahrscheinlicher sind solche winterliche Episoden in Ostdeutschland und Ostösterreich.
Der permanente Tiefdruckeinfluss mit Zufuhr feuchter Luftmassen vom Atlantik her bringt weiten Teilen Mitteleuropas einen überdurchschnittlich nassen Januar. Die Schneearmut in den Alpen dürfte daher rasch kein Thema mehr sein. Allerdings gilt die Schneesicherheit lediglich für Lagen oberhalb von 1200 m. Darunter ist mit den sich wiederholenden Warmlufteinschüben immer wieder mit Tauwetter und Regen zu rechnen. Trocken bleibt es anders als in den letzten Monaten in Nordeuropa, die Natur schafft also den lange ersehnten Ausgleich.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendruckfelds gegenüber dem langjährigen Mittel:
Wenn es eine perfekte Langfristprognose gibt, dann haben wir sie im Januar 2016 realisiert. Die Zentren der Druckanomalien stimmen in der Analyse mit der Prognose überein, man kann wenn man pingelig sein will in der Prognose eine leicht zu südlich gelegte Zonalisierung ausmachen. Am deutlichsten tritt der Unterschied bei der Grenze zwischen positiver und negativer Druckanomalie über dem Mittelmeer zutage, ebenso über Osteuropa. In Mitteleuropa lag die Prognose des mittleren Luftdrucks nur gerade zwei Hektopascal (hPa) oder Millibar (mb) daneben. Deutlicher wird der Unterschied beim Hochdruck nördlich des Polarkreises, hier lag die Prognose deutlich höher. Entsprechend waren auch wie erwartet Westlagen (südliche Westlage WS und West zyklonal mit insgesamt 14 Tagen) die häufigsten Grosswetterlagen. Winkelwest trat nicht auf, dafür zu Monatsbeginn die verwandte GWL Südost zyklonal, bei der die Westströmung durch ein Hoch über Mittelosteuropa blockiert und nach Norden umgelenkt wird. Sie war dafür verantwortlich, dass sich die Kälte über Osteuropa deutlich länger hielt als im Westen:
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Auch bei der geografischen Verteilung der Temperaturanomalien stimmt die Prognose mit der Analyse überein. Über Grönland, dem Atlantik sowie in West- und Mitteleuropa sind sogar die Beträge erstaunlich genau. Deutlicher als erwartet manifestierte sich hingegen der Kältepol in Nordosteuropa, wo statt der erwarteten -2 bis -4 Grad eine Abweichung von bis zu -6 Grad resultierte. Dabei greift der kalte Bereich in Mitteleuropa auch etwas westlicher aus als prognostiziert. Da wir diese Unsicherheit betreffend „Kampfzone Mitteleuropa“ in der Prognose angesprochen hatten, ist auch dieses Ergebnis mehr als akzeptabel.
Dass die Prognose betreffend Niederschlagsverteilung ebenfalls recht genau lag, kann nach den Resultaten bei der Druck- und Temperaturverteilung nicht erstaunen:
Der vom Atlantik über Mittel- bis Südosteuropa dominierende Tiefdruckeinfluss beendete die herbstliche Trockenheit, in den höheren Gebirgslagen fiel endlich ausreichend Schnee. Eine Ausnahme bildete dabei noch die Alpensüdseite, welche häufig im Lee der aus West bis Nordwest heraufziehenden Niederschläge lag. Wie erwartet wurde unterhalb von 1200 bis 1500 m der Schnee immer wieder durch Regen weggespült, insbesondere um den 9. Januar (der Ski-Weltcup in Adelboden lässt grüssen) sowie zu Monatsende.
Die statistische Witterungsanalyse verdeutlicht einerseits die Westlastigkeit wie auch die Dominanz feuchter Wetterlagen:
Das Muster entspricht einem typischen, von positiver NAO geprägtem Mildwinter, bei dem die kalten Phasen zwar nicht gänzlich ausbleiben, jedoch meist nur von kurzer Dauer sind. Die Prognose für den Februar lässt eine ähnliche Verteilung erwarten.
Die Langfristprognose für den Februar findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
Diese Seite ist bewusst werbefrei gehalten, um die Unabhängigkeit des Informationsgehaltes zu gewährleisten und nicht von den Inhalten abzulenken. Mit einer freiwilligen Spende unterstützen Sie die Arbeit von fotometeo.ch in einem schwierigen Marktumfeld und sichern das Fortbestehen des Blogs. Vielen Dank!
Falls Sie kein PayPal-Konto besitzen, können Sie direkt auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten einzahlen.