Überdurchschnittlich sonnig, heiss, arm an Gewittern und gebietsweise sehr trocken war der August 2015 in Mitteleuropa. Extrem heiss von Südwestwinden geprägt waren das erste Monatsdrittel und dann wieder die letzte Augustwoche, dazwischen gab es vor allem im Westen mit einer ausgeprägten Ostlage eine mässig temperierte bis leicht unterkühlte Witterungsphase. Als Beispiel für die extreme Hitze sei Wien herausgepickt, wo mit insgesamt 11 Tagen (davon Anfang August 9 Tage am Stück) mit Tageshöchstwerten von über 35 Grad der bisherige Gesamtsommer-Rekord (!) von 5 Tagen pulverisiert wurde. Nordeuropa erlebte im August erstmals in diesem Sommer eine längere warme und ebenfalls heisse Phase. Die im August in Westeuropa gefallenen Niederschlagsmengen konnten die Trockenheit zwar etwas lindern, das seit Juni aufgelaufene Defizit aber bei weitem nicht ausgleichen. In Osteuropa hielt die Dürre unvermindert an.
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den August, erstellt am 30. Juli, lautete wie folgt:
Die Höhendruckkarte zeigt im Monatsmittel zwei markante Gegenspieler: Eine stark ausgeprägte positive Anomalie über weiten Teilen des europäischen Festlands mit Kern über dem zentralen bis östlichen Mitteleuropa einerseits und eine noch stärkere negative Anomalie über dem Nordatlantik mit Zentrum im Seegebiet zwischen Island und Irland und einem schwachen Ausläufer nach Skandinavien andererseits. Dieses Muster entspricht weitgehend jenem, das uns bereits über weite Teile des Monats Juli 2015 begleitet hat. Diese Konstellation lässt einen Wechsel von kühlen West- bis Nordwestlagen und sehr warmen Hochdruck- und Südwestlagen erwarten, wobei die warmen Phasen vor allem im südlichen Mitteleuopa überwiegen. Der Norden wird häufiger von den atlantischen Tiefs beeinflusst und kommt somit auch stärker in den Einflussbereich sehr kühler Meeresluft. Wie schon im Juli werden auch im August die übrigen Grosswettertypen (Nord, Ost und Süd) eine untergeordnete Rolle spielen, womöglich erneut sogar gänzlich ausbleiben.
Mit entsprechender Verteilung ist auch bei den Temperaturen zu rechnen: Der für die Jahreszeit deutlich zu kühle Nordatlantik strahlt über die Britischen Inseln bis zur Nord- und Ostsee aus, wo der August leicht bis mässig unterkühlt verlaufen wird (Abweichung 1 bis 2 Grad unter der Norm von 1981-2010). Extrem warm ist das Wasser hingegen im Mittelmeer sowie im Atlantik zwischen den Azoren und den Kanaren. Diese Abweichung der Wassertemperatur wirkt sich auf weite Teile Südeuropas aus und wird auch dem südlichen und östlichen Mitteleuropa eine positive Temperaturabweichung von bis zu 3 Grad gegenüber dem langjährigen Mittel bescheren.
Der dominierende Hochdruckeinfluss lässt das südliche Mitteleuropa und das östliche Zentraleuropa weiterhin unter der starken Trockenheit leiden. Etwa normale Niederschlagsmengen dürfen in den Alpen erwartet werden, wobei Gewitter für starke lokale Unterschiede sorgen können. Wie schon im Juli wird der Westwindgürtel von den Britischen Inseln bis nach Skandinavien für überdurchschnittliche Niederschläge besorgt sein.
Im Ablauf für Mitteleuropa scheint eine neue Hitzewelle im ersten Augustdrittel gesichert zu sein, wenn auch die Details und insbesondere die Ausdehnung nach Norden und Westen noch etwas wackeln. Die prognostizierten Temperaturabweichungen lassen nicht darauf schliessen, dass sich die Hitze den ganzen Monat hält. Wahrscheinlich wird die zweite Monatshälfte wie schon im Juli phasenweise unterkühlt verlaufen und das Monatsmittel deutlich drücken.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Höhendruckfelds in rund 5500 m gegenüber dem langjährigen Mittel:
Das Zentrum der negativen Druckanomalie über dem Nordatlantik wurde sowohl bezüglich Position wie Ausprägung perfekt vorausberechnet. Die Ausdehnung in Richtung Skandinavien fehlt hingegen. Das Hoch als Gegenspieler über Osteuropa ist ebenfalls gut getroffen, hat sich aber unerwartet lange nach Skandinavien verlagert. Bei der Betrachtung der Analysekarte muss man wissen, dass sich ein gleich starkes Hoch während 10 Tagen über Skandinavien auf die Abweichung gegenüber dem langjährigen Mittel viel stärker auswirkt als wenn es sich 10 Tage über Mitteleuropa befindet, da der August im Normalfall im Norden stärker von Tiefdruck geprägt ist als der Süden. Jedenfalls bewirkte die nördlichere Position des Hochs zur Monatsmitte eine elftägige Ostlage, die so nicht vorhergesehen war. Ansonsten stimmte die Prognose mit ebenfalls 11 Tagen Südwestlage recht gut. Das blockierende Osteuropa- bzw. Skandinavienhoch bewirkte hingegen, dass sich die im Juli noch stark präsenten Westlagen nur noch kurzzeitig durchsetzen konnten. Die Verteilung von Hochs und Tiefs zeichnet sich auch bei den Temperaturanomalien ab:
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur (oben Prognose, unten Analyse):
Die negative Temperaturanomalie über dem Nordatlantik traf wenig überraschend ziemlich genau ein. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Wasser träger als Luft auf Temperaturänderungen reagiert. Das gegenüber dem langjährigen Mittel um 2 bis 3 Grad unterkühlte Wasser zwischen Neufundland und Irland lässt dort auch keine wärmere Luftmasse zu, was sich wahrscheinlich noch während längerer Zeit hinziehen dürfte und bei den Prognosen für die nächsten Monate zu berücksichtigen ist. Die starken Abweichungen von bis zu knapp 5 Grad gegenüber der Klimanorm in Europa zeigen eindrücklich, was ein wie eine Glucke über dem Festland sitzendes Hoch im Sommer am Boden ausbrüten kann. Die nördlichere Position des Hochs gegenüber der Prognose spiegelt sich bei den Temperaturen wider, Skandinavien war deutlich wärmer als erwartet. Hier haben wir also genau das gegenteilige Muster als im Juli, wo das prognostizierte Hoch südlicher verblieb. Man hätte also besser gleich eine Mittelprognose über beide Monate erstellt, um einen Volltreffer zu landen 😉
Bei der analysierten Niederschlagsverteilung ist hingegen nicht viel an der Prognose auszusetzen:
Abgesehen vom weniger nassen Skandinavien als erwartet stimmt die Verteilung von trockenen und feuchten Regionen relativ gut. Auffällig sind die zu nassen Gebiete in Südeuropa. Diese sind aber nicht überzubewerten: Ein einziges heftiges Gewitter im normalerweise völlig trockenen August schlägt in den Abweichungen enorm zu Buche. Sie sind aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erste Auswirkung der deutlich zu hohen Wassertemperaturen des Mittelmeers, was uns bereits einen Hinweis auf ein überdurchschnittliches Unwetterpotenzial im Herbst in diesen Regionen gibt.
Die Statistik über die Wetterlagenverteilung im südlichen Mitteleuropa präsentiert sich wie folgt:
Südwest- und Ostlagen waren je zu gleichen Teilen dominierend. Das Übergewicht von 18 trockenen Tagen zeigt, dass wir es mit mehrheitlich antizyklonalen (=hochdruckbestimmten) Wetterlagen zu tun hatten. Auch das Verhältnis von 17 heissen zu 4 kühlen Tagen lässt keine Zweifel am Witterungscharakter dieses bemerkenswerten Monats aufkommen.
Die Langfristprognose für den September findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.