Der August 2014 präsentierte sich in Mitteleuropa zweitgeteilt. War das erste Drittel durchaus noch hochsommerlich, gab es um den 10. August einen markanten Bruch: Ab diesem Zeitpunkt dominierten bis zum Monatsende West- und Nordlagen mit polaren Luftmassen. Daraus resultierte verbreitet der kühlste August seit 2006 und insbesondere in den Alpenländern verstärkte dies den Eindruck eines nicht stattgefundenen Sommers. Extrem war der Wetterumschwung im Norden Europas: Waren der Juli und das erste Augustdrittel heiss und trocken, schlug es nun ins pure Gegenteil um. Dabei waren die stark aufgewärmte Nord- und Ostsee unerschöpfliche Feuchtigkeitslieferanten.

Eine blitzreiche Gewitterfront beendete in Bern bereits in der Nacht vom 9. auf den 10. August den Sommer 2014
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den August, erstellt am 30. Juli, lautete wie folgt:
Für alle, die sich eine Normalisierung des mitteleuropäischen Sommerwetters wünschen, gibt es einen Silberstreif am Horizont: Nach den aktuellen Berechnungen des Langfristmodells CFS soll sich im August der mittlere Luftdruck über dem südlichen Ostatlantik im normalen Bereich befinden. Dies bedeutet, dass sich das Azorenhoch nach monatelangen Eskapaden endlich wieder seines angestammten Platzes besinnt. Eine negative Druckanomalie wird für den nördlichen Atlantik zwischen der Südspitze Grönlands und Irland berechnet. Damit kommt über dem Atlantik nach längerer Zeit wieder mal eine flotte Westströmung in Gang, allerdings auf südlicherer Zugbahn als für die Jahreszeit üblich. Die atlantischen Tiefdruckgebiete zielen somit direkt auf Westeuropa, was vor allem Nordspanien und den Britischen Inseln überdurchschnittlichen Niederschlag beschert. Ein nach wie vor blockierendes Hoch im Raum Skandinavien bis Westrussland sorgt zumindest noch in der ersten Monatshälfte dafür, dass die Westströmung über Mitteleuropa aufgespalten wird bzw. wechselweise scharf nach Norden umbiegt oder mittels Abtropfprozessen (wie im Juli mehrmals der Fall) von Tiefs in Richtung nördliches Mittelmeer gelenkt wird. Entsprechend findet sich über dem östlichen Mittelmeerraum eine weitere negative Druckanomalie mit entsprechendem Niederschlagsüberschuss in Südosteuropa mit Andeutungen bis nach Polen (mögliche Vb-Tiefs). Bei den Temperaturen zeichnet sich wie gehabt ein kräftiges, verkehrtes Nord-Süd-Gefälle ab: Deutlich zu warm wird der August in fast ganz Nordeuropa mit einem Hitzepol von durchschnittlich 20 Grad an der südlichen Ostsee berechnet, was einer Abweichung zur langjährigen Norm von +3 Grad entspricht. Südeuropa wird von negativen Abweichungen von 1 bis 3 Grad dominiert. Die Grenze zwischen überdurchschnittlicher und unterdurchschnittlicher Mitteltemperatur soll in einem Bogen von den Pyrenäen über Süddeutschland und Tschechien bis zur Ukraine zu liegen kommen. Der Witterungscharakter in Mitteleuropa bleibt somit wechselhaft mit längeren heissen und trockenen Phasen vor allem nach Nordosten hin. Dominanz eines bestimmten Wetterlagentyps ist nicht zu erkennen, die berechneten Druckfelder lassen wechselweise sowohl West-, Süd- wie auch Ostlagen zu. Eher selten sollten reine Nordlagen auftreten.
Die Grundlage für diese Prognose stellte diese Karte des amerikanischen Langfristmodells CFSv2, dargestellt ist die über den ganzen Monat gemittelte Druckanomalie in rund 5000 m Höhe:
Zum Vergleich die Reanalyse der National Oceanic & Atmospheric Adminstration NOAA:
Der Vergleich zwischen Prognose und Analyse zeigt, dass sich die Tiefdruckanomalie weit östlicher befand als vorhergesehen. Die Hochdruckblockade über Skandinavien wurde zwischen dem 9. und 13. August vom ehemaligen Hurrikan “Bertha” nach Osten verdrängt, das daraus entstandene Tiefdrucksystem blieb in der Folge stationär im Raum Nordsee liegen. Mitteleuropa gelangte dadurch zunächst in eine Westströmung und später in einen flachen Trog, der permanent Polarluft aus dem Raum Grönland/Island in unsere Region verfrachtete. Obwohl die Luftmassen bei uns vorwiegend aus westlichen Richtungen eintrafen, handelte es sich dabei nicht mehr um eine klassische Westlage. Die Klassifikation als “Trog Mitteleuropa” und somit als Grosswettertyp Nord vom 14. bis 24. August beruhte auch nicht auf einer typischen Nordlage, war aber aufgrund der Herkunft der Luftmassen konsequent.
Die Verlagerung der Druckzentren blieb nicht ohne Folgen auf die Temperaturen. Die folgenden Karten zeigen die Abweichung der Mitteltemperatur in rund 1500 m Höhe gegenüber der Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Ein Zwischenbilanz am 15. August zeigte noch eine gute Übereinstimmung mit der Monatsprognose, die zweite Monathälfte stellte dann jedoch alles auf den Kopf. Der Wärmeüberschuss von bis zu 3 Grad im nördlichen Mitteleuropa wurde vollständig abgebaut und am Ende resultierte ein Minus von 1 bis 2.5 Grad in Mitteleuropa und bis zu 3.5 Grad in der Bretagne. Die für den Raum Nord- und Ostsee erwartete Wärme ist nur noch weit im Osten zu finden. Die Umstellung der Grosswetterlage hatte auch eine deutliche Erwärmung im östlichen Mittelmeerraum zur Folge, wo statt eines zu kühlen nun ein deutlich zu warmer August resultierte. Dieses Beispiel verdeutlicht die Tatsache, dass Langfristprognosen im Spätsommer sehr unzuverlässig sind. Der Grund dafür ist in den meisten Fällen in Tropenstürmen zu finden, die nur kurzfristig prognostizierbar sind und die Wetterlage in den nördlichen Breiten völlig durcheinander bringen können, wenn sie in die Westwinddrift aufgenommen werden. Selbst die Mittelfristprognosen (4 bis 10 Tage) weisen aus demselben Grund im August und September im Jahresverlauf die statistisch schlechteste Trefferquote auf.
Ebenfalls ein interessantes Detail weist die Auswertung der Niederschlagsverteilung im Vergleich zum langjährigen Mittel auf:
Abgesehen vom Osten war es in Europa verbreitet zu nass, wenn auch vielerorts im vernünftigen Rahmen. Einzig an der Nord- und Ostsee waren die Überschüsse markant: Bis zu 7 mm täglich ergeben in der Monatssumme um 200 mm zusätzlich zur üblichen Regenmenge. Hier darf ausnahmsweise die sonst unwissenschaftliche Folgerung gezogen werden, dass diese Region für den aussergewöhnlich heissen Hochsommer bezahlt hat: Nord- und Ostsee wiesen Anfang August eine Wassertemperatur von 21 bis 24 Grad auf, das sind 3 bis 4 Grad über der Norm. Die Höhenkaltluft ab dem 10. August wurde über den warmen Wasserflächen zusätzlich labilisiert, was kräftige konvektive Prozesse in Gang setzte. Die Folge waren permanente Regengüsse und Gewitter, die sich auch in der Nacht nicht abschwächten, sondern im Gegenteil sogar verstärkt wurden. Durch die westliche Anströmung wurden dabei besonders die Westküsten Schleswig-Holsteins, Dänemarks, Südschwedens und der baltischen Staaten mit enormen Regenmengen eingedeckt.
Zum Schluss die statistische Auswertung der Wetterlagen im August 2014: