Der Oktober setzte die seit April dauernde Serie deutlich zu trockener und warmer Monate in Mitteleuropa fort. Die kühle Phase zu Monatsbeginn war rasch beendet, danach folgten fast drei Wochen ununterbrochener Altweibersommer. Wobei der Begriff “Sommer” in diesem Fall nicht wie sonst üblich im übertragenen Sinn verwendet wird, wurden doch vielerorts noch mehrere Sommertage registriert – auch abseits der Föhngebiete. Bevor der Herbst zum Monatsende mit Pauken und Trompeten doch noch einzog, sorgte eine Nord(!)föhnlage dafür, dass das letzte Puzzleteilchen in diesem verrückten Jahr doch noch gefunden wurde: jenes eines aussergewöhnlichen Hitzetages. Am 24. Oktober wurden in Locarno-Monti 30.5 °C gemessen. Damit wurde der Rekord des spätesten, jemals in der Schweiz registrierten Hitzetages um gerade mal einen knappen Monat verschoben (bisher 25. 09.1983,). Die Messreihe Locarno-Monti geht bis 1935 zurück.

Trotz viel Sonnenschein: So richtig golden war dieser Oktober aufgrund der von der Trockenheit gezeichneten Vegetation nicht (Regensberg, 12.10.2018)
Die fotometeo.ch/orniwetter.info-Langfristprognose für den Oktober, erstellt am 30. September, lautete wie folgt:
Nebst der bereits erwähnten positiven Hochdruckanomalie eines etwas nach Nordosten verschobenen Azorenhochs mit einer Brücke über das nördliche Mitteleuropa hinweg nach Nordosteuropa, ist die markanteste Auffälligkeit des gewählten Modelllaufs eine starke negative Druckanomalie, die sich mit Zentrum an der Südspitze Grönlands über Island hinweg bis ins europäische Nordmeer erstreckt. Ebenfalls häufig tiefdruckbestimmt ist der Mittelmeerraum über Südosteuropa hinweg bis zum Schwarzen Meer. Diese Konstellation bringt häufige Wechsel der Grosswetterlagen, am häufigsten auftreten dürften Nordwest- und Hochdrucklagen, unterbrochen von kurzen West-, Südwest- bis Südlagen, aber auch kurzen Nordlagen wie z.B. Trog Mitteleuropa. Wenig Chancen haben in diesem Gefüge Ostlagen.
Die Temperaturkarte zeigt ein relativ unauffälliges, nur leicht in den kühlen Bereich tendierendes Mitteleuropa. Hier wird es im Detail wohl davon abhängen, wie viel Hochdruckwetter und somit Inversionslagen es geben wird. Der Oktober ist diesbezüglich immer schwierig einzuschätzen, weil sich der Nebel vor allem in der ersten Monatshälfte oft noch aufzulösen vermag. Da von wenigen Ostlagen ausgegangen wird, stehen die Nebelauflösungschancen wohl besser als im langjährigen Schnitt. Mit überdurchschnittlicher Sonnenscheindauer dürfte somit die in der Karte gezeigte leicht negative Temperaturanomalie in den Tieflagen wohl ins Gegenteil kippen. Deutlich unterkühlt wird der Oktober 2018 in Süd- und Südosteuropa gerechnet, allerdings scheint hier eine gewisse Übertreibung durchaus möglich.
Unter dem Hochdruckgürtel von West- über Mittel- bis Nordosteuropa wird der Oktober trockener als im langjährigen Schnitt – ausgerechnet in jener Region, welche bereits ein extrem trockenes Sommerhalbjahr hinter sich hat. Der Mittelmeerraum wird unter häufigem Tiefdruckeinfluss überdurchschnittlich viele Niederschläge einfangen, hier ist aufgrund der noch sehr hohen Wassertemperaturen und der zeitweise aus Norden abtropfenden Höhenkaltluft wohl mit regional heftigen Unwettern zu rechnen. Die feuchte Westwindzone (diesmal eher eine Südwestwindzone) ist als rotes Band über dem Atlantik gut zu erkennen, sie erreicht aber offenbar das europäische Festland nur selten. Auf der Vorderseite des Tiefs wird warm-feuchte Luft über Island an die Ostküste Grönlands geführt. Das erinnert stark an die Situation vor zwei Jahren, als wiederholt Reste tropischer Stürme bis in diese Region vordringen konnten und Rekordniederschläge brachten.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Geopotenzials (Druck in rund 5500 m Höhe) gegenüber dem langjährigen Mittel:
Das grossräumige Zirkulationsmuster wurde in der Prognose sehr gut getroffen. Es gibt nur eine wesentliche Abweichung: Das Hochdruckzentrum im Osten ist nach Süden gerutscht und lag statt wie erwartet über Finnland/Karelien schlussendlich über dem südlichen Westrussland und der Ukraine. Dadurch wurde auch die erwartete Tiefdruckzone über Südosteuropa verdrängt. Statt kühler Luftmassen aus Nordosten dominierten somit Hochdruckeinfluss und viel Sonnenschein ganz Osteuropa. Dieser Unterschied hat sich massiv auf die Temperaturen ausgewirkt.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Wir erkennen eine verblüffende Übereinstimmung der Temperaturmuster über dem Atlantik, der Arktis und im westlichen Mittelmeerraum, was aufgrund der gut getroffenen Druckkonstellation nicht weiter erstaunt. Extrem auffällig sind die Unterschiede zwischen Prognose und Analyse über dem Kontinent und insbesondere in Osteuropa. Auf eine mögliche Übertreibung des Modells in Sachen Kaltluft haben wir in der Prognose zwar hingewiesen, in diesem Ausmass ist das Resultat aber doch erstaunlich, wenn auch gut erklärbar: Die Verschiebung des Hochdrucks nach Süden bewirkte, dass keine Kaltluft aus Nordosten einfliessen konnte, stattdessen konnte die Sonne unter nahezu permanentem Hochdruckeinfluss trotz länger werdenden Nächte stetig einheizen. In Mitteleuropa sind die höheren Temperaturen durch länger als erwartet dauernde Südlagen zustande gekommen.
Für den Oktober doch recht aussergewöhnlich ist die Tatsache, dass die Temperaturabweichung über dem Kontinent am Boden mit jener in rund 1500 m Höhe mithalten konnte. Normalerweise erwartet man im Oktober bei Hochdrucklagen zunehmende Inversionen mit Nebel oder bei klaren Verhältnissen kalte Nächte, welche das Temperaturmittel drücken. In diesem Fall muss man davon ausgehen, dass die Böden derart ausgetrocknet sind, dass für Nebelbildung zu wenig Feuchte vorhanden war. Entsprechend sehen wir auch in den typischen Nebelgebieten die höchsten positiven Abweichungen von 50 bis lokal 100 % zur üblichen Sonnenscheindauer. Bildet sich nur wenig Nebel oder löst er sich am Vormittag rasch auf, hat die Sonne auch im Oktober noch genügend Kraft, um tagsüber die Temperaturen auf sommerliche Werte ansteigen zu lassen, was die kühlen Nächte mehr als ausgleicht.
Die Zonen mit trockenen und nassen Regionen stimmen auch diesmal gut mit der Prognose überein, insbesondere die Trockenheit im nördlichen West- bis Mitteleuropa und der extrem nasse Mittelmeerraum wurden perfekt vorhergesagt. Der einzig markante Unterschied ist auch hier wieder in Osteuropa zu finden: Unter dem Hochdruckgebiet blieb es deutlich trockener als erwartet. Die extremen Niederschläge an der Alpensüdseite zum Ende des Monats kann die grobe Karte wie gewohnt nicht auflösen, daher verweisen wir auch diesmal auf die Analysen der Landeswetterdienste: (Schweiz, Österreich, Deutschland).
Nach Mai, Juni und Juli waren bereits im vierten Monat dieses Jahres Westlagen völlig abgemeldet. Der Oktober war je zur Hälfte von gemischter und meridionaler Zirkulation geprägt. Die Nordwestlagen und die Hochdruckbrücke stellten sich wie erwartet ein, die von uns erwarteten Südlagen dauerten hingegen länger und besetzten zusammen mit einer dreitägigen Südostlage ebenfalls die Hälfte des Monats. Die von uns in der Prognose erwähnten Nordlagen in Form eines Trogs Mitteleuropa fanden über Westeuropa statt, was bei uns die Lage in den Grosswettertyp Süd umkehrt. Der hohe Anteil an antizyklonalen, also hochdruckgeprägten Lagen widerspiegelt sich im Verhältnis von 24 trockenen zu 7 feuchten Tagen, wobei es nicht mal an allen sieben Tagen in ganz Mitteleuropa nass war, sondern jeweils nur einzelne Tage in unterschiedlichen Regionen davon.
Die Langfristprognose für den November findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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