Nein, fotometeo.ch verschläft die Sonnenfinsternis nicht und will durchaus auch ein bisschen am aktuellen Hype teilnehmen. Das Verhalten der verschiedenen Wetteranbieter offenbart deren Ambitionen: Da sich die Prognosequalität von so kurzfristig sich ändernden Parametern wie Wolken und Nebel mit Annäherung an den fraglichen Zeitpunkt massiv verbessern, ist es wenig sinnvoll, solche Vorhersagen bereits mehrere Tage vor dem Ereignis zu veröffentlichen. Es sei denn, man ist keineswegs an der seriösen Information der Leserschaft interessiert sondern einzig daran, möglichst der erste zu sein um so viele Klicks und somit Werbeeinnahmen wie nur möglich zu generieren. Das bewusst werbefreie und kostenlose Portal fotometeo.ch erliegt dieser Versuchung nicht, man kann es dafür mit einer Spende belohnen. Leider hat seit Bestehen des PayPal-Spendenbuttons in zwei Jahren noch kein Leser diesen gefunden, daher der diskrete Hinweis, dass er sich in der Seitenleiste rechts befindet. Sie sichern damit das Fortbestehen dieses Blogs, herzlichen Dank!
Das Ereignis findet am Freitag, 20. März 2015 am Vormittag statt. Die Totalitätszone der Finsternis befindet sich in einem schmalen Streifen über dem Nordatlantik bis ins Nordpolarmeer. Auf festem Boden ist die Totalität einzig auf Spitzbergen zu beobachten, allerdings sind Wolkenlücken in der fraglichen Zeitspanne in der gesamten Totalitätszone dünn gesät, am ehesten wird man südlich von Island fündig. In Mitteleuropa beträgt der maximale Verfinsterungsgrad von Südost nach Nordwest zunehmend 66 bis 85 %. Die nachfolgende Grafik bietet einen raschen Überblick:
Meteorologisch bestehen dank einer Hochdruckbrücke über Mitteleuropa in den meisten Regionen sehr gute Chancen zur Beobachtung, der Himmel ist vielerorts nahezu wolkenlos und der gesamte deutschsprachige Raum ist niederschlagsfrei. Es gibt aber auch regionale Einschränkungen, die wir hier ansprechen müssen: Hohe Wolken bedecken einen Grossteil von Norddeutschland und der Alpenregion, sie sind aber meist so durchlässig, dass das Ereignis beobachtet werden kann und die Beobachtung mitunter sogar erleichtert wird. Ein dichter Cirrostratus ermöglicht das Fotografieren der Sonnenfinsternis ohne Filter (Vorsicht, bei Spiegelreflexkameras trotzdem NICHT durch den Sucher blicken, sondern die LiveView-Funktion über das Display nutzen!). Einzig im äussersten Norden sowie in der Südschweiz können die Schleierwolken zeitweise so dicht sein, dass eine durchgehende Beobachtung behindert wird. Dazu die Grafik des Anteils hoher Wolken:
Ein weiterer, lokal schwierig zu prognostizierender Faktor ist Nebel und Hochnebel. Dieser ist im Westen Deutschlands entlang des Rheins und hier insbesondere im Oberrheingraben sowie im Rhein-Main-Gebiet ein Thema. Etwas geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Nebel oder Hochnebel bis zur maximalen Bedeckung der Sonne durch den Mond im Alpenvorland und am Hochrhein, am Bodensee und im Donauraum, muss aber auch hier in Betracht gezogen werden. Folgende Grafik zeigt den erwarteten Bedeckungsgrad durch tiefe Wolken und Hochnebel, lokale Bodennebelfelder können leider nicht aufgelöst werden:
Immer wieder taucht die Frage auf, ob die Sonnenfinsternis Wolken aufzulockern vermag. Wahrscheinlich ist diese Information noch irgendwo in den Hinterköpfen aus dem Ereignis der Sonnenfinsternis im August 1999 vorhanden. An einem Sommernachmittag kann durch die Abschattung der Sonne durchaus die Erwärmung des Bodens und somit der Thermik so stark gebremst werden, dass die Entwicklung konvektiver Wolken behindert wird und sich Schönwetterwolken auflösen. Nicht ausreichend ist der Effekt bei ausgedehnter Bewölkung im Zusammenhang von Fronten, ebenso gering ist der Einfluss auf mittelhohe und hohe Bewölkung. An einem Vormittag Mitte März ist der Einfluss jedoch ein völlig anderer und verkehrt sich sogar ins Gegegenteil: Wer am frühen Vormittag noch im Nebel oder unter einer Hochnebeldecke sitzt, sollte für die Beobachtung den Standort wechseln. Durch die Reduktion der Sonneneinstrahlung wird nämlich die Erwärmung der bodennahen Luftschichten verzögert, sodass sich Nebel- und Hochnebelfelder langsamer auflösen als bei voller Sonnenkraft. Wir wünschen viel Glück bei der Beobachtung und hoffen, an dieser Stelle bis zum Freitagabend ein paar Eindrücke aus der Region Bern liefern zu können.
So präsentiert sich die Situation eine Stunde vor Beginn des Ereignisses:
Im Westen/Nordwesten Deutschlands wie erwartet eine zähe Sache. Oberrheingraben überraschend frei, wenn auch dunstig. Die hohen Wolkenfelder im Nordosten sind bereits “durch” und ziehen über Polen weg. Pech dürfte Hamburg haben: Der Stratus zieht weiter nach Südosten rein.
Der Satellitenfilm zeigt den wandernden Schatten über Europa hinweg:
Und so war die Sonnenfinsternis in der Region Bern zu sehen (Bildergalerie öffnet sich beim Klick ins Bild):
Rudi am 20. März 2015 um 11:49 Uhr
Danke für die tolle Beschreibung. Hier im Raum Graz ist es wolkenlos und die Sonnenfinsternis ist gut beobachtbar.