Novembriger kann ein November wie 2017 nicht sein. War dieser Spätherbstmonat in den letzten Jahren häufig von stabilen Hochdrucklagen, viel Nebel in den Niederungen und überdurchschnittlichem Sonnenschein in den Bergen geprägt, zeigte er sich in diesem Jahr wieder mal von einer Seite, die seinem Ruf gerecht wird: als trüber, unbeständiger, oft nasskalter Geselle. Eine stabile Hochdrucklage fehlte völlig, meist flossen feuchte Luftmassen aus Nordwest nach Mitteleuropa. Trotzdem war der November 2017 nicht unterkühlt, sondern im langjährigen Mittel unauffällig. Am meisten darüber freuen können sich die Betreiber der Skigebiete.
Die orniwetter.info/fotometeo.ch-Prognose für den November, erstellt am 31. Oktober, lautete wie folgt:
Das Langfristmodell CFS zeigt auch für den kommenden Monat recht viele verschiedene Varianten. Ein Muster wiederholt sich aber häufig, wenn auch mit Unterschieden in den Details. Der von uns herausgepickte Lauf zeigt ein etwas nach Norden verschobenes und deutlich stärkeres Azorenhoch als zu dieser Jahreszeit üblich. Eine zweite positive – wenn auch weniger ausgeprägte – Druckanomalie ist über Westrussland auszumachen. Die dazwischen liegende Hochdruckbrücke über Mitteleuropa hinweg zeigt je nach Lauf mehr oder weniger Schwäche, sodass wiederholt Tröge von der negativen Druckanomalie über dem Nordmeer nach Süden ausbrechen können. Die Häufigkeit dieser Trogaktivitäten, das Verhalten der daraus entstehenden Abtropftiefs im Mittelmeerraum und die Frage, wie schnell sich die Hochdruckbrücke jeweils erholen kann, ist entscheidend für unsere Novemberwitterung. Wir müssen also mit einem wechselhaften Monat rechnen, geprägt von jeweils ungefähr fünf bis acht Tagen dauernden Hoch- und Tiefdruckphasen. Entsprechend wird auch die Temperatur ein reges Auf und Ab veranstalten. In den kälteren Phasen sind Nachtfröste und Schneefälle bis ungefähr 500 m zu erwarten, in den wärmeren Phasen wird man vor allem in erhöhten Lagen viel Sonnenschein geniessen können, während sich in den Niederungen jahreszeitgemäss gerne Nebel und Hochnebel breit macht. Die häufigsten Grosswetterlagen sind West bis Nordwest, Trog West- bis Mitteleuropa sowie Brücke bis im günstigsten Fall auch mal Hoch Mitteleuropa. Kommt die Hochdruckbrücke nördlich zu liegen, kann sich vorübergehend auch mal für ein paar Tage eine Ostlage einstellen.
Die Temperaturkarte zeigt eine schwache negative Abweichung, welche von Island auf die Alpen gerichtet ist: eine Folge der angesprochenen Nordwestlagen. Skandinavien und Osteuropa sind unter den häufigen Vorderseiten eher mild. Nach den Erfahrungen der letzten Monate kann man davon ausgehen, dass der Betrag der negativen Abweichung zu stark gerechnet wird, für Mitteleuropa könnte also durchaus ein durchschnittlicher November resultieren. Diesen Klimawandel-Aufschlag müssen wir bei Hauptanströmung aus West bis Nord nun wohl dauerhaft im Kopf haben, bis das Langfristmodell sich den neuen Gegebenheiten anpasst.
Die Karte mit dem relativ trockenen Mitteleuropa deutet darauf hin, dass die durch die Trogaktivitäten verursachten Niederschlagsphasen jeweils von recht kurzer Dauer sein dürften und sich dahinter jeweils rasch wieder ruhiges Nebelwetter einstellt. Die abgetropften Tiefs sollen sich hauptsächlich über dem Mittelmeer austoben. Da sich diese CutOff-Tiefs und Kaltlufttropfen aber in der Regel sehr eigenwillig verhalten, sollte man sich in Mitteleuropa – insbesondere auf der Alpensüdseite und am Alpenostrand – nicht allzusehr in Sicherheit wiegen. Nur ein einziges Vb-Tief ist in der Lage, die ganze schöne Prognose ordentlich über den Haufen zu werfen. Die Niederschlagskarte deutet so etwas auch ansatzweise an.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Höhendruckfelds (5500 m) gegenüber dem langjährigen Mittel:
Erstaunlich genau wurde auch in diesem Monat die grossräumige Druckverteilung erfasst. Abweichungen findet man wie immer, wenn man ins Detail geht. So erstreckte sich das Azorenhoch etwas häufiger bis nach Island, wodurch die negative Druckanomalie etwas nach Osten in Richtung Skandinavien verschoben wurde. Für Europa spielte dies nur eine untergeordnete Rolle: Der dominierende Grosswettertyp war wie erwartet Nordwest, einzig der Westanteil wurde dadurch etwas geringer als erwartet. Das Russlandhoch war ebenso wie die Brücke über Mitteleuropa hinweg ein wenig schwächer als prognostiziert. Hier bringt ein relativ kleiner Unterschied eine schon etwas spürbarere Auswirkung, wie wir bei der Verteilung der Niederschläge sehen werden.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Der Vergleich zwischen Prognose und Analyse bei der Temperatur fällt bei der grossräumigen Betrachtung ebenfalls zufriedenstellend aus. Insbesondere der Wärmeüberschuss in Skandinavien und Osteuropa wurde sehr gut erfasst. Auch der kühle Nordwestwindgürtel von Island bis Westeuropa trat auf, wenn auch weniger deutlich als prognostiziert. Das kann durchaus mit der Fehlberechnung des Kältereservoirs über Grönland zusammenhängen. Der Grund für die markante Fehlprognose dort erschliesst sich anhand der Druckverteilung nicht sofort, hier stellt sich die Frage, ob bei den Ausgangsdaten etwas schiefgelaufen ist. Jedenfalls ist dies für die kommenden Wintermonate im Auge zu behalten. In Mitteleuropa kam also etwas weniger unterkühlte Luft aus Nordwesten an als erwartet, wodurch das Gebiet mit negativer Abweichung kleiner geriet als berechnet. Auf diese Möglichkeit hatten wir im Prognosetext hingewiesen, denn dieses Muster hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder gezeigt. Dennoch ist dieser Umstand bemerkenswert, da wir anhand der prognostizierten Druckverteilung ja von einem höheren Anteil Westlagen ausgingen. Trotz stärkerem Nordwestanteil also nicht mehr Kälte: Das Langfristmodell hat mit der Erwärmung der Arktis offenbar massivste Probleme. Freunde des gepflegten Winterwetters sollten daher ihre Erwartungen bei modellierten Nordwest- bis Nordlagen etwas herunterschrauben, vor allem wenn es um Schneefall bis in die tiefsten Lagen geht.
Die Niederschlagsverteilung präsentiert sich wie folgt:
Die oben angesprochene Differenz bei der Berechnung der Hochdruckbrücke über Mitteleuropa hinweg wirkt sich hier deutlich aus. Statt des erwarteten Niederschlagsdefizits in weiten Teilen Mitteleuropas war es vielerorts zu feucht, wenn auch nicht dramatisch. Besonders auffällig sind die Nordweststaugebiete von Schwarzwald, Vogesen und Alpennordhang. Die einzige kurze Südlage des Monats hat auch dem Süden Österreichs mehr Niederschlag gebracht, dies wiederum war in der Prognose enthalten. Der Gegensatz zur Nordstaulage zeigt sich in den westlichen Südalpen mit einem durch häufigen Nordföhn bedingten trockenen Gebiet. Noch weiter südlich im Mittelmeer wiederum war der November wie erwartet deutlich zu nass. Einen wesentlichen Anteil daran hatte der Medicane zur Monatsmitte, der rund ums Ionische Meer teils verheerende Überflutungen auslöste.
Auch in diesem Monat fällt die weiter oben angesprochene Diskrepanz zwischen Herkunft der Luftmasse und Witterungstyp auf. Die blauen Segmente beider Kreisdiagramme sollten sich ungefähr decken, von sieben Tagen Nordwest zyklonal und drei Tagen Trog Mitteleuropa brachte jedoch nur ein einziger Tag den Witterungstypus feucht-kalt. Die drei trocken-kalten Tage gehen immerhin auf das Konto der von Nordwest eingeleiteten Lage Brücke Mitteleuropa. Apropos Hochdruckbrücke: Die acht Tage des Grosswettertyps „Hoch“ sind auf eine Hochdruckbrücke zurückzuführen. Ein solch hoher Anteil Hochdrucklagen sollte eigentlich der Monatsbilanz einen freundlicheren Eindruck verleihen, doch die Brücke ist eben keine stabile Hochdrucklage. Insbesondere im Gefolge von Nordwest- und Troglagen tritt diese Grosswetterlage auf, dabei können sowohl vom nördlichen wie vom über dem Mittelmeer liegenden Tief immer wieder Störungsanteile Mitteleuropa beeinflussen. Auch stellt sich bei der Klassifizierung dieser Wetterlage stets die heikle Frage, wo im fliessenden Übergang Trog Mittel- bzw. Westeuropa aufhört und Brücke Mitteleuropa beginnt.
Die Langfristprognose für den Dezember findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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