Nach der totalen Sonnenfinsternis im März präsentiert uns das Jahr 2015 auch noch eine totale Mondfinsternis. Am Montagmorgen, 28. September ist es so weit: Der Vollmond tritt in den Schatten der Erde ein und verfinstert sich. Dabei wird der Mond nicht vollständig verdunkelt, sondern verfärbt sich rot bis bräunlich, man nennt das Phänomen auch “Blutmond”. Da sich der Mond auf seiner Umlaufbahn derzeit am nähesten bei der Erde befindet, nämlich bei rund 357’000 statt der durchschnittlichen 384’000 km, erscheint er von uns aus gesehen etwa 14 % grösser als üblich. Das Ereignis dürfte hiermit spektakulärer wirken als ohnehin schon – vorausgesetzt natürlich, das Wetter spielt mit!
Bevor wir uns mit den meteorologischen Bedingungen in Mitteleuropa befassen, kurz ein paar Eckdaten zu den astronomischen Daten: Der Mond tritt um 03:07 Uhr MESZ in den Kernschatten ein (Beginn der partiellen Finsternis) und verlässt ihn wieder um 06:27 Uhr. Die Totalitätsphase beginnt um 04:11 Uhr und endet um 05:23 Uhr. Die stärkste Verfinsterung erfolgt um 04:47 Uhr. Zu sehen ist das Spektakel in Richtung Südwest bis West, während der Totalitätsphase steht der Mond etwa 25 Grad über dem Horizont (bezogen auf das südliche Mitteleuropa), man sollte also bei der Wahl des Beobachtungsstandortes darauf achten, dass in Richtung W-SW keine Berge im Wege stehen.
Wetterprognose für Mitteleuropa, Stand Samstag 18:00 Uhr (wird bei Bedarf aktualisiert):
Die positive Nachricht vorweg: Mit nennenswertem Niederschlag ist Montag früh in ganz Mitteleuropa nicht zu rechnen. Verantwortlich dafür ist ein kräftiges Hochdruckgebiet mit Zentrum über der Nordsee. Leider bedeutet diese Position des Hochs zu dieser Jahreszeit, dass sich nachts vielerorts Nebel- und Hochnebelfelder ausbreiten, was lokale Prognosen erschwert. Wir können hiermit nur ungefähre Chancen für Grossregionen angeben, innerhalb dieser können mitunter nur geringe lokale Verschiebungen Erfolg bringen. Eine grobe Übersicht über die Verteilung der Wolken zur Totalitätsphase bietet folgende Karte:
Grau bis weiss sind Gebiete mit tiefen Wolken. Mittelhohe und hohe Wolken spielen kaum eine Rolle, ausgenommen in Südostösterreich, wo dichte Schleierwolken zusätzlich die Sicht auf den Mond eintrüben können. Schwerpunktmässig lassen sich zwei Grossregionen ausmachen, in denen die Chancen für die Sichtbarkeit deutlich unter 50 % liegen: Einerseits das Gebiet von der Nordsee bis zur nördlichen Mittelgebirgsschwelle in Nordwestdeutschland, andererseits das Alpenvorland in Österreich sowie weite Teile Bayerns. Auch auf der Alpensüdseite der Schweiz und in Südtirol sind die Beobachtungsschancen gering. In allen übrigen Gebieten (dunkelgrau bis grün auf der Karte) stehen die Chancen für eine zumindest zeitweilig freie Sicht recht gut. Generell gilt: Flussniederungen sind wegen der Gefahr von Nebelbildung zu meiden, mit dem Aufstieg in Hügelgebiete verbessert man die Bedingungen für störungsfreie Sicht markant. In den Ostalpen dürften nur die höchsten Gipfel (über 2500 m) aus der Stratusschicht herausragen, nach Westen hin ist die Wolkenobergrenze tiefer. Allerdings ist bei der Wahl des Beobachtungsstandortes auch auf den Wind zu achten, dieser weht nämlich in der Höhe kräftig aus Ost bis Nordost, auf den Gipfeln von Schwarzwald und Jura gar stürmisch, was bei einstelligen Temperaturen durch Mark und Bein geht und den Fotografen etliche Rüttler am Stativ verursachen kann. Am besten wählt man also den Windschutz eines Gebäudes oder eines Waldes im Osten, was zum Glück die freie Sicht nach West bis Südwest erlaubt.
Aktuelle Situation Sonntag 19:00 Uhr, Nowcasting:
An den grossräumigen Verhältnissen hat sich gegenüber der Prognose vom Samstag nicht viel geändert. Man erkennt auf dem Satellitenbild vor Sonnenuntergang lockere, sich in Auflösung befindende Bewölkung über dem Flachland. Sie war tagsüber durch Thermik bedingt entstanden, welche mit sinkendem Sonnenstand zum Erliegen kommt. In der Nacht überwiegt die absinkende und somit wolkenauflösende Wirkung des Hochdruckgebiets. Ausnahmen bilden die küstennahen Gebiete der Nordsee, wo die Feuchtigkeit der tiefen Luftschicht durch das Meer bedingt höher liegt, sie wird mit dem Nordwind auch noch ein Stück landeinwärts getragen. Dasselbe gilt für den Alpennordrand, wo durch den Nordostwind die Feuchtigkeit gefangen bleibt. Hier liegt die Wolkenobergrenze derzeit etwas über 2500 m, sie sinkt in der Nacht noch leicht ab, die Chancen hier unterhalb von 2400 m freie Sicht zu bekommen, sind allerdings gering. Ebenfalls nicht sehr gut stehen die Aussichten auf den Nord- bis Ostseiten der Mittelgebirge (Schwarzwald, Erzgebirge, Thüringer Wald), wo sich die Feuchtigkeit staut bzw. gehoben wird. Am besten postiert man sich also für die Beobachtung auf den Leeseiten der Gebirge, also an deren Westhängen in leicht erhöhter Position (was aufgrund des sinkenden Mondstandes zum Ende der Totalität hin ohnehin ratsam ist). Sehr schwierig zu prognostizieren bleiben die sich bildenden Nebelfelder in den Niederungen. Durchgreifender Wind verhindert diese, in windgeschützten Tal- und Muldenlagen ist aber in den frühen Morgenstunden mit sich ausbreitendem Nebel zu rechnen. Wir wünschen allen Beobachtern gute Sicht auf das eindrückliche Naturschauspiel!
Situation während der Mondfinsternis:
Weite Teile Mitteleuropas sind wolkenfrei. Dichter Stratus herrscht wie erwartet an der Nordsee bis etwa ins Münsterland, im österreichischen Alpenvorland und in Niederbayern sowie an der Nordseite vom Erzgebirge. Überraschend vollständig aufgelöst hat sich der Hochnebel im Schweizer Mittelland, in Baden-Württemberg, Schwaben und Oberbayern. Einzig den Voralpen entlang halten sich westlich von Salzburg stellenweise (kaum sichtbar auf dem Satellitenbild) kleinere Hochnebelreste, so etwa im luzernischen Entlebuch sowie vom westlichen Berner Oberland bis zum Genfersee. Für unsere eigenen Bilder war keine Standortverlagerung notwendig, über Bern herrschte während der gesamten Mondfinsternis wolkenloser Himmel. Der Wind war lokal sehr unterschiedlich, an exponierten Stellen wehte er auch in den Niederungen mit Böen bis zu 40 km/h, auf den Jurahöhen (z.B. Chasseral 1600 m) um 70 km/h. In einigen Muldenlagen griff der Wind nicht mehr durch, die uns vorliegenden Stationswerte zeigen nur vereinzelte Nebelbildung in Gewässernähe.
Nachfolgend noch ein paar Eindrücke, aufgenommen in Muri bei Bern: