Manche Dinge kommen recht zuverlässig, dazu gehört das Ende des Hochsommers Mitte August. Etwa so, wie eine modern ausgelegte Siebenschläfer-Regel zu 70 % zutrifft, gilt das auch für das Ende des Siebenschläfer-Zeitraums, das meist mit einer ersten Tiefdrucklage einhergeht und einen markanten Luftmassenwechsel bringt. Danach kann sich das Hochsommer-Regime meist nicht mehr erholen (es gibt Ausnahmen, aber es ist zum Glück nicht immer 2018). Die nachfolgenden Hochdrucklagen haben einen ganz anderen Charakter: Sie sind zwar auch oft stabil, aber eben nicht mehr so heiss und vor allem braucht es dann nicht mehr (wie in dieser zu Ende gehenden Woche) eine Ost- oder gar Nordlage, um kühle Nächte zu produzieren. Genau eine solche Umstellung steht uns pünktlich in der kommenden Woche bevor.

Auf den Tag genau vor 7 Jahren zog ebenfalls eine heftige Gewitterfront über Bern und setzte dem Hitzesommer ein Ende (13.08.2015)
Der Umbau der Wetterlage erfolgt schrittweise:
Noch wehrt sich in der Höhe ein zwischen den Tiefs im Westen und Osten eingeklemmter Hochdruckrücken gegen das Ende des Hochsommers. Allerdings steht er auf verlorenem Posten, verliert er doch den Kontakt zum Mutterhoch über Skandinavien, das uns diese extrem sonnige Woche mit trockener Hitze tagsüber und kühlen Nächten beschert hat. Die Zirkulationsform bleibt allerdings meridional: Aus einer Ostlage wird eine Südlage. Zunächst sieht es nach einem Tief Britische Inseln aus, dieser Zustand währt jedoch für die Klassifkation einer Grosswetterlage zu kurz, denn der Trog vertieft sich in der Folge bis nach Südspanien –> also wird ein Trog Westeuropa daraus. Das sind allerdings eher akademische Betrachtungen, denn die Auswirkungen sind bei uns in etwa dieselben: Hohes Unwetterpotenzial durch einerseits Heissluftzufuhr aus Südwest bis Süd und andererseits starker Windscherung, was langlebige Gewitter mit grossem Hagel begünstigt, unterstützt durch aus Westen sich nähernder Höhenkaltluft.
Der erste Übergriff findet am Sonntag statt, dürfte aber für diese Wetterlage typisch irgendwo in der Mitte der Schweiz abserbeln, denn im Osten ist es föhnig:
ICON-D2 lässt die Front bis etwa zum Tössbergland aktiv, das scheint mir aus Erfahrung aber zu weit. Egal wie weit der Niederschlag bzw. die Blitzaktivität reichen wird, eine ordentliche Druckwelle ist wohl auch im Osten zu erwarten:
Dies ist zwar wie so oft in Sachen konvektiv ausgelöster Böen das offensivste Modell, es zeigt aber das Potenzial – ob es tatsächlich auch abgerufen werden kann, wird sich wohl erst im Lauf des Nachmittags zeigen, wenn sich die Front über der Westschweiz etabliert. Mit gröberem Eisgeschütz ist ebenfalls zu rechnen: Am ehesten getroffen werden bei dieser Lage die Streifen vom Simmental über die Region Thun bis ins Entlebuch sowie der Jurasüdfuss über das Seeland bis in die Region Solothurn und die Region Basel.
Am Montag verbleiben wir in einer schwül-warmen Südwestströmung. Die Labilität ist dieselbe wie am Sonntag, allerdings sowohl am Boden wie in der Höhe ein paar Grad kühler. Sprich: Es ist etwas weniger Energie in der Luft, insbesondere fliesst in der zweiten Tageshälfte im Westen eine etwas trockenere Luftmasse ein. Somit beschränkt sich die Gewitteraktivität diesmal wahrscheinlich auf einen Streifen von den zentralschweizer Alpen bis in die Ostschweiz. Auch diese Gewitter können kräftig ausfallen, sollten aber nicht das ganz grosse Unwetterpotenzial abrufen.
Am Dienstag vertieft sich wie erwähnt der Trog über Westeuropa. Die verstärkte Warmluftzufuhr aus Süd-Südwest insbesondere in der Höhe sorgt vorderseitig noch mal für eine etwas stabilere Phase und es wird erneut föhnig. Bis in den Nachmittag sollte es in der ganzen Schweiz recht sonnig und trocken bleiben und es wird noch mal heiss. Inwieweit bereits in den Abendstunden das Gewitterrisiko zunimmt (es wäre aber wahrscheinlich auf die westliche Landeshälfte begrenzt), ist derzeit noch unklar.
Vielleicht bereits am Mittwochmorgen, spätestens aber in der zweiten Tageshälfte setzt sich der Trog ostwärts in Bewegung und am Boden bildet sich ein Tief aus. Diese Vorgänge sind komplex und daher ist der genaue zeitliche Ablauf noch nicht klar, aber die Wetterlage bildet sich zum Tief Mitteleuropa um. Dabei ist auch noch nicht ganz klar, inwieweit sich das Höhentief auffüllt oder wieder regeneriert und wo genau der Tiefdruckkern zu liegen kommt, um den sich die Höhenströmung sehr eng kringeln wird. Daraus ergeben sich viele Unsicherheiten, weil die Anströmungsrichtung auf die Alpen sehr stark variieren kann und somit die Staueffekte mal hier, mal da gerechnet werden. Am Mittwoch befindet sich der Alpenraum jedoch noch auf der Vorderseite und somit in einer südlichen Anströmung, was am ehesten auf der Alpensüdseite ergiebigen Gewitterregen auslösen kann, wie zum Beispiel hier gerechnet:
In der Nordostschweiz bliebe es bei diesem (recht wahrscheinlichen) Szenario noch länger föhnig und trocken, und falls nicht zu viele hohe Wolken die Sonneneinstrahlung dämpfen, auch noch mal heiss. In Juranähe und im westlichen Mittelland macht man sich aber besser schon mal auf einen nassen Mittwoch gefasst – inwieweit es dort noch mal zu heftigen Gewittern kommen kann, muss der kurzfristigen Prognose überlassen werden.
Am Donnerstag und Freitag kringelt sich das Tief dann irgendwo in unserer Nähe ein:
Auch wenn die Details aus oben genannten Gründen noch nicht klar sind, so kann man doch davon ausgehen, dass es sich hierbei um die erste wirklich trübe, nasse und eher kühle Phase seit längerer Zeit handeln dürfte. Auch wenn das die Trockenheit noch lange nicht nachhaltig beenden wird, so scheint das doch mal ein vielversprechender Anfang zu sein:
Wenn wir noch ein bisschen die Glaskugel bemühen, so scheint sich die Wetterlage im Lauf des nächsten Wochenendes allmählich zu stabilisieren. Ob es gleich eine neue Hochdruckbrücke wird, eine antizyklonale Westlage oder ob der Einfluss der sich in Nordeuropa etablierenden Tiefs doch bis zu uns reichen wird, müssen wir noch offen lassen. Das Ensemble-Mittel ist diesbezüglich ziemlich neutral:
Die Jahreszeit spricht statstisch für den Mittelweg, der auf dieser Karte gezeigt wird: Es wäre eine antizyklonale Westlage mit angenehm warmem Spätsommerwetter im südlichen Mitteleuropa und eher durchzogenen Verhältnissen im Norden. Nun, das Modell kennt selbstverständlich die Statistik; dass es genau diesen Mittelweg gemittelt auch rechnet, ist also kein Zufall. Über die Zuverlässigkeit kann daher noch eine knappe Woche gerätselt werden.
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Microwave am 15. August 2022 um 22:37 Uhr
Danke vielmal für die Vorschau. Das wäre, so wie ich im Bericht das Ende herauslesen kann, und den Sommer mitbekommen habe bis jetzt, eine Saison ganz ohne weisse Kügeli/Böleli hier bei uns. Ich habe jetzt aber nicht Buch geführt ob es das schonmal gab oder wie selten das ist. Ausser TRW zeigt (wieder) was sie kann, aber zur Abwechslung auch mal hier. Wenn ich aber schon wieder das Wort “föhnig” lesen muss kommen mir eher Zweifel. Grüsse – Microwave
Fabienne Muriset am 15. August 2022 um 22:42 Uhr
Hoi Microwave
Zwar ist TM ab Mittwoch abgesagt, weil TRW noch zwei Tage in die Verlängerung geht. Aber ein TRW Mitte August ist halt schon nicht mehr dieselbe Liga wie Ende Juni / Anfang Juli. Weniger Höhenkaltluft, tieferer Sonnenstand, somit auch weniger Labilität.
Grüsslis
Fabienne