Das Kuriosum, dass sich entgegen dem gesamtjährlichen Trend der Oktober in den letzten 30 Jahren gegenüber der Klimanorm 1961-90 kaum weiter erwärmt hat, bestätigt sich auch in diesem Jahr. Trotz einem gewaltigen Überschuss an Sonnenschein fiel der Monat im Alpenraum temperaturmässig normal oder sogar leicht kühler aus als im langjährigen Mittel. Im häufig trüben und auch nassen Norddeutschland hingegen resultierte ein Plus von ein bis zwei Grad. Dies zeigt, wie stark viele klare Nächte im Winterhalbjahr das Temperaturmittel nach unten ziehen, was von den sonnenscheinreichen, aber kurzen Tagen bei weitem nicht mehr kompensiert werden kann. Zudem war der Oktober vielerorts sehr trocken, insbesondere in der Lausitz, in Bayern und in weiten Teilen der Alpen. Relativer “Spitzenreiter” ist Galtür, wo mit 9 mm nur 13 % des langjährigen Niederschlags gemessen wurden. Immerhin einen Weststurm gab es auch um den 21. herum, dabei wurden auf dem Feldberg im Schwarzwald 166 km/h gemessen.

Goldener Oktober auf der Bütschelegg am 28.10.2021: Den Thunersee sieht man nur, wenn man weiss wo man im Dunst der flachen Inversion suchen muss
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Oktober, erstellt am 30. September, lautete wie folgt:
Dominierend für die Zirkulationsform in unserem Teil der Nordhemisphäre ist eine mässige Hochdruckanomalie über Osteuropa mit Zentrum über der Ukraine sowie eine etwas stärkere über dem westlichen Nordatlantik. Dazwischen erstreckt sich eine Rinne negativer Druckanomalie von den Azoren über die Britischen Inseln bis ins europäische Nordmeer. Dominierende Grosswettertypen sind West über Südwest bis Süd, wobei aufgrund der Position der blockierenden Hochs die Winkelwest-Lage, Südwest zyklonal sowie Tief Britische Inseln bevorzugt auftreten. Selten bis gar nicht dürften Wetterlagen der Sektoren Nordwest bis Nordost auftauchen, es sei denn – und hier sind wir bei der gezeigten Unsicherheit der Modelle – die Aktivität alternder Hurrikane auf dem Nordatlantik verschiebt die Tiefdruckrinne so weit nach Osten, dass daraus ein Trog oder Tief Mitteleuropa wird.
Die daraus folgende Temperaturabweichung für Mitteleuropa ist tendenziell auf der wärmeren Seite, wobei das Maximum von etwas über zwei Grad über dem langjährigen Mittel am ehesten in den vom Föhn beeinflussten inneralpinen Tälern sowie im nördlichen Alpenvorland auftreten dürfte. Deutlich zu warm werden Nord- bis Nordosteuropa sowie der zentrale Mittelmeerraum gerechnet, deutlich zu kühl unter permanenter Zufuhr kontinentaler Luftmassen Südosteuropa. In Westeuropa wird es wohl ums Mittel herum dümpeln, wobei eine leicht negative Abweichung vor allem dort erwartet wird, wo auch viel Niederschlag fällt und entsprechend selten die Sonne scheint – also eher nicht ein Ergebnis von unterkühlten Luftmassen aus nördlichen Gefilden, diese ziehen nämlich eher von Grönland in Richtung westlicher Nordatlantik.
Der Hochdruckeinfluss über Osteuropa lässt dort nur wenig Regen fallen, die Wirkung soll bis nach Südschweden und auch föhnbedingt bis ins östliche Alpenvorland reichen. Etwas bis regional deutlich zu nass werden Westeuropa und die Alpensüdseite gerechnet, während die Verteilung vor allem im westlichen Mittelmeerraum eher zufällig erscheint und nicht zu ernst genommen werden sollte.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Bodendrucks gegenüber dem langjährigen Mittel:
Angesichts der vielen Varianten, die zum Zeitpunkt der Prognose vom Langfristmodell CFS gerechnet wurden, kann man mit der Auswahl dieses Laufs durchaus zufrieden sein. Die zwischen zwei Hochdruckanomalien sich von Südwest nach Nordost erstreckende Tiefdruckrinne wurde gut erkannt, wenn auch etwas zu weit östlich prognostiziert. Das hatte zur Folge, dass der Hochdruckeinfluss in Mittel- und Westeuropa stärker war als erwartet. Oder salopper ausgedrückt: Die atlantischen Tiefs rückten uns weniger nah auf die Pelle, was dann wiederum Auswirkungen auf Bewölkung, Niederschlag und Temperatur hatte. Die erwarteten Grosswetterlagen trafen denn auch ein, mit dem Unterschied, dass statt Südwest zyklonal an sechs Tagen Südwest antizyklonal auftrat – dies allein kann bereits den Unterschied bei den unten gezeigten Abweichungen erklären und wenn dann statt einer Handvoll noch ganze elf Tage Hochdruckbrücke obendrauf kommen, dann muss man sich nicht mehr wundern…
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur 2 Meter über Boden zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Auch hier ist der Gesamteindruck im Vergleich nicht schlecht. Das tröstet allerdings nicht darüber hinweg, dass die grössten Abweichungen ausgerechnet im Alpenraum auftraten. Statt ein Grad zu warm war es ungefähr ein Grad zu kühl, die Gründe dafür wurden in der Einleitung bereits genannt. Die zehn bis 15 Frosttage, die in höheren Lagen, und drei bis sechs, die in den Niederungen des Alpenvorlands auftraten, sind denn auch etwa doppelt so viel wie normal. Die Tageshöchstwerte sind hingegen ausserhalb der Nebelgebiete unauffällig, in den Föhngebieten sogar etwas im Plus. Der Höchstwert im deutschsprachigen Raum wurde am 3. Oktober in München-Stadt mit 27.5 °C gemessen.
Abweichung des Monatsniederschlags gegenüber der Klimanorm 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Auch hier muss man die grösste Fehlprognose im Alpenraum feststellen: Statt zu nass war es deutlich zu trocken, im Flächemittel fiel nicht mal die Hälfte des langjährigen Niederschlags. Wie immer im Herbst gestaltete sich auch die Niederschlagsprognose im Mittelmeerraum schwierig: Die exakte Position eines sich über Tage hinweg austobenden Medicanes lässt sich nun mal mehr als eine Woche im voraus nicht prognostizieren. Auf den Kanaren wird man hingegen über den ausbleibenden Niederschlag nicht traurig gewesen sein: Regen auf La Palma würde die Asche des Vulkans in die Regenrinnen und Kanalisationen spülen und könnte diese verstopfen, man setzt daher alles in Bewegung, um die Asche vor dem Winterregen von den Strassen und Dächern zu schaffen. Verschärft hat sich die Trockenheit insbesondere in den östlichen Gebieten Mitteleuropas, Details entnimmt am besten wie immer den Karten der Landeswetterdienste: Schweiz, Österreich, Deutschland.
Bereits den zweiten Monat in Folge gewinnen die trockenen Tage deutlich, diesmal mit 22 zu 9 gegenüber den feuchten. Das passt zu den 20 antizyklonal geprägten Tagen, wobei alleine elf davon auf die GWL Hochdruckbrücke Mitteleuropa entfallen. Ein unsicherer Punkt bei der Prognose war das Auftreten von Wetterlagen aus dem Sektor Nord: Es blieb bei drei Tagen Hoch Britische Inseln – ein Intermezzo, das in der Gesamtmonatsbilanz kaum ins Gewicht fällt. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass man sich von kurzfristigen Abweichungen zur Prognose um die Monatsmitte nicht nervös machen braucht – abgerechnet wird immer am Schluss. Fazit: Nicht die Nordlage war das Problem, sondern die sich immer wieder regenerierende Hochdruckbrücke.
Die Langfristprognose für den November findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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