Eigentlich gehört sie zu den sehr seltenen Wetterlagen, wäre da nicht das gehäufte Auftreten im Herbst: Die “Südlage, in Mitteleuropa überwiegend antizyklonal” ist ein typisches Herbstphänomen. Sie ist eng verbunden mit den Begriffen Altweibersommer, Goldener Oktober und Martinisommer. Gelegentlich kann sie aber auch im Frühling für erste Sommergefühle sorgen.
Beschreibung
Über Osteuropa liegt ein ausgedehntes, blockierendes Hochdruckgebiet, in der Höhe manchmal auch nur ein Keil in meridionaler Erstreckung. Im Gegensatz zur SEA existiert kein Ausläufer zum Nordmeer. Tiefer Luftdruck ist über dem östlichen Atlantik und Teilen Westeuropas vorherrschend. Die atlantische Frontalzone verläuft vom Seegebiet nördlich der Azoren nach Südwesteuropa und biegt dort nach Norden um. Randtiefs beeinflussen nur Südwest- und Westeuropa.
Zuordnung
Grosswettertyp (GWT): Süd
Zirkulationsform (ZF): meridional
Klimaregime: Block
Verwandte GWL: in antizyklonaler Richtung Südost antizyklonal SEA und Hoch Mitteleuropa HM; in zyklonaler Richtung Süd zyklonal SZ und Südost zyklonal SEZ
Statistik
häufigstes Auftreten im Zeitraum 2001-2023: Oktober 5.47 %
häufigstes Auftreten im Zeitraum 1881-2008: November 3.78 %, Oktober 3.43 %
seltenstes Auftreten im Zeitraum 2001-2023: Juni und August je 0.00 %
seltenstes Auftreten im Zeitraum 1881-2008: Juli 0.13 %
Häufigkeit Gesamtjahr im Zeitraum 2001-2023: 1.30 %, Veränderung gegenüber 1881-2008: -0.55 Prozentpunkte
Rang Häufigkeit aller GWL: 1881-2008 Rang 22, 2001-2023 Rang 21 (Rangverschiebung: +1)
längste ununterbrochene GWL SA: 13 Tage vom 19. September bis 1. Oktober 1938
häufigste Nachfolge-GWL 1881-1997: 1.: Hochdruckbrücke Mitteleuropa BM 12.0 % / 2.: West zyklonal WZ 11.5 % / 3.: Südost antizyklonal SEA 7.8 %
häufigste Nachfolge-GWL 1971-2022: 1.: Hochdruckbrücke Mitteleuropa BM 17.5 % / 2.: Südost zyklonal SEZ 11.1 % / 3.: West antizyklonal WA und Südwest zyklonal SWZ je 7.9 %
seltenste Nachfolge-GWL 1881-1997: 1.: Nord zyklonal NZ 0.0 %, Nord antizyklonal NA und Nordwest antizyklonal NWA je 0.5 %
folgt auf GWL 1971-2022: 1.: Hochdruckbrücke Mitteleuropa BM 15.4 % / 2.: Südwest zyklonal SWZ 9.2 % / 3.: diverse (WZ, SWA, HM, SEA) je 7.7 %
Mit nur etwas mehr als einem Prozent Anteil ist die antizyklonale Südlage ein echter Exot. Der Rückgang in sonst allen Monaten wird von der deutlichen Zunahme im Oktober nur teilweise wettgemacht. Grundsätzlich ist diese Wetterlage ein Herbstphänomen, einen zweiten schwachen Auftritt hat sie im Frühling. Fast gänzlich gefehlt hat sie bisher im Sommer, neuerdings trat sie aber gleich zwei Mal (07.-09.07.2023 und 11.-13.08.2024) auf.
Mitte Oktober erreicht Süd antizyklonal die Spitze der Wahrscheinlichkeit von über 13 % der Jahre, das ist für eine Wetterlage mit nur wenig mehr als 1 % Vorkommen im Jahresdurchschnitt beachtlich. Die früher typische Martinisommer-Lage hat sich inzwischen um etwa eine Woche im November vorverschoben.
Im langfristigen Trend seit 1881 ist SA nur geringfügigen Schwankungen unterworfen. Ein etwas gehäufteres Auftreten von durchschnittlich neun Tagen pro Jahr im gleitenden 30-Jahresmittel gab es im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts und dann wieder in den 70er-Jahren. Die Unterschiede von Jahr zu Jahr sind hingegen beträchtlich und eher zufällig: In vielen Jahren tritt sie überhaupt nicht auf, in guten Jahren an bis zu 15 Tagen. Ein Trend zu langfristiger Veränderung ist daher nicht auszumachen.
Witterung
Trocken und warm, insbesondere in den Föhngebieten inneralpin und nördlich der Alpen. Im Winterhalbjahr unterhalb der Inversion kühl, darüber meist sehr mild.
Alle Jahreszeiten: i.d.R. wärmer als normal mit Ausnahme vom Föhn unbeeinflusster Gebiete im Winterhalbjahr; Niederschlag unternormal
Typische Beispiele
Frühling (Klick ins Bild öffnet grössere Ansicht):
Nach dem Märzwinter von 2018 läutete eine antizyklonale Südlage den berühmten Turbo-Frühling ein: Der fast übergangslose Sprung vom Spätwinter in einen nachhaltigen Frühsommer ist vermutlich einmalig. Durch einen weit nach Süden ausgreifenden Trog über dem Nordatlantik wurde trockene Saharaluft aus Algerien angezapft und nach Mitteleuropa verfrachtet – Saharastaub inklusive. Typisch für eine Hochdrucklage im Frühling sind die passend zum Osterfest herumeiernden Höhentiefs, die aber in diesem Fall kaum Wetterwirksamkeit entwickeln konnten – aus dem banalen Grund, dass die Luftmasse schlicht zu trocken war.
Herbst:
Wie in diesem Fall sind es im Herbst oft ehemalige Hurricanes, die auf ihrer Vorderseite eine stabile Südströmung in Gang setzen, die mit ihrer Warmluftzufuhr wiederum das blockierende Hoch über Osteuropa stützen. SA ist im Herbst Garant für noch mal sommerliche Verhältnisse, hier wurden in Chur an zwei aufeinanderfolgenden Tagen 27 Grad und am Niederrhein knapp 29 Grad erreicht. Der flache Nebel löst sich bei dieser Wetterlage im Oktober in der Regel noch ganz gut auf. In den Alpen herrsch perfektes Wanderwetter, da der Südwind nicht zu stark weht und sich in der Regel auf der Alpensüdseite auch keine Wolken stauen. Erst am letzten Tag der GWL nimmt der Störungseinfluss aus Westen zu, bevor sie in eine zyklonale Südwest- oder Südostlage oder – heute zwar seltener als früher – in eine zyklonale Westlage übergeht.
Markante Wettererscheinungen, Unwetterpotenzial
In den (bisher) extrem seltenen Fällen in den Sommermonaten kann Süd antizyklonal schwere Hitzewellen bringen wie Ende Juli bis Anfang August 1994. Zudem haben die beiden Fälle im Juli 2023 und im August 2024 gezeigt, dass sich bei solchen Lagen bei ausreichendem Feuchteangebot im Alpenraum gerne mesoskalige konvektive Vortexes (MCV) bilden, die für heftige Gewitter und Extremniederschläge sorgen können. Zu den typischen Auftrittszeiten dieser GWL, also im Herbst und Frühjahr, werden zwar ebenfalls für die Jahreszeit rekordverdächtige Tageshöchstwerte erreicht, richtig heiss wird es allerdings nicht mehr und nachts kühlt es gut ab. Bleibt höchstens noch der Föhn zu erwähnen, der vor allem gegen Ende einer antizyklonalen Südlage kräftig werden kann. Richtige Föhnstürme sind aber nicht zu erwarten.
Auswirkungen auf den Vogelzug
Die vor allem im Herbst auftretende antizyklonale Südlage wird von vielen Arten überproportional genutzt. Spitzenzugtage treten dann vor allem bei Greifvögeln auf, speziell bei Sperber, Mäusebussard und Rohrweihe. Aber auch Schwalben nutzen diese Wetterlage gerne, ebenso viele Finkenarten. Im letzten Jahrzehnt ist diese Wetterlage neuerdings auch von Kranichen genutzt worden, die dann eine Zugroute nah am nördlichen Alpenrand nach Westen gewählt hatten – ein bis dahin unbekanntes Phänomen.
Grundlagen:
Katalog der Großwetterlagen Europas (1881-2009) nach Paul Hess und Helmut Brezowsky
Statistik der Grosswetterlagen aufgeschlüsselt nach Monat und Gesamtjahr im Zeitraum 2001-2020
Wulf Gatter: Vogelzug und Vogelbestände in Mitteleuropa, erschienen im Aula-Verlag, 2000
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