Dem Wetter am 27. Juni wird aufgrund der Siebenschläfer-Regel immer besondere Aufmerksamkeit geschenkt. „Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag“ wird jedoch allzu häufig wörtlich genommen, was speziell in diesem Jahr einen kalten und nassen Hochsommer bedeuten würde. Zum Glück bedarf es zur Auslegung dieser Wetterregel einen etwas weiteren Horizont, sodass wir für den weiteren Verlauf dieses Sommers vorsichtig optimistisch sein dürfen.
Bereits vor Jahresfrist hat dieser Blog die richtige Auslegung der Siebenschläfer-Regel etwas näher erläutert und eine Hochsommer-Prognose gewagt. Prognose wie Verifikation kann man leicht mithilfe der Stichworteingabe „Siebenschläfer“ finden. War die Situation vor einem Jahr um den Monatswechsel Juni/Juli relativ eindeutig und hat auch zu einer recht verlässlichen Prognose bei richtiger Interpretation und Anwendung geführt, muss man in diesem Jahr noch ein wenig genauer hinschauen. Denn derzeit befindet sich Mitteleuropa genau zum Lostag in einer Luftmasse, die sich nahe am unteren Grenzbereich des zu dieser Zeit klimatologisch Möglichen befindet:
Die aktuelle Grosswetterlage ist eine Mischung zwischen Trog Mitteleuropa und Tief Mitteleuropa. Höhenkaltluft hat sich genau über unseren Köpfen eingenistet und labilisiert die Luftschichtung, was zu erhöhter Schauer- und Gewitterneigung beiträgt. Am Boden fliesst zwischen dem Hoch im Westen und dem Tief im Osten sehr kühle Polarluft aus Nordwest bis Nord in Richtung Alpen. Die Tageshöchstwerte kommen zwischen 15 und 20 Grad zu liegen, in den frühen Morgenstunden ist in erhöhten Muldenlagen bei klarem Himmel sogar Bodenfrost möglich. Das ist bestimmt nicht das Wetter, das wir uns für die nächsten sieben Wochen wünschen…
Doch keine Sorge: Die Fixierung der Siebenschläfer-Regel auf den Lostag 27. Juni ist grundfalsch, auch wenn sie in dieser vereinfachten Form immer wieder unter die Leute gebracht wird. Zum Einen hat die Kalenderreform von 1582 eine Verschiebung alter Bauernregeln um 10 Tage nach hinten verursacht, zum Anderen ist jedem interessierten Wetterbeobachter klar, dass das Wetter eines bestimmten Tages niemals sieben Wochen anhält. Vielmehr müssen wir uns über die Witterung im Zeitabschnitt um den Monatswechsel und speziell im ersten Julidrittel klar werden. Die Regel hat ihre Treffsicherheit von 60 bis 80 % in Süddeutschland und in den Alpenländern dadurch erlangt, dass im fraglichen Zeitabschnitt die Grosswetterlage vom Frühlingsmuster ins Sommermuster umstellt. Befinden wir uns in dieser letzten Juniwoche noch fest im Griff des Musters der vergangenen Wochen und Monate mit regelmässig wiederkehrenden Kaltlufteinbrüchen mit teils ergiebigen Niederschlägen, dürfen wir in der ersten Juliwoche mit einer allmählichen Umstellung rechnen:
Diese Karte zeigt das Ensemble-Mittel der Bodendruckverteilung am 7. Juli (schwarze Isobaren). Die blauen Zonen zeigen, wo die Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit eine gute Zuverlässigkeit aufweist, die gelben Zonen weisen etwas mehr Unsicherheiten auf. Zu erkennen ist im Gegensatz zur aktuellen Wetterlage, dass sich die Tiefdrucktätigkeit aus Mitteleuropa verabschiedet und sich hauptsächlich auf Nordeuropa konzentriert. Die Unsicherheiten hier sind durch die ungenaue Position der Tiefs auf ihrem Weg von West nach Ost im Prognosezeitraum von 10 Tagen gegeben. Recht sicher ist die für den Hochsommer typische flache Druckverteilung in Südeuropa. Für Mitteleuropa relevant ist der Keil des Azorenhochs, der sich bis zu uns erstreckt und atlantische Störungen weitgehend vom südlichen Mitteleuropa fernhält, sie können aber noch das nördliche Mitteleuropa streifen. Was dies für die Temperaturen bedeutet zeigt die nächste Karte:
Dargestellt sind hier mit den schwarzen Linien die Temperaturen in ungefähr 1500 m Höhe am 7. Juli 2013, auch hier erscheinen unsichere Gebiete in Gelbtönen, Gebiete mit höherer Trefferwahrscheinlichkeit in Blautönen. Ungefähr 12 Grad mit einer Standardabweichung von 2 bis 3 Grad im südlichen Mitteleuropa bedeuten angenehm sommerliche Tageshöchstwerte in den Niederungen um 25 Grad herum.
Die Prognose zeigt also für das erste Julidrittel eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die Grosswetterlage umstellt und das Azorenhoch einen stärkeren Einfluss auf unser Wetter nimmt. Umgelegt auf die Siebenschläfer-Regel bedeutet dies, dass wir mit einem durchschnittlichen Hochsommer in Mitteleuropa rechnen dürfen. Bei dieser Konstellation kann das Hoch zwar zwischendurch Schwäche zeigen und sich etwas nach Westen zurückziehen, was kurze Einbrüche kühlerer Meeresluft ermöglicht. Insgesamt dürfte sich der Hochsommer aber von der recht freundlichen Seite zeigen. Hitzewellen fallen bei diesem Grosswetterlagenmuster eher gemässigt aus und dauern in der Regel auch nicht allzu lange, die erwähnten atlantischen Störungen bringen immer wieder etwas Frischluft. Die Wetterwechsel können mitunter markante Temperaturschwankungen bringen, längere Phasen mit tiefdruckbestimmtem Wetter und somit tagelange Regenperioden sind aber eher selten. Es ist damit zu rechnen, dass sich das Wetter mit der fortschreitenden Jahreszeit weiter stabilisiert, längere Hochdrucklagen mit sehr warmen bis heissen Phasen also ab Ende Juli wahrscheinlicher werden als im Zeitraum davor.