Es gibt etwas in der Fotografie, bei dem man alt werden kann, bis man es perfekt beherrscht: Astronomische Phänomene wie die Mondfinsternis. Zumindest wenn man nach dem Prinzip learning by doing vorgeht, also aus den gemachten Fehlern lernt und es beim nächsten Mal besser machen will. Bei der totalen Mondfinsternis hat man immerhin das Glück, dass sie fast jedes Jahr mal auftritt. Braucht man nur noch Wetterglück – in Mitteleuropa nicht selbstverständlich – und so kommt man alle paar Jahre dazu, sein Können zu verbessern. Gesagt – getan: neuer Anlauf nach September 2015!
Die Ausgangslage war diesmal speziell, denn der Mond ging bereits teilverfinstert um 21:00 Uhr MESZ auf. Für Bern ein Glücksfall, versprach es doch ein Spektakel direkt über den Berner Alpen zu werden. Wäre da nur nicht Hochsommer, was selbst bei Hochdrucklagen Quellbewölkung über den Alpen bedeutet. Für den Mondaufgang musste also spekuliert werden, für den Rest konnte man anhand des sonst nahezu wolkenlosen Himmels zuversichtlich sein. Also ein Plätzchen mit guter Sicht nach Südosten aufsuchen – was in Muri bei Bern kein Problem darstellt – und hoffen.
Dieser Platz scheint mir geeignet: Sowohl freie Sicht nach Südost wie auch interessanter Vordergrund, den man in die Bilder einbeziehen kann. Kurz nach Sonnenuntergang um 21:15 Uhr zeigen sich die Alpen wie erwartet in Quellwolken gehüllt, darüber liegt etwas Dunst. Etwas Sorgenfalten bereitet mir die soeben in Entstehung begriffene Altocumulus-Bank. Und Mist: Ich hab das Mückenschutzmittel nicht mitgenommen. Als ob es des Beweises bedurfte, dass Mücken sich auch bei trockener Witterung bestens fortpflanzen können…
21:36 Uhr: Nach kurzer Wartezeit erhebt sich der teilverfinsterte Mond aus den Quellwolken, die das Schreckhorn einhüllen. Aufgrund der noch nicht weit fortgeschrittenen Dämmerung ist der Mond von blossem Auge kaum zu erkennen.
Wer findet den Mond? 21:49 Uhr: Die oben erwähnte Altocumulus-Bank leistet ganze Arbeit. Doch da die Quellwolken die Sicht auf die Alpen immer noch nicht freigeben, ist es zu verschmerzen. Zu schön wäre ein Bild des Mondes über dem Schreckhorn gewesen, doch dazu ist eben die falsche Jahreszeit. Nicht jammern, das Wetter könnte auch viel schlechter sein…
21:52 Uhr: Endlich zeigt er sich wieder, der Wicht! Die Silhouetten von Schreckhorn und Finsteraarhorn werden nun auch allmählich frei, irgendwo im Nordtessin versucht sich noch eine Quellwolke erfolglos gegen den Deckel zu stemmen.
22:03 Uhr: Na also, geht doch! Unten rechts ist zudem soeben der Mars aufgegangen, der momentan sehr nah zur Erde steht und daher aussergewöhnlich gross erscheint.
22:17 Uhr: Mit der Blauen Stunde beginnt es so richtig Freude zu machen. Der Mond ist zum perfekten Zeitpunkt in der Totalitätsphase der Finsternis. Dieser Umstand ist für Fotografen weitaus wichtiger als die Tatsache, dass es sich dabei um die längste Mondfinsternis des Jahrhunderts handelt.
22:25 Uhr: Einen Vorteil hat die lange Totalitätsphase aber schon: Man kann stressfrei verschiedene Einstellungen ausprobieren und den Standort wechseln, um mit dem Vordergrund zu spielen. Und: Es ist angenehm warm, das ist für ein Sommerkind wie mich noch fast wichtiger 🙂
22:36 Uhr Mondfinsternis und Mars über der Gümligen-Skyline
22:44 Uhr: Nun ist es richtig Nacht geworden, Zeit für ein paar Nahaufnahmen. Wenn man zu lange belichtet, hat man sofort Bewegungsunschärfe drin. Mehr als eine halbe Sekunde mag es nicht leiden. Glücklich, wer die ISO auf 1600 hochschrauben kann, ohne dass es gleich rauscht wie Sau. Mit dem Ergebnis darf ich diesmal zufrieden sein. Verbessern lässt sich immer noch einiges, und wer weiss wie weit die Technik bei der nächsten Gelegenheit ist…
Kurt Nadler am 4. August 2018 um 10:36 Uhr
Liebe Fabienne!
Anlässlich des gewohnten Monatsprognosenbesuchs bin ich über Deine Mondreportage gestolpert.
Nettes Gschichtl und super Fotos, gute Kamera.
Mit freiem Aug war ja nicht wirklich was zu erleben, wenn ich das einmal so ausdrücken kann.
Beste Grüße
Kurt