Mit dem Siebenschläfertag (27. Juni) steht ein meteorologischer Lostag ins Haus, der immer mehr Beachtung findet. Denn eine Bauernregel besagt: “Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag.” Da diese sieben Wochen ziemlich genau die Ferienzeit abdecken, ist das Interesse gross, ob die Regel zutrifft und wie man sie interpretieren muss. Doch so simpel, wie sie im Spruch daherkommt, ist die Angelegenheit nicht.

Nächtliches Unwetter über dem Berner Mittelland am 23. Juni 1991 von Biel aus gesehen (Scan vom Dia)
Angesichts der sommerlichen Prognosen für den Mittwoch, 27. Juni 2012 – zumindest für die Südhälfte Deutschlands und den Alpenraum – ist man versucht zu sagen, dass wir einen sehr sonnigen und warmen Hochsommer erwarten dürfen. Entsprechende Schlagzeilen rauschen denn auch schon durch den heutigen Blätterwald. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail, und derer gibt es in diesem Fall sogar mehrere zu beachten:
Da ist erst mal das Alter der Bauernregel und die Kalenderreform von 1582, bei welcher 10 Tage gestrichen wurden. Der Sonnenstand des 27. Juni von damals entspricht somit dem heutigen vom 7. Juli. Wenn man es denn so genau nehmen müsste, denn jedem Wetterbeobachter ist klar, dass das Wetter eines bestimmten Tages niemals ganze sieben Wochen anhalten wird. Vielmehr ist die Witterung über ein paar Tage massgebend für die richtige Auslegung der Bauernregel. Am besten betrachtet man also die vorherrschende Grosswetterlage um den Monatswechsel Juni/Juli etwas genauer.
In der Tat konnte man durch die Auswertung langjähriger Wetteraufzeichnungen feststellen, dass die Siebenschläfer-Regel unter Berücksichtigung der Grosswetterlage für den süddeutschen bzw. den Alpenraum je nach Region in 60 bis 80 % der Fälle zutrifft. Der Grund liegt darin, dass sich Ende Juni bis Anfang Juli der Jetstream (das wetterbestimmende Starkwindband in rund 10 km Höhe) in eine hochsommerliche (nördliche) Position bringt und in den meisten Fällen ungefähr so verbleibt, bevor er sich mit dem Sonnenstand im Spätsommer wieder nach Süden bewegt. Es gibt allerdings Ausnahmen: Verbleibt der Jetstream im Hochsommer in einer ungewöhnlich südlichen Position, liegen auch die Tiefdruckgebiete und die Frontalzonen weiterhin über Mitteleuropa, was eher kühles und wechselhaftes Wetter mit sich bringt. Ein stark mäandrierender Jetstream hingegen ist eher dafür verantwortlich, dass es zwischen West- und Osteuropa ein starkes Temperaturgefälle gibt, mit erhöhtem Unwetterpotenzial entlang der Luftmassengrenze. Genau dies trifft aktuell zu, hier die Prognose für die Lage des Jetstreams am 1. Juli 2012:
Hier ist gut zu erkennen, dass der stark mäandrierende Jeststream über dem Ostatlantik sehr weit in den Süden, nämlich bis Portugal ausgreift, um dann wieder nach Norden abzubiegen. Damit ist eine starke Austrogung des Polartiefs verbunden, welche in der Höhe Kaltluft weit in den Süden transportiert, während auf der Vorderseite (also im Osten) des Troges sehr warme Luft nach Mitteleuropa und sogar bis nach Skandinavien gelangt:
Solch ausgeprägte Wellen in der Westströmung bewegen sich in der Regel nur sehr langsam ostwärts, während kleine Wellen schneller wandern. Man muss also damit rechnen, dass der Osten des Kontinents noch länger in der warmen Südströmung verbleibt, während der Westen in eine kühle Nordströmung gelangt. Die Luftmassengrenze verläuft ungefähr im Alpenraum mit einem Temperaturgefälle von etwa 15 Grad auf relativ engem Raum. Man braucht kein Experte zu sein um festzustellen, dass wir es hier mit einer extrem unwetterträchtigen Lage zu tun haben.
Doch wie steht es nun mit dem Prognosezeitraum der Siebenschläfer-Regel? Sehr weit nach Süden ausgreifende und langsam nach Osten wandernde Tröge haben zur Folge, dass das Wetter nicht rasch folgenden Wechseln unterworfen ist, sondern dass sich eher längere heisse mit kühlen Phasen abwechseln. Diese Phasen können jeweils eine bis zu drei Wochen anhalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass auf zwei Wochen Hitzewelle eine Woche nasses und kühles, darauf wieder eine Hitzewelle folgt, ist in diesem Sommer relativ hoch. Da die wärmeren Phasen dabei meistens länger dauern als die kühlen, wird der Hochsommer im Mittel eher zu warm ausfallen. Aber auch zu nass, wobei durch die Gewittertätigkeit starke regionale Unterschiede auftreten können.
Dass das Titelbild aus dem Jahre 1991 trotz seiner veralteten Technik nicht zufällig gewählt ist, sei hiermit auch noch erklärt: 1991 war die Grosswetterlage Ende Juni ähnlich wie heute. Es folgte ein sehr warmer Juli mit Kaltlufteinschüben und einigen Unwettern in den Übergängen, diese Witterung hielt wie die Siebenschläfer-Regel besagt bis Mitte August. Danach folgte ein Rekord-Spätsommer mit ausgeprägter Trockenheit und einem deutlichen Wärmeüberschuss bis zum 22. September. Ob dies auch 2012 zutreffen wird, darüber sagt die Siebenschläfer-Regel nichts mehr aus und jegliche Mutmassungen meinerseits darüber wären unseriös. Wer sich aber für den Witterungsverlauf des Jahres 1991 interessiert, kann sich dies auf folgender Seite genauer ansehen (Ort auswählen und dann das entsprechende Jahr): Meteoschweiz Klimaverlauf