Nun haben sie wieder Hochkonjunktur, die Superlative in den Schlagzeilen: Megasturm, Orkan, schwerer Orkan, zerstörerischer Orkan… Zugegeben, der Sturm JOACHIM, welcher am Freitag über Mitteleuropa zieht, ist voraussichtlich eines der schwereren Kaliber jüngerer Zeit. Dennoch sollte man als professioneller Meteorologe sich nicht zu Dramatisierungen hinreissen lassen.
Die Terminologie bei der Windskalierung ist nämlich genau definiert. Sie beruht auf der Beaufortskala, welche aufgrund von Beobachtungen den Zusammenhang von mittlerer Windgeschwindigkeit und Auswirkungen auf die Umgebung zu See oder zu Lande beschreibt:
0 Bft: Windstille / 0-1 km/h / keine Luftbewegung, Rauch steigt senkrecht empor
1 Bft: leiser Zug / 1-5 km/h / kaum merklich, Rauch treibt leicht ab, Windflügel und Windfahnen unbewegt
2 Bft: leichte Brise / 6-11 km/h / Blätter rascheln, Wind im Gesicht spürbar
3 Bft: schwache Brise / 12-19 km/h / Blätter und dünne Zweige bewegen sich, Wimpel werden gestreckt
4 Bft: mässige Brise / 20-28 km/h / Zweige bewegen sich, loses Papier wird vom Boden gehoben
5 Bft: frische Brise / 29-38 km/h / größere Zweige und Bäume bewegen sich, Wind deutlich hörbar
6 Bft: starker Wind / 39-49 km/h / dicke Äste bewegen sich, hörbares Pfeifen an Drahtseilen, an Telefonleitungen
7 Bft: steifer Wind / 50-61 km/h / Bäume schwanken, Widerstand beim Gehen gegen den Wind
8 Bft: stürmischer Wind / 62-74 km/h / große Bäume werden bewegt, Zweige brechen von Bäumen, beim Gehen erhebliche Behinderung
9 Bft: Sturm / 75-88 km/h / Äste brechen, kleinere Schäden an Häusern, Ziegel und Rauchhauben werden von Dächern gehoben, Gartenmöbel werden umgeworfen und verweht, beim Gehen erhebliche Behinderung
10 Bft: schwerer Sturm / 89-102 km/h / Bäume werden entwurzelt, Baumstämme brechen, Gartenmöbel werden weggeweht, größere Schäden an Häusern; selten im Landesinneren
11 Bft: orkanartiger Sturm / 103-117 km/h / schwere Schäden an Wäldern (Windbruch), Dächer werden abgedeckt, Autos werden aus der Spur geworfen, dicke Mauern werden beschädigt, Gehen ist unmöglich; sehr selten im Landesinneren
12 Bft: Orkan / > 117 km/h / schwerste Sturmschäden und Verwüstungen; sehr selten im Landesinneren
Demzufolge würde nach einem Orkan im Landesinneren so gut wie nichts mehr stehen – und genau das wird uns von den Medien landauf landab für den Freitag prophezeit. Nicht selten machen bei diesem Hype auch Wetterdienste mit, wahrscheinlich um dem Zeitgeist nach guten Schlagzeilen und Aufmerksamkeit gerecht zu werden. Leider wird dabei bewusst eine Fehlinformation in Kauf genommen, bzw. die Terminologie verändert.
Denn gemeint sind in den Wetterberichten im Regelfall die Spitzenböen, welche während eines Sturms auftreten. Diese können je nach Durchmischung der Luftmassen das 1.5- bis 2-fache des Mittelwindes ausmachen. Wird also ein Spitzenwind von 120 km/h in den Niederungen vorhergesagt, so müsste man korrekterweise von Orkanböen sprechen. Der Mittelwind, welcher einen Schnitt über 10 Minuten darstellt, beträgt dann in der Regel 60 bis 80 km/h, und man spricht nach Definition der Beaufortskala von einem Sturm.
Genau in diesem Bereich wird sich auch der Sturm JOACHIM am 16.12.2011 bewegen, stärkere (orkanartige) Mittelwinde werden nur auf offener See und auf den Bergen erreicht, was aber keine Rechtfertigung ist, den (maximal schweren) Sturm als Orkan zu kategorisieren.
Die Details zum Wetterablauf in der Schweiz und in angrenzenden Gebieten kann man im Wetterblog des fotometeo-Partners meteoradar nachlesen: Sturmtief “Joachim” 15./16.12.2011