Was hat es nicht jeden Morgen gesungen und gezwitschert mitten im Januar: Das milde Wetter der vergangenen Wochen liess die Vögel bereits in Frühlingsstimmung verfallen. Doch mit dem Kälteeinbruch ist es ruhig geworden in Wald und Garten. Auch Zugvögel, welche aufgrund des bisher milden Winters eine Überwinterung in Mitteleuropa versucht haben, ergreifen nun die Flucht.
Eigentlich ist es ein ganz normaler Vorgang: Sobald das Tageslicht wieder zunimmt, spielen die Hormone der männlichen Singvögel verrückt und sie beginnen mit der Revierabgrenzung. Jeweils besonders früh dran sind Meisen, aber auch Amseln konnten in den letzten Wochen vermehrt gehört werden. Voraussetzung für solchen „Luxus“ mitten im Winter ist jedoch ein ausreichendes Futterangebot, und das war gegeben, so lange die Böden nicht gefroren waren. Doch jetzt liegt mancherorts eine Schneedecke, und auch sonst hat der strenge Frost die Böden pickelhart werden lassen. Da ist Schluss mit dem Stochern nach Leckereien, die Futtersuche ist aufwändig geworden und den Vögeln fehlt somit die Zeit für den Reviergesang.
Aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit werden nun viele Teil- und Kurzstreckenzieher auch nicht mehr in den Süden ausweichen. Daher ist es sinnvoll, nun die Zufütterung wieder aufzunehmen. Besonders die Amseln sind über ein paar ausgelegte Rosinen und Apfelstückchen erfreut, vor allem dann wenn in der Nähe keine Beerensträucher oder Obstbäume noch Reste von Früchten tragen.
Kaum helfen kann man den Vögeln, die ihren Lebensraum am Wasser oder in Feuchtwiesen haben. Kleinere, stille Gewässer frieren nun rasch zu und verunmöglichen die Futtersuche. Enten, Gänse, aber besonders auch Kraniche flüchten daher jetzt zu Tausenden Richtung Südwesten. Zahlreiche Beobachtungen von grossen Kranich- und Gänsetrupps bestätigen dies. Sie suchen sich mildere Regionen oder fliessende Gewässer, welche nicht so rasch zufrieren.
Wie lange die strenge Kälte in Mitteleuropa noch anhalten wird, ist derzeit ungewiss. Viele Modelle deuten für die nächsten zwei Wochen eine Milderung in höheren Lagen an, am Boden dürfte sich die schwere Kaltluft jedoch nur schwer ausräumen lassen und muss daher von der allmählich an Kraft gewinnenden Sonne langsam erwärmt werden.