“Nicht schon wieder…!”, mögen bei der Überschrift wohl viele ausrufen – wer mag es ihnen verdenken? Dabei wollte man an diesem kühlen, mancherorts fast schon herbstlich anmutenden Wochenende hoffen, dass es jetzt endlich vorbei ist. Nun: Vorbei ist es wahrscheinlich mit verbreitet extremer Hitze von über 35 Grad über mehrere Tage hinweg – zumindest auf der Alpennordseite. So ganz sicher ist das jedoch auch wieder nicht, wie wir gleich sehen werden. Immerhin ist die Hitze im seriösen Prognosebereich der nächsten Tage relativ erträglich, weil trocken. Und auch die einigermassen kühlen Nächte relativieren das Ganze etwas. Diese “Erträglichkeit” hat allerdings auch eine Kehrseite: die Trockenheit. Flächig ergiebige Niederschläge sind nämlich bis auf Weiteres nicht in Sicht.
Die Druckverteilung und die grossräumigen Strömungen über Europa präsentieren sich zu Beginn dieser Witterungsperiode wie folgt:
Am Boden spannt sich eine Hochdruckbrücke von den Azoren bis zur Ostsee und erreicht mit einem Kerndruck von über 1030 hPa einen für die Jahreszeit beachtlichen Wert. Gestützt wird sie durch hohes Geopotenzial, das sich vom mittleren Nordatlantik allmählich nach Osten veragert. Dabei zwingt es den Trog über der Ostsee zum Abtropfen, und genau dieser Kaltlufttropfen wird uns gegen Ende der Woche beschäftigen: Wie weit wird er sich am Südrand des Hochs nach Westen bewegen? Und falls: In welchem Zustand wird er im Alpenraum eintreffen? Es gibt nämlich einen gewichtigen Gegenspieler: unseren Dauergast dieses Sommers vor Portugal. Dieses Höhentief steuert aus Süden (wieder mal) Heissluft in Richtung Westeuropa und wird den Kaltlufttropfen aus Osten ausbremsen. Die Frage, die sich stellt: Wer gewinnt, bzw. wer ist schneller und stärker? Und erst wenn diese Frage geklärt ist, dürfen wir uns etwa zur Mitte der nächsten Woche die nächste stellen: Schafft es die allmählich erstarkende Westdrift auf dem Nordatlantik, mal einen ordentlichen Schwall kühlerer und feuchterer Luftmassen bis nach Mitteleuropa zu verfrachten? Wir hätten dann schon nach Mitte August und das wäre der typische Zeitpunkt für das Ende des Hochsommers. Doch so weit sind wir noch nicht…
Dieser Kampf der Luftmassen in unserer Nähe lässt sich im Film noch etwas besser darstellen:
Dies ist allerdings nur die Hauptlauf-Variante des europäischen Modells, es gibt davon viele Spielarten gemäss der legendären Eigenwilligkeit von Kaltlufttropfen. Entsprechend streuen auch die Ensembles:
Im Westen und abseits der Alpen wie am Beispiel von Basel gezeigt, bleibt es mit Bise bis Samstag mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit trocken. Der Kaltlufttropfen würde allenfalls die Gewitterneigung in den Alpen erhöhen, dies im Osten stärker als im Westen. Dabei werden täglich Höchstwerte um 30 Grad oder knapp darüber erreicht, während die Nächte mit rund 15 Grad noch recht gut auskühlen und somit in der langjährigen Norm liegen. Ab Sonntag nimmt die Streuung bei der Bewölkung und bei der Niederschlagswahrscheinlichkeit markant zu, erst ab Montag gibt es auch bei der Temperatur deutliche Signale nach unten. Dass dieses Szenario eine gute Vertrauenswürdigkeit verdient, zeigt das ähnliche Ensemble des amerikanischen Modells:
Demnach ist eine kühlere und nassere Phase erst zur Mitte nächster Woche zu erwarten. Bis zum Sonntag ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es abseits der Alpen einfach nur sonnig, mässig heiss und trocken bleibt. Geht es nach dem Hauptlauf, ist danach aber der Sommer noch nicht zu Ende. Das ist zwar die übliche Glaskugel-Leserei, würde aber aufgrund des bisherigen Sommerverlaufs nicht erstaunen.
Zur Veranschaulichung, wie stark die Hochdruckbrücke ist und wie das CutOff im Osten seine Spur zieht, sei noch die Niederschlagssummenkarte bis Sonntagmittag angefügt:
Was danach folgt, damit beschäftigen wir uns besser erst eingehender, wenn es in die seriöse Prognosefrist rückt.
Wie dringend flächiger Niederschlag wäre und dass die Gewitter vom vergangenen Freitag keine Entspannung, sondern höchstens eine kurze Linderung brachten, zeigt die aktuelle Situation des europäischen Dürremonitorings. Mit einer weiteren Woche trockener Hitze und Wind wird sich die Situation weiter verschärfen:
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Microwave am 8. August 2022 um 19:11 Uhr
“Bis zum Sonntag […] nur sonnig, mässig heiss und trocken […]” Naja, who would’ve expected something different … Meine Haut ist unterzwischen an der Belastungsgrenze angekommen, inkl. Sonnenbrand und so :\ . Und ja, ich habe mich eingecremet… Ich warte dann mal auf die Westdrift Mitte-Ende August, was ja auch erwartbar wäre wegen dem Siebenschläferzeitraum. Danke gleich für die Vorschau und beste Grüsse – Microwave