Am Siebenschläfertag (Beitrag vom 27. Juni) mussten wir feststellen, dass es bezüglich der Prognosen für das erste Julidrittel noch gewisse Unsicherheiten gab und deshalb die Aussagekraft für die moderne Auslegung der Bauernregel zweifelhaft war. Da sich durch die gregorianische Kalenderreform die Lostage um bis zu zehn Tage verschoben haben, ist nicht mehr der 27. Juni massgeblich, sondern ein nicht näher definierbarer Zeitraum in der ersten Juliwoche. Nicht exakt lässt sich der Lostag bestimmen, weil man nicht weiss, wann genau – also wie lange – vor der Kalenderreform die Regel entstanden ist. Für die moderne Auslegung der Regel spielt dieser eine Tag aber auch keine Rolle, denn für die Entwicklung des Hochsommers ist die grossräumige Zirkulation massgeblich, und diese muss über einige Tage hinweg analysiert werden.

Abweichung der Mitteltemperatur von der Klimanorm 1981-2010 des Monats Juli (Analyse bis 06.07. + Prognose 07.-13.07.2017) Quelle: karstenhaustein.com
Was geschah also bisher in jenem für die Regel wichtigen Zeitraum? Zum Monatswechsel stellte sich eine kühlere Tiefdrucklage über Mitteleuropa ein. Seit dem 3. Juli sorgte die Grosswetterlage West antizyklonal für eine rasche Erwärmung bis zur Hitze im südlichen Mitteleuropa, während es im Norden mit gedämpften Temperaturen und wechselhaft weiterging. Dieser Zustand hält bis heute an, der Jetstream zielt vom Atlantik direkt auf das nördliche Mitteleuropa:
Im ersten Siebenschläfer-Beitrag haben wir auf die Temperaturanomalien im Nordatlantik hingewiesen, welche für regelmässige Austrogungen, also Störungen der Westdrift, verantwortlich sind. Da die Wassertemperatur träge reagiert, ist nicht mit einer grundlegenden Änderung im Verlauf des Hochsommers zu rechnen. Die Frage war einzig, ob der Einfluss der Wassertemperaturen oder jener des Jetstreams stärker zu gewichten ist. Auch bezüglich der Pattsituation vor zehn Tagen hat sich kaum etwas geändert, denn die nächste Austrogung ist bereits in den Wettermodellen zu sehen:
Der Jetstream ist allerdings auf dem Atlantik stark genug, um die auf dem östlichen Atlantik entstehenden Langwellentröge immer wieder in den Kontinent zu schieben. Dieser Prozess läuft relativ gemächlich ab, sodass wir jeweils ungefähr eine Woche im Hochdruckeinfluss mit hohen Temperaturen zu liegen kommen, danach wieder eine Woche unter dem Trog mit seiner kühleren Rückseite. Dabei geht der Wechsel von warm zu kühl jeweils mit teils heftigen Gewittern und kräftigen Niederschlägen (wenn auch leider nicht geografisch gleichmässig verteilt) einher. Der Übergang von kühl zu warm mit zunehmendem Hochdruckeinfluss sorgt dann jeweils wieder für ein bis zwei angenehm temperierte Tage, bevor die nächste mehr oder weniger kurze Hitzewelle anrollt. Dieses Muster kann man in unserem Wetterlagenkalender recht gut nachvollziehen. Das Resultat: Über den gesamten Hochsommer gemittelt dürften die Temperaturen ungefähr im Bereich der langjährigen Norm zu liegen kommen. Im südlichen Mitteleuropa wahrscheinlich leicht im Plus, im Norden leicht im Minus, so wie dies die Titelkarte darstellt.
Der oben geschilderten Abfolge müsste also nach einer kühleren Phase um die Monatsmitte wieder eine Trogvorderseite mit südwestlicher bis südlicher Anströmung folgen. Tatsächlich ist eine solche im amerikanischen Modell GFS zu sehen:
Hierbei handelt es sich allerdings um einen Ausblick auf zwölf Tage hinaus, entsprechend steigt die Unsicherheit der Vorhersage. Um die Güte einer solchen Prognose einschätzen zu können, bedienen wir uns der Darstellung der Streuung aller 20 Ensemble-Läufe des Modells:
Das Grundmuster einer strammen Westströmung über dem westlichen Nordatlantik mit Austrogungstendenzen über West- und Mitteleuropa sind anhand der schwarzen Linien gut zu erkennen. Die gelb bis rot eingefärbten Gebiete drücken die Unsicherheit der genauen Position der ziehenden Tiefdruckgebiete aus. Die Positionen der Hochdruckgebiete scheinen aufgrund der blau unterlegten Gebiete jedoch relativ sicher zu sein, hierbei ist für uns vor allem die nach Westen verschobene Position des Azorenhochs interessant.
Fazit: Das am Siebenschläfertag noch als unsicher bezeichnete Muster scheint sich zu bestätigen. Wir bekommen es also mit einem Achterbahnsommer zu tun: ein Begriff für länger anhaltende (ungefähr eine Woche) kühle und warme bis heisse Perioden, die sich immer wieder abwechseln. Wäre der Jetstream noch stärker und die Temperaturverteilung des Wassers im Nordatlantik der Norm entsprechend, wären die Tröge weniger tief und würden sich rascher bewegen, was den heissen und kühlen Phasen etwas die Spitze brechen würde, so wie wir es im Sommer 2016 erleben durften. Bei der diesjährigen Konstellation ist unser Kreislaufsystem hingegen etwas stärker herausgefordert und auch das Unwetterpotenzial deutlich erhöht.
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