Bei einem Sandwich liegt das Beste bekanntlich in der Mitte. Der Oktober 2017 kann somit in die Kategorie “Sandwich-Monat” eingereiht werden. Nachdem der Oktober zu Beginn dem September in nichts nachstehen wollte und man bezüglich des diesjährigen Herbstes bereits die Geduld zu verlieren begann, rappelte er sich doch noch auf und präsentierte sich im südlichen Mitteleuropa vom 11. bis 26. mit nur einem kurzen Unterbruch von der goldenen Seite. Daraus resultierte in der Region Genf wie auch im nördlichen Schweizer Mittelland und auf der Alpensüdseite der stellenweise sonnigste Oktober seit Messbeginn. Mitteleuropa war allerdings der Suppentopf der Wetterküche, entsprechend scharf ist der Gradient bezüglich Sonnenschein und Trockenheit. Deutlich zu mild war dieser Monat fast überall, wenn auch nicht auf Rekordniveau. Bemerkenswert sind auch die beiden heftigen Stürme am 5. und 28./29. Oktober, welche vor allem in den nördlichen und östlichen Teilen Mitteleuropas beachtliche Schäden verursachten.
Die orniwetter.info/fotometeo.ch-Prognose für den Oktober, erstellt am 30. September, lautete wie folgt:
Um die Auswahl des uns am plausibelsten erscheinenden Modelllaufes nicht zu einer Lotterie verkommen zu lassen, haben wir uns am Ensemble-Mittel der letzten zehn Tage orientiert, wo zumindest ansatzweise ein paar Schwerpunkte in den grossräumigen Druckverteilungen zu erkennen sind. Da wäre einerseits eine markante positive Druckanomalie im hohen Norden und eine etwas weniger stark ausgeprägte über Südwesteuropa. Die Zonen tieferen Luftdrucks sind schwerpunktmässig über dem zentralen Nordatlantik und über Osteuropa auszumachen, wobei zwischen den beiden Zentren eine Tiefdruckrinne über die Nordsee hinweg zu erkennen ist. Die Grosswetterlagenverteilung lässt einen grösseren Anteil Westlagen und die typischen Begleiter der gemischen Zirkulation (Nordwest, Südwest, Hoch und Tief Mitteleuropa) erwarten. Süd- und Ostlagen können bei dieser Konstellation – wenn überhaupt – zur kurzzeitig in Erscheinung treten. Von den meridionalen Lagen sind am ehesten noch Nordlagen möglich, sofern der Tiefdruckeinfluss in Osteuropa bis nach Mitteleuropa zu spüren ist.
Die Temperaturverteilung zeigt ein klares West-Ost-Gefälle in Europa. Ein überdurchschnittlich warmer Monat ist auf der Iberischen Halbinsel zu erwarten, schon weniger ausgeprägt ist die positive Abweichung in Richtung Frankreich und Britische Inseln. Hingegen zeigt der Hohe Norden bereits wieder deutliche Anzeichen für klar zu hohe Temperaturen. Der Kältepol wird für die Schwarzmeerregion berechnet, Mitteleuropa befindet sich dazwischen im ungefähren Normalbereich mit leichter Tendenz auf die kühle Seite. Hier wird es stark davon abhängen, ob sich nach der (nach jetzigem Stand) tiefdruckbestimmten ersten Monatshälfte noch eine stabilere Phase einstellen kann, wobei man in der zweiten Oktoberhälfte bei Hochdruckwetter bereits mit hartnäckigen Inversionen rechnen muss (kühle Niederungen unter Nebel und Hochnebel, sonnig und warm in erhöhten Lagen). Die gezeigte Karte hat somit für die lokalen Verhältnisse nur bedingte Aussagekraft.
Etwas klarer scheint der Trend beim Niederschlag zu sein, hier rechnen wir im nördlichen Mitteleuropa mit einem deutlich zu nassen Oktober, ebenso in weiten Teilen Osteuropas. Nach Südwesten hin sowie in Nordeuropa ist es unter stärkerem Hochdruckeinfluss deutlich trockener. Im Alpenraum wird bereits der Einfluss des Ex-Hurrikans „Maria“ in der ersten Oktoberwoche darüber bestimmen, ob der Monat zu nass ausfällt.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Höhendruckfelds (5500 m) gegenüber dem langjährigen Mittel:
Wären da nicht die Abweichungen der Beträge bei den beiden vorhergesagten, für unser Wetter massgeblichen Zentren der Druckabweichungen, so könnte man von einer perfekten Erfassung der Lage durch das Langfristmodell im von uns ausgwählten Lauf sprechen. Da wir uns aufgrund der breiten Palette der angebotenen Lösungen des Modells am Ensemble-Mittel orientiert hatten, mussten Extremlösungen über die Klinge springen. Eine Entscheidung für einen Lauf mit diesen starken Druckabweichungen hätte zwar in diesem Fall den berühmten Lottosechser bedeutet, das Risiko für eine Fehlprognose war damit aber zum gegebenen Zeitpunkt schlicht zu hoch. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, war das Motto. Schlussendlich war der Hochdruckeinfluss für die westlichen Teile Mitteleupas deutlich stärker als erwartet, genauso wie auch der Tiefdruckeinfluss für die östlichen Teile. Dadurch erkärt sich das markante Gefälle bei der Witterung zwischen Südwest und Nordost, wie wir anhand der Karten weiter unten noch sehen werden.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Auch der Vergleich zwischen Prognose und Analyse für die Temperatur der Luftmassen fällt in weiten Teilen befriedigend aus. Insbesondere das Zentrum der warmen Abweichung über Südwesteuropa wurde gut getroffen, übertraf allerdings die Erwartungen (was wiederum mit dem bereits erwähnten Ensemble-Mittel zu tun hat). Wie erwartet hielten sich die Grenzen zwischen positiver und negativer Abweichung über dem Kontinent nicht genau an die Karten, liegen aber noch im akzeptablen Bereich. Markant ist hingegen die Abweichung über Nordafrika, welche das Modell so nicht auf dem Plan hatte, für uns in Mitteleuropa aber zum Glück ohne Auswirkungen blieb.
In einem Übergangsmonat wie dem Oktober erstaunt wenig, dass die Abweichungen bei den Bodentemperaturen teilweise erheblich von jenen der Höhenluft abweichen. So nimmt die positive Abweichung über dem Kontinent markant mehr Raum ein. In diesem Punkt haben wir den Oktober falsch eingeschätzt: Markante Inversionslagen blieben aus, gerade die Hochdruckphase zur Monatsmitte war durch derart trockene Luftmassen geprägt, dass sich nur flacher Nebel ausbilden konnte, der im Tagesverlauf in der Regel aufgelöst wurde. Ein weiterer Einfluss war der deutlich stärkere Druckgradient, der durch die beiden starken Druckzentren genau über Mitteleuropa für permanenten Wind sorgte, welcher die Inversionsbildung behinderte. Dies erklärt auch, dass Norddeutschland (nur relativ zum langjährigen Mittel gesehen) wärmer war als der Alpenraum, wo der Hochdruckeinfluss und somit auch die Inversionen stärker waren.
Die Niederschlagsverteilung präsentiert sich wie folgt:
Entsprechend den Abweichungen bei der Durckverteilung fielen auch die Abweichungen beim Niederschlag gegenüber der Prognose aus. Der zu feuchte Nordosten und zu trockene Südwesten Europas wurden zwar in der Prognose erwartet, die Abweichungen sind aber teilweise extrem. So fiel südlich der Alpen stellenweise im ganzen Monat kein Regen oder nur ein paar wenige Millimeter, während die starken Tiefdruckgebiete im Nordosten immer wieder kräftige Regenfälle brachten. Nicht abbilden kann die grob aufgelöste Karte eine positive Abweichung in den Nordalpen, da diese geographisch eng begrenzt ist. So wurde in einem Streifen vom Salzkammergut bis zu den Gutensteiner Alpen ungefähr die doppelte Regenmenge eines durchschnittlichen Oktobers gemessen. Zu erklären ist dieses sekundäre Maximum der Niederschlagsabweichung durch die Verteilung der Wetterlagen:
Die Grosswettertypen West und Nordwest bestimmten zusammen zwei Drittel des Monats, was häufige Nordstaulagen an den Alpen und somit die hohen Niederschläge dort ebenso wie die Trockenheit südlich des Alpenhauptkamms erklärt. Das restliche Drittel war durch Hochdrucklagen und Südlagen geprägt. Wobei Letzteres aufgrund der Druckanomalie-Verteilung erstaunt. Wären diese sechs Tage – je zur Hälfte Trog Westeuropa und Tief Britische Inseln – nicht gewesen, würde der Hochdruckkomplex vor der westeuropäischen Küste auf der Karte beinahe platzen. Auch fällt bei diesen beiden Kreisdiagrammen erneut auf, dass Herkunft der Luftmasse und Witterungstyp nicht gut zusammenpassen, so wie dies bereits die beiden Temperaturkarten des 850 hPa-Niveaus und des Bodens aufgezeigt haben. Hier spielen nach wie vor die hohen Wassertemperaturen des Nordmeeres eine gewichtige Rolle, was uns bereits einige Hinweise bezüglich des bevorstehenden Winters liefern kann.
Die Langfristprognose für den November findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
Diese Seite ist bewusst werbefrei gehalten, um die Unabhängigkeit des Informationsgehaltes zu gewährleisten und nicht von den Inhalten abzulenken. Der kostenlose Zugang zu Informationen ohne boulevardeske Verzerrungen beim Thema Wetter und Klima ist uns sehr wichtig. Mit einer freiwilligen Spende unterstützen Sie die Arbeit von fotometeo.ch in einem schwierigen Marktumfeld und sichern das Fortbestehen des Blogs. Vielen Dank!
Falls Sie kein PayPal-Konto besitzen, können Sie direkt auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten einzahlen.