Der August 2016 verhielt sich klassisch im Sinne der Langfristprognostiker: Nach zwei Dritteln lag er sehr gut in der prognostizierten Abweichung als unterkühlter, durchzogener Monat in weiten Teilen Europas. Zu diesem Zeitpunkt lag die Abweichung zum langjährigen Mittel verbreitet bei -1 bis -2 Grad und zementierte die gefasste Meinung zum Luschensommer 2016. Dann war die Siebenschläfer-Periode vorbei und mit dem Spätsommer kam das, was man eigentlich vom Hochsommer erwartet: Die erste stabile Hochdrucklage dieses Jahres mit Trockenheit, viel Sonnenschein und Temperaturen verbreitet über 30 Grad warf unsere “schöne” Monatsprognose über den Haufen. Vielerorts wurden zwischen dem 25. und 29. August die höchsten Temperaturen des Jahres gemessen, was die weit verbreitete Meinung widerlegt, dass Jahresrekorde nach Mitte August nicht mehr möglich seien.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den August, erstellt am 31. Juli, lautete wie folgt:
Die Karte des Geopotenzials in 5500 m Höhe zeigt nur geringe Abweichungen zum langjährigen Mittel. Im hohen Norden ist eine fast durchgängige schwach positive Druckanomalie zu finden, die sich von Südgrönland bis Island ein wenig akzentuiert und erst über Westrussland deutlicher zutage tritt. Ein zweites Gebiet mit schwach positiver Abweichung liegt über Portugal. Sehr schwach ausgeprägt ist auch eine negative Druckanomalie, die sich über den gesamten Nordatlantik von Neufundland über die Britischen Inseln bis ins nördliche Mitteleuropa erstreckt. Übersetzt heisst dies, dass der August ungefähr eine Zirkulation der saisonalen Norm aufweisen dürfte, und die ist zu einem Drittel von Westlagen geprägt, während die anderen zwei Drittel je von gemischter und meridionaler Zirkulation beherrscht werden. Man kann also alleine anhand des Druckmusters nicht vorhersagen, welche Grosswettertypen neben West/Nordwest/Südwest diesen Monat noch prägen werden.
Vielleicht gibt uns die Karte mit den zu erwartenden Temperaturabweichungen einen Hinweis. Aufgrund der sehr schlecht abgebildeten (Übertreibungen in Richtung kalt) Bodentemperaturen der letzten Monate greifen wir ab sofort für das Sommerhalbjahr auf die Karte mit den 850 hPa-Temperaturen zurück. Diese Karte zeigt weniger Details, weil das Temperaturniveau in rund 1500 m Höhe nur geringfügig von topografischen Einflüssen (Gebirge, Gewässer) beeinflusst wird. Für die grobe Orientierung über die zu erwartenden Abweichungen ist sie aber in den Sommermonaten, wo keine Inversionen das Bild verfälschen, sehr gut geeignet. Sowohl über dem Nordatlantik wie auch über weiten Teilen Mittel- und Südeuropas wird ein gegenüber dem langjährigen Mittel um 1 bis 2 Grad kühlerer August berechnet. Positive Abweichungen finden wir weit im Nordosten sowie vor der Küste Marokkos. Dieses Muster verrät uns, dass neben den gemässigt temperierten Westlagen die etwas kühleren Nordwest- bis Nordlagen gegenüber den heissen Südwest- bis Südlagen im Vorteil sein werden.
Die Prognosen zum Niederschlag weisen in den meisten Teilen Europas keine extremen Abweichungen auf, der Trend zu einem leicht nasseren August als üblich ist aber erkennbar. Für einen Sommermonat ganz normal sind regional stark unterschiedliche Auswirkungen, die durch die Verteilung von Gewittern zustande kommen. Das deutlich zu nass berechnete Südost- bis Osteuropa ist ein Anzeichen dafür, dass mit der einen oder anderen Austrogung über Mitteleuropa mit Neigung zu Vb-Lagen zu rechnen ist. Bereits zwei bis drei Tage mit intensivem Niederschlag reichen aus, um eine solche Abweichung zu erzielen. Der tiefrote Bereich ist also keineswegs so zu interpretieren, dass der August in diesen Regionen völlig ins Wasser fällt.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des 500-hPa-Geopotenzials gegenüber dem langjährigen Mittel:
Allzu viele Gemeinsamkeiten zwischen Prognose und Analyse findet man abgesehen von den hochdruckdominierten Regionen ganz im Osten und über Südwesteuropa sowie dem Trend zu schwachem Tiefdruck über dem westlichen Nordatlantik nicht. Dies ist das Schicksal von Monaten mit geringen Abweichungen zum langjährigen Mittel: Es zeichnen sich schlicht keine deutlichen Strukturen heraus. Eine geringe Verschiebung lässt leicht positiv berechnete Areale bald ins Minus kippen und umgekehrt. Als dramatische Fehlprognose kann man das nicht bezeichnen, wirklich gut sieht aber anders aus. In der Analyse ist die Hochdruckbrücke über Mitteleuropa auffällig, sie ist das Resultat der Hochdrucklage im letzten Augustdrittel. Ohne diese hätten wir einen ziemlichen weissen “Barosumpf” wie in der Prognose präsentiert bekommen.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Bei der Temperatur in mittleren Höhenlagen sieht das Muster schon wesentlich aussagekräftiger aus. Die negative Abweichung zum langjährigen Mittel ist im zentralen Südeuropa sowie auf dem Westatlantik vor Neufundland gut erfasst worden, ebenso die Wärme über Osteuropa. Die warme Zunge von Marokko bis auf die Iberische Halbinsel ist in der Analyse länger und zieht sich bis nach Nordwesteuropa hinein, als Folge davon ist auch das nördliche Mitteleuropa und der Westen Skandinaviens im neutralen Bereich gelandet. Ohne die Hitzewelle im letzten Augustdrittel wäre auch diese Prognose nahezu perfekt gewesen, was einmal mehr die Unsicherheit von Langfristprognosen unterstreicht: Ab der dritten Woche wird es oft unberechenbar. Wenden wir uns noch der Temperaturanalyse am Boden zu:
Hier kommt die negative Abweichung in Mitteleuropa schon eher zum Vorschein, wenn auch gegenüber der Prognose in abgeschwächter Form. Jedenfalls ist das Muster der Prognose gut zu erkennen, im Detail ist das Resultat natürlich insbesondere in Westeuropa nicht befriedigend. In Zentralfrankreich liegt die Diskrepanz mit einer um 2.5 Grad zu tiefen Vorhersage am höchsten, während die Prognose von Tunesien über die Adria bis nach Südschweden sehr gut lag.
Bei der Niederschlagsverteilung gab es ebenfalls regional sehr unterschiedlich gute Aussagen:
Der etwas stärkere Hochdruckeinfluss hinterliess einen zonal ausgerichteten, trockenen Gürtel quer durch Europa, wo eigentlich ein leicht zu nasser Monat prognostiziert wurde. Nach dem doch vielerorts sehr nassen Frühling und Frühsommer wird darüber wahrscheinlich kaum jemand traurig sein. Etwas ausgeprägter als in der Prognose ist der nasse Westwindgürtel im Norden Europas ausgefallen. Die für Südosteuropa prognostizierten Niederschläge waren weitaus weniger flächig als erwartet.
Zum Schluss noch die statistische Witterungsanalyse:
Die prognostizierte Dominanz der Westlagen ist noch stärker als erwartet eingetroffen (Verhältnis West zyklonal zu West antizyklonal 9:9 Tage). Die nördlichen Grosswettertypen waren gegenüber den südlichen tatsächlich leicht im Vorteil, wenn auch nicht entscheidend. Was sich bei den Witterungstypen niederschlägt, wo die heissen Tage doppelt so häufig vertreten sind wie die kalten. Hier wurde das Muster dieses Jahres fortgesetzt, wonach eigentlich typisch kalte Wetterlagen häufig wärmere Luftmassen zu uns führen als üblich.
Die Langfristprognose für den September findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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