Am 16. September 2016 soll es so weit sein: Das 60. Gordon Bennett-Race soll starten, und zwar in Gladbeck, Nordrhein-Westfalen. Da ich erneut als meteorologische Betreuerin des Teams SUI-3 fungieren darf und der Blog zum GBR2015 auf enormes Interesse gestossen ist, möchte ich auch in diesem Jahr das Rennen aus Sicht der Meteorologie kommentieren und erklären. Die Konzentration auf die Beratung des Teams hat natürlich absoluten Vorrang, sodass die Aktualisierungen vielleicht zu Beginn nicht immer so zeitnah erfolgen, wie man sich das wünschen möchte. Die Schreibtätigkeit wird also stark davon abhängen, wie sehr das Wetter uns alle fordern wird. Ich freue mich jedenfalls, der interessierten Leserschaft das Wetter und dessen Einflüsse auf Verhalten und Taktik der Ballonfahrer so einfach wie möglich und doch so fundiert wie nötig erklären zu dürfen und wünsche allen viel Spass und Spannung.
Zu Beginn ein paar Eckdaten:
Der Start in Gladbeck am Nordrand des Ruhrgebietes in Nordrhein-Westfalen ist auf Freitagabend, 16.09.2016 ab 22:00 MESZ angesetzt. Bei schlechter Witterung kann jeweils um 24 Stunden verschoben werden, spätester Starttermin ist Dienstag, der 20. September.
Gewinner ist jenes Team, das am weitesten vom Start entfernten Punkt landet. Weder die zurückgelegte Strecke noch die aufgewendete Zeit spielen eine Rolle. Die am weitesten entfernten möglichen Landepunkte von Gladbeck aus gesehen sind:
– in nördlicher Richtung das Nordkap in Norwegen, ca. 2400 km entfernt;
– in südöstlicher Richtung das östliche Ende von Kreta (Griechenland), ebenfalls ca. 2400 km;
– in südwestlicher Richtung die Südwestspitze von Portugal bei Sagres, ca. 2000 km
Die Karte mit den für das Rennen offenen Ländern (kann bis zum Start noch kurzfristig ändern): http://gordonbennett.aero/coupe/open-countries
Die offizielle Seite unter anderem mit Beiträgen zur Geschichte des Rennens, Regeln usw.: http://www.gordonbennett.org/index.php/de/
Das Live-Tracking während des Rennens: http://gordonbennett.aero/live
Die Seite unseres Teams SUI-3: https://woidl.wordpress.com/
Nun also zu unserem Kernthema, dem Wetter. Der gute alte Mr. Murphy hatte eben doch recht. Da steht Mitteleuropa seit fast vier Wochen unter Hochdruckeinfluss, und ausgerechnet zum Start des Gordon Bennett-Rennens schlägt das Wetter um. Die Details sind noch nicht ganz klar, aber dass uns am Wochenende ein Tiefdruckgebiet besucht, steht inzwischen fest:
Das Ensemble des amerikanischen Wettermodells GFS zeigt die Möglichkeiten der Wetterentwicklung für die nächsten zwei Wochen im Ruhrgebiet. Der Donnerstag ist der letzte Hochsommertag, danach geht es auf jahreszeitlich normales Niveau runter. Die oberen Kurven zeigen die Temperatur, welche unsere Piloten auf rund 1500 m erwarten können (linke Skala), wobei die dicke rote Linie das langjährige Mittel 1971-2000 vorgibt. Je enger die einzelnen Linien (= Member) gebündelt sind, umso sicherer ist die Prognose. Am unteren Rand sind die 6-stündigen Niederschlagssummen aufgetragen (rechte Skala). Hier fällt das nasse Wochenende ins Auge, danach wird es wieder etwas ruhiger, wenn auch nicht ganz beständig. Schauen wir uns die aktuelle Prognose obigen Modells für den geplanten Start am Freitagabend an:
Die grünen Dreiecke stehen für Schauer, die grünen Punkte für Regen: je mehr Punkte, umso intensiver der Niederschlag. Auch Gewitter sind an einer nach Nordosten abziehenden Kaltfront zu erwarten. Die grauen Kreise zeigen trockene Gebiete mit der Wolkenbedeckung in Achteln. Gladbeck ist also geradezu umzingelt, vor allem soll am Nachmittag, wenn die Ballone befüllt werden sollen, die Kaltfront mit den Gewittern über das Startgelände ziehen. Aus aktueller Sicht ist also ein Start am Freitag fraglich. Allerdings ist diese Prognose noch nicht in Stein gemeisselt, denn zuständig für diese Unbill ist ein sogenntes CutOff-Tief bzw. Kaltlufttropfen, die mitunter ein recht eigenwilliges Leben mit unberechenbarer Zugbahn führen. Es hat seinen Ursprung in der Biskaya, wo es als kleines, aber giftiges Sturmtief im Lauf des Mittwochs für Unwetter sorgt:
In der Folge zieht das Tief unter Abschwächung langsam in den Kontinent hinein, wobei eben die genaue Zugbahn noch nicht ganz gesichert ist. Das jetzt noch regierende Hochdruckgebiet zieht sich nach Norden zurück und wird dort am Wochenende aufgerieben. Das Islandtief übernimmt nach und nach die Regie über Nordeuropa, was für das Rennen ziemlich sicher von Bedeutung sein wird, da es die atlantische Westwindströmung in irgend einer Form nach Europa hineinträgt. Aufgrund des unberechenbaren Tiefs bei uns wissen wir noch nicht, an welchem Tag das Rennen gestartet werden kann, somit ist es auch noch völlig sinnlos sich zu sehr Gedanken über mögliche Routen der Ballone den Kopf zu zerbrechen. Bleiben Sie bei uns dran, spätestens am Freitag erfolgt die nächste Aktualisierung in diesem Blog.
Nacht auf Donnerstag, 15.09.2016: Betrachten wir unseren Spielverderber doch mal etwas genauer
Das Satellitenbild zeigt das angesprochene Tief in seiner ganzen Pracht. Es ist dabei, einen Dipol zu bilden. Das Drehzentrum über der Biskaya markiert das Höhentief (in den folgenden Karten als Tr1 bezeichnet), unter ihm liegt ein Bodentief (T1). Über Ostfrankreich bildet sich ein neues Bodentief (T2) als Verwellung der Kaltfront von Tief 1. Die Bildung von neuen Bodentiefs (= Zyklogenese) ist typisch für Vorderseiten von Trögen und Höhentiefs. Kein verantwortungsbewusster Meteorologe würde daher sein Ballonteam auf der Vorderseite eines Höhentiefs entlang fahren lassen. Folglich ist es auch ratsam, den Start des Rennens nicht auf der Vorderseite eines Höhentiefs anzusetzen.
Diese Karte zeigt die Verteilung von Höhentiefs (farbig, gelb = Tiefdruck, rot = Hochdruck) und Bodentiefs (schwarze Isobaren in Hektopascal hPa). Aus dem ostatlantischen Höhentrog (Tr1) ist ein eigenständiges Höhentief abgetropft (daher der Name CutOff). Das Höhentief steuert Bodentiefs (T1 und T2) im Gegenuhrzeigersinn, während es sich langsam nach Osten verlagert. T2 zieht somit unter Verstärkung mit seiner energiereichen (warm/feucht) Luft nach Nord bis Nordwest über den Ärmelkanal nach England, während T1 sich auf der Rückseite des Höhentiefs allmählich abschwächt und durch Südfrankreich in den Golf von Genua zieht. In der Nacht auf Samstag sieht die Situation folgendermassen aus:
Das alte Höhentief Tr1 liegt nun auf der Alpensüdseite, sein Bodentief T1 im Schlepptau. Das nach Norden gezogene Bodentief T2 wird von einem neuen Trog ausgehend vom Islandtief, der ebenfalls ein Höhentief abtropfen lässt, eingefangen und labilisiert die Atmosphäre in BeNeLux und Nordwestdeutschland (warme Luft am Boden, kalte Luft in der Höhe = Gefahr von Schauern und Gewittern). Erst wenn Tr2 nach Süden abgezogen ist – das dürfte frühestens am Sonntagvormittag der Fall sein – kann sich eine Hochdruckbrücke zwischen dem Ostatlantik und Skandinavien bilden und die Situation derart beruhigen, dass man Gefahr bei den Startvorbereitungen ausschliessen kann. Meine derzeitige Schätzung ist somit dahingehend, dass nicht vor Sonntagabend gestartet wird. Ich halte euch selbstverständlich auf dem Laufenden…
Update Donnerstagnachmittag: Die Rennleitung teilt mit, dass der Start auf Sonntagabend, 18.09.2016 verschoben wird.
Freitagnachmittag: Unser Spielverderber lässt mir keine Ruhe, und Zeit habe ich ja jetzt 😉
Höhentiefs, Kaltlufttropfen sind unter Meteorologen berüchtigt, dass sie ein eigenwilliges Leben führen. Einmal von ihrem Muttertrog bzw. dem steuernden Jetstream abgekoppelt, eiern sie oft führungslos umher und sind daher betreffend ihrer Zugbahn sehr schwierig zu prognostizieren. Entsprechend liefert jedes Modell mit jeder neuen Rechnung eine völlig neue Variante. So auch in unserem Fall, was nachvollziehbar macht weshalb der Start gleich um zwei Tage verschoben wurde, in der Hoffnung dass dieses Überraschungsei bis dahin das Weite suchen möge…
Weiter oben habe ich bereits erwähnt, dass am Samstag von Nordwesten her ein zweites Höhentief ins Spiel kommt. Wenn man sich nun meine Erklärung zu Höhentiefs weiterdenkt, kommt man auch ohne Expertenwissen zum Schluss: Ein Höhentief = eigenwillig, zwei Höhentiefs = unberechenbar. Ich habe mich mal nach einem Modell umgeschaut, das die verzwickte Situation am Samstag anschaulich darstellt:
Die in den Karten weiter oben beschrifteten CutOff-Tiefs Tr1 und Tr2 habe ich hier in hT1 und hT2 umbenannt, da es sich nun um eigenständige Höhentiefs handelt. Gezeigt wird hier das Geopotenzial und die Temperatur in der 500hPa-Fläche. Das Geopotenzial ist in Dekameter angegeben und bezeichnet die Höhe der Druckfläche. 566 z.B. sind also 5660 Meter. Man erkennt auch noch sehr gut die unterschiedliche Herkunft der beiden Höhentiefs: hT1, geboren über der Biskaya, weist eine Kerntemperatur von -14 C° auf. hT2, ein Kind des Islandtiefs, hat eine Kerntemperatur von -20 C°. Die beiden Tiefs bilden in dieser Modellrechnung einen Dipol. Wer sich ein wenig mit Astronomie und Raumfahrt befasst, weiss wie solche Gebilde aufeinander wirken: Sie umkreisen sich gegenseitig, wenn sie ungefähr gleich stark sind. Und sie können einander neuen Schub verpassen. Andere Wettermodelle lassen die beiden Tiefs bereits am Samstag zu einem Kern verschmelzen (das junge hT2 schluckt das gealterte hT1), das wäre für uns dann die einfachere Lösung, denn in irgend einer Form wird das Ding noch weiter leben und unser Rennen ab Sonntag beeinflussen. Lassen wir uns also überraschen, was die tanzenden Kobolde noch im Schilde führen. Meiner Meinung nach ist es heute noch verfrüht, sich über die Startbedingungen und die folgenden Möglichkeiten den Kopf zu zerbrechen. Erst mal müssen die Wettermodelle zu einer einheitlichen Lösung finden und vor allem ausschliessen, dass sich das Höhentief nachhaltig über Mitteleuropa einnistet.
Samstagabend, 17.09.2016: Die Rennleitung gibt grünes Licht für den Start am Sonntagabend
Das Warten und Grübeln hat also ein Ende und die Meteorologen können sich endlich an die Arbeit machen! Andererseits wäre ich auch nicht traurig gewesen, wenn der Start noch mal und zwar auf Montagabend verschoben worden wäre. Dies hätte dem Rennen neue Möglichkeiten eröffnet. Mit dem Start am Sonntag ist von Beginn weg eindeutig, wohin die Reise geht. Veranschaulichen lässt sich dies mit einem sogenannten Prognose-Sounding. Hier wird der Zustand der Atmosphäre zum Startzeitpunkt am Sonntag um 23:00 MESZ vertikal simuliert. Um für Laien die Orientierung mit den Druckflächen (mb oder hPa auf der linken Skala) etwas zu erleichtern, habe ich manuell die ungefähre Höhe in Meter rechts in gelben Zahlen hinzugefügt:

Quelle: modellzentrale.de
Lassen Sie sich von den vielen bunten Linien nicht irritieren, denn für unseren Gebrauch sind deren nur wenige wichtig. Die rechte (dicke) weisse Kurve zeigt die prognostizierte Temperatur, deren Skala am unteren Rand angegeben ist. Die Temperaturskala verläuft gerade in grauen Linien nach rechts oben. Lesebeispiel: Die Temperaturkurve schneidet die Nullgrad-Linie auf etwa 3200 m Höhe. Soweit der kleine Exkurs, damit Sie sich eine Vorstellung machen können, in welcher Höhe die Piloten ungefähr welche Temperatur vorfinden werden. Worauf ich aber eigentlich hinweisen möchte, ist der Wind. Rechts der Höhenangaben in Metern sind die Windfiedern zu sehen. Viele Varianten gibt es also beim Start nicht, es geht entweder direkt nach Süden oder Südwesten. Eine ganze Fieder steht für 10 Knoten, eine halbe für 5 Knoten. In 3000 m weht der Wind also rund 15 Knoten aus Nord. Wenn Sie mit diesem Mass nicht viel anfangen können, nicht schlimm: Verdoppeln Sie die Knoten und ziehen sie davon 10 % ab, dann haben Sie die ungefähre Geschwindigkeit in km/h.
Weiter südlich mit Annäherung an das verbleibende Tiefdruckgebiet nimmt der Wind zu. Somit ist in den ersten 24 Stunden die Alpensüdseite (Südfrankreich oder Norditalien) erreichbar. Dort wartet der Côte d’Azur-Kreta-Express mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 30 kt oder 54 km/h in nur rund 1500 m Höhe:
Steigt man auf dieser Route zwischenzeitlich bis auf rund 4000 m, erreicht man am Donnerstagmorgen Griechenland. Eine verlockende Idee, aber auch eine sehr riskante. Nicht nur lassen die weiten Strecken über das offene Meer nur wenige Landemöglichkeiten zu, auch die Gewittergefahr ist über dem sehr warmen Wasser mit einem nahen Höhentief erheblich. Nachfolgende Karte zeigt die Gewitterwahrscheinlichkeit für Mittwoch, da müsste man also hindurch, wenn das Ziel Griechenland lauten sollte:
Diese gelben bis roten Gebiete sind für unser Team absolutes Tabu, so viel darf ich bereits verraten. Es gibt bedauerlicherweise in der Geschichte des GordonBennett-Rennens ein trauriges Kapitel, in dem ein solches Risiko tödlich endete. Die Herausforderung besteht also darin, einen Weg zu finden, möglichst weit zu kommen, ohne diese Gefahrenzonen durchfahren zu müssen. Im Gegensatz zum letztjährigen Rennen, wo mit einer relativ gefahrlosen Fahrt am Rand eines Hochs eine grosse Distanz zurückgelegt werden konnte, sind unsere Köpfe in diesem Jahr deutlich mehr gefordert. Zum Glück ist in meinem Büro kein Rauchmelder installiert…
Sonntagmittag, 18.09.2016: Das letzte Briefing hat nichts Neues mehr ergeben, die Startvorbereitungen für heute Abend beginnen
Am liebsten würde ich dieses verflixte Tief auf den Mars schiessen, der Mond wäre mir noch zu nahe…
Bezüglich Gewitterrisiko im Mittelmeerraum hat sich über Nacht das gefährliche Areal nach Westen erweitert, da sich am Dienstag im Golf von Genua ein neues kleines Tief bilden soll. Damit fällt für uns auch die Option Sardinien/Sizilien weg. Leider ist der Sog des Tiefs durch alle Höhenschichten derart stark, dass man unweigerlich zum Mittelmeer gezogen wird. Da stellen sich einerseits die Alpen als Hindernis in den Weg, an dessen Nordseite sich die feuchte Luft staut. Man muss also bei einer Alpenüberquerung in Österreich am Montagabend oder in der Nacht auf Dienstag mit Nebel, Regen und ab etwa 2000 m auch mit Schneefall rechnen. Wie wetterfest sind unsere Piloten? Etwas freundlicher sieht es in der Schweiz aus, aber da sind auch die Berge höher. Man könnte die Alpen umfahren, doch auch hier wartet Ungemach:
Hier ist der Wind in etwa 750 m Höhe am Montagabend dargestellt. Der ist am Boden nicht etwa schwächer, denn er wird durch die Alpen an deren Rändern kanalisiert. Keine gute Zone, um notfalls vor der Gewitterrisko-Zone landen zu können. Wie hat es John Rose vom Team GBR-2 so schön formuliert: „shredding your knickers in the Mistral in the Rhone Valley“. Das gilt ebenso für den Alpenostrand und die Bora in Istrien wie auch für die Nordföhntäler auf der Alpensüdseite.
Einige Draufgänger wird das wahrscheinlich nur wenig beeindrucken. Bei mir persönlich kommt die Berufsethik ins Spiel. Jahrelang habe ich mit meiner Arbeit und meiner Forschung darauf hin gearbeitet, Menschen vor Wettergefahren zu warnen und fernzuhalten. Ich bin froh und dankbar, dass unser Team SUI-3 besonnen genug ist, nicht ums Hauen und Stechen die Fahrt zum Weltmeistertitel zu verlangen. Ich denke, wir passen sehr gut zusammen. Die grosse Herausforderung besteht nun darin, irgend einen Ausweg aus dieser zähen Nordströmung zu finden. Die Chancen sind nicht wirklich gross, aber ich werde es bis zum Schluss versuchen. Dass unser Team als letztes startet, könnte hierbei noch von Vorteil sein.
Sonntagabend, 23:40 Uhr: Warten auf den Start, der seit über einer Stunde in Gang sein sollte
Nach den neuesten Informationen muss die Landung eines verspäteten Flugzeugs am Flughafen Düsseldorf abgewartet werden. Ich hoffe, dass sich dies nicht negativ auf unsere Strategie auswirken wird, denn die von uns anvisierten Winde sollen sich laut Modellen nach Mitternacht wieder abschwächen. Eine Verzögerung um eine Stunde oder mehr kann bei solch schwierigen Verhältnissen wie heute einen Rattenschwanz an Folgen nach sich ziehen und die ganze mühsam erarbeitete Route in Frage stellen.
Mit einer Stunde Verzögerung ist Team SUI-3 um exakt 01:00 MESZ als letzter Ballon gestartet und inzwischen zwei Stunden in Richtung Südwest unterwegs. Der Flug ist noch etwas unruhig, da das Überschiessen vom Start her über die geplante Höhe erst ausgeglichen werden muss. Das sieht bei allen Teams, welche in tieferen Schichten fahren, ähnlich aus. Man sieht schön, dass sich offenbar drei Cluster zu bilden scheinen:
Jene mit Fahrtrichtung Südwest liegen in Höhen zwischen 200 und 500 m. Ziemlich direkt nach Süden geht es in einer Fahrthöhe von 700-900 m, und jene Ballone welche sogar einen Südostkurs eingeschlagen haben, tun dies in 1000 bis 1500 m Höhe. Bis zum späteren Morgen werden wir sehen, wie viele Teams den sich allmählich verlangsamenden Südwestkurs beibehalten. Die übrigen dürften wohl eine Alpenüberquerung ins Auge fassen oder sogar versuchen, sie östlich zu umfahren.
Montagmorgen 19.09.2016, für Team SUI-3 ist das Rennen nach knapp 129 km bereits zu Ende
Irgend eine Militärübung hat unser Team zur Landung gezwungen. Offenbar sind noch andere Teams im Osten Belgiens betroffen, auch GBR-1 und AUS-1 sind gelandet. Mehr dazu, sobald genauere Informationen vorliegen. Sehr schade, denn wir hatten offensichtlich eine von den meisten Teams abweichende Strategie, welche viel Spannung versprochen hätte.
Mal sehen, wie ich hier über das Rennen weiter berichte. Man möge es mir nachsehen, dass meine Motivation soeben einen herben Dämpfer abgekriegt hat 😥
Das hier ist der Grund der Landung: http://www.mil.be/sites/mil.be/files/files_library/elsenborn_schiessubungen__193.pdf
Da drängt sich die Frage auf, warum wir davon nichts wussten… Nachtrag: Noch viel mehr drängt sich die Frage auf, warum uns das so weit im Westen tangiert. GBR-1 steuerte direkt auf das Übungsgelände zu, da ist der Fall klar. Aber GBR-2, das zwischen unserem Team und GBR-1 unterwegs war, ist eine Stunde später immer noch in der Luft. Die Landung von AUS-1 könnte einen anderen Grund haben.
Genug Frust geschoben, wenden wir uns denen zu, die noch im Rennen sind:
Nachdem meine Jungs gelandet sind, bin ich sozusagen arbeitslos und würde am liebsten das Team AUT-1 adoptieren. Ich bin wirklich sehr gespannt, ob sie jene Strategie verfolgen, die auch die unsere gewesen wäre. Jedenfalls sind sie genau auf meiner geplanten Route unterwegs. Es ging uns darum, den Sog des Mistral nach Westen zu verlassen und am Montagabend östlich von Paris eine aufkommende NE-Strömung zu nutzen, um während der Nacht nach Südwesten in Richtung Baskenland voranzukommen. Am Dienstag hätten wir entschieden, ob die Reise entlang der spanischen Nordküste nach Westen oder über die Pyrenäen nach Süden gehen soll. Die Windkarte in rund 800 m zeigt die Möglichkeiten auf, die Herausforderung besteht darin, die mit X markierte Position am späten Abend zu erreichen:
Leider gibt es seit 10:29 MESZ keine Aktualisierung des Live-Trackings mehr, von GBR-2 wissen wir sogar seit einer Stunde nicht mehr, ob sie überhaupt noch im Rennen sind. Bitte liebe Organisatoren, ich weiss dass ihr hier mitlest: Unternehmt dringend etwas, damit wir die Position der Ballone zeitnah verfolgen können, anders hat das Ganze hier keinen Sinn!
Nachdem wir um 12:00 wieder mal eine aktuelle Position von AUT-1 sehen, habe ich mal die möglichen Trajektorien gerechnet. Die in obiger Karte markierte Position kann erreicht werden, wenn in der bisherigen Höhe weiter gefahren wird. Mitunter muss man die optimale Höhe etwas suchen, um den Südwestkurs zu halten und nicht zu direkt nach Süden zu geraten. Um Mitternacht käme man so ungefähr 25 km nördlich von Troyes zu liegen und hätte dann Kurs 240 bis 250°. Das wurmt mich jetzt umso mehr, dass mein Team nicht mehr im Rennen ist. Ich weiss zwar nicht, ob AUT-1 zufällig denselben Plan ausgeheckt hat, vielleicht hat es ihnen ja auch jemand geflüstert…? 😉
Diese Mitteilung aus dem Headquarter lässt mehr Fragen offen, als sie beantwortet: http://gordonbennett.aero/news/three-teams-land-aus-gbr-01-sui-03
Warum sind nur diese drei Ballone gelandet, befanden sich doch zu diesem Zeitpunkt noch weit mehr Teams über dem fraglichen Gelände? Ich hoffe noch auf eine plausible Erklärung was da genau schief gelaufen ist, ich möchte gerne verstehen warum meine ganze Arbeit der letzten Tage vergeblich war. Vor allem gilt es die Lehren zu ziehen damit derartige Ereignisse in zukünftigen Rennen vermieden werden können.
Aussichten für Montagabend: Alpenquerung
Die in Front liegenden Teams passieren in den frühen Abendstunden den Jura und das Schweizer Mittelland und erreichen in wenigen Stunden die Hochalpen. Folgendes Satellitenbild macht klar, weshalb kein Team eine östlichere Route gewählt hat, wären doch die Alpen dort nicht ganz so hoch wie ausgerechnet rund ums Mont Blanc-Massiv:
Auch in den Westalpen stauen sich tiefe Wolken am Alpennordhang, allerdings ist es hier im Gegensatz zu den Zentral- und Ostalpen bereits weitgehend trocken. Mit Schnee auf der Ballonhülle muss also niemand rechnen. Trotzdem sind die Bedingungen alles andere als kuschelig: Für eine sichere Alpenquerung muss eine Höhe von 5000 m erreicht werden, ausser man sucht sich den Weg über Pässe, was aufgrund von Kanalisierungseffekten und schlechten Modelldaten sowie eingeschränkter Sicht durch Wolken und Nebel sehr riskant ist. Folgende Karte zeigt die Temperatur in 5600 m, das ist die modellierte Geopotenzialfläche 500 hPa:
Selbst in 4200 m Höhe (600 hPa-Fläche) werden immer noch -9 Grad erreicht. Der Wind weht aus Nord bis Nordwest mit 36 bis 45 km/h. Was die Ballone auf der Alpensüdseite erwartet, schauen wir uns etwas später an. In den nächsten Stunden vor Einbruch der Dunkelheit wird es eine gewaltige Zäsur im Feld geben: Jene, welche das Risiko Alpenquerung nicht wagen wollen, müssen jetzt landen. Das gilt auch für jene, welche westlich der Vogesen unterwegs sind, wenn sie nicht in den Mistral gezogen werden wollen. Eine spätere Landung im Rhonetal bei Windgeschwindigkeiten von 50 km/h und mehr ist nahezu unmöglich. Und was macht mein „Adoptiv-Team“ AUT-1? Es ist etwas von meiner geplanten Route abgekommen, indem es in Höhen um 1000 m in leicht südöstliche Richtung (statt Südwest) eingeschlagen hat. Die südwestlichen Winde wären in 600-800 m zu finden.
Dominic Blaser, ein lieber Freund, Hobbymeteorologe und fleissiger Leser dieses Blogs hat mich heute Nachmittag angerufen, er wollte am Neuenburgersee die Ballone abpassen. Während wir noch zusammen rätselten, wo SUI-1 stecken könnte (das Tracking war mal wieder eine halbe Stunde hängig), zeigte sich der Ballon in knapp 4000 m Höhe durch die spärlichen Wolkenlücken. Danke fürs Bild, es tröstet mich ein wenig über die heutigen Erlebnisse hinweg, dass diese Faszination so ansteckend sein kann!
Wie erwartet hat sich am Abend das Teilnehmerfeld gelichtet. Nach dem Militärgebiets-Desaster vom Morgen, das für drei Teams das Ende bedeutete, sind am Abend sieben weitere Ballone gelandet. Damit verbleiben noch 14 von 24 Teams im Rennen. Dabei haben sich im Groben drei Gruppen gebildet: Eine hat die direkte Alpenüberquerung gewählt, eine zweite wartet zwischen den Vogesen und dem Genfersee in tieferen Lagen ab, was der Morgen bringt, und die dritte sucht immer noch unbeirrt nach der Südwestroute. Letzteren werde ich mich später noch näher widmen. Hauptaugenmerk gilt jetzt mal jenen fünf Teams, welche die Alpenquerung bereits hinter sich gebracht haben oder noch dabei sind. Nach meinen Trajektorien-Berechnungen können bis Dienstagabend unter Beibehaltung entsprechender Höhen diese Ziele erreicht werden: In 4200 m Höhe bis ungefähr Rom, in 4800 m Neapel und in 5500 m Sizilien bis Apulien. Stellt sich die Frage nach der weiter oben bereits erwähnten Gewittergefahr. Nach den aktuellen Modellrechnungen sollte vor Dienstagabend das Gewitterrisiko über dem Festland und dem angrenzenden Tyrrhenischen Meer (Westküste) gering bleiben. Tagsüber gibt es eine mässige Wahrscheinlichkeit für Gewitter zwischen den Balearen und Sardinien, diese wäre aber nur für Teams ein Thema, welche durch den Mistral in diese Gegend geraten (was nach aktuellem Stand wohl nur für FRA-1 und POL-1 eine Option darstellt). Italien-Reisende müssten aber sicherheitshalber am Dienstagabend landen, da in der Nacht die Gewitterwahrscheinlichkeit zunimmt:
Natürlich bleibt ein Restrisiko, wenn man davon ausgeht, dass vor 18 UTC nichts passiert. Auch wird über der Adria jetzt keine Gewittergefahr mehr gerechnet, was eine Weiterreise auf den Balkan ermöglicht. Meiner Erfahrung nach wird jedoch die Gewitterneigung im Herbst von einigen Wettermodellen über dem warmen Wasser unterschätzt. Die Meteo-Teams von SUI-1 und SUI-2 sind erfahren genug, dies zu wissen und werden bestimmt die entsprechende Vorsicht walten lassen. Dasselbe hoffe ich natürlich auch für die übrigen Teams (die mir persönlich nicht bekannt sind), welche sich in dieses Terrain wagen. Doch wie sieht es mit den Landemöglichkeiten am Abend aus? Folgende Karte zeigt die Windböen am Boden um 20:00 MESZ (18 UTC):
Heikle Gebiete sind der äusserste Süden sowie Teile der Adriaküste mit Ausläufern der bereits weiter oben erwähnten Bora. Wer ungeplant tagsüber landen müsste, findet wie üblich verbreitet windigere Verhältnisse vor als auf der Abendkarte gezeigt.
Noch ein bisschen Spekulation zur mittleren Gruppe. Alte Füchse und Rekordmeister wie FRA-1 und GER-1 vertrödeln ihre Zeit nicht einfach so nördlich der Alpen. Irgendwas führen sie im Schilde und wir dürfen uns überraschen lassen, was wir am Morgen vorfinden. Bei den übrigen wird sich zeigen, ob am Morgen für eine Alpenüberquerung noch genügend Ballast zur Verfügung steht. Jene Teams, welche eine unruhige Fahrt mit vielen Höhenwechseln hinter sich haben, kommen dafür eher nicht mehr in Frage.
Nun noch zur (inzwischen sehr kleinen) Südwest-Gruppe, wo sich AUT-1 immer noch langsam, aber beharrlich Kilometer um Kilometer westwärts aus dem Sog des Mistral zu befreien sucht. Die kritische Schwelle haben sie geschafft, diese ist in der Relief-Karte sehr schön zu sehen:
Die Idee hinter dieser Taktik war, bodennah orographisch (also durch Gebirge) umgelenkte Winde zu nutzen, um nach Südwesten zu gelangen. Wie man sieht, wird das weite Becken der Champagne, an das das Pariser Becken anschliesst, im Osten durch ein niedriges Mittelgebirge vom Rhonetal abgegrenzt. Der Nordwind wird hier einerseits im Rhonetal kanalisiert, aber andererseits in der Champagne durch das Randgebirge auch nach Südwesten abgelenkt. Das Problem hierbei ist, dass die Wettermodelle diese feine Struktur nur ungenügend auflösen und daher mit der Modellierung des Windes Mühe bekunden. Da muss sich der Meteorologe schon selber seine Sache hinzu denken. Orographisch beeinflusste Winde sind immer in den unteren Luftschichten am stärksten. Wer also dort die Kurve nach Südwesten kriegen will, muss westlich der Wasserscheide knapp über Boden (ungefähr 100 m) fahren. Das geht natürlich nur bei guter Sicht, damit man allfällig auftauchenden Hindernissen wie Antennen, Windkraftanlagen, Fabrikschlote etc. ausweichen kann. Bei ungenügender Sicht muss ein grösserer Sicherheitsabstand zum Boden eingehalten werden, was wiederum auf Kosten der Geschwindigkeit geht. Eine optimale Flughöhe entlang der 300 bis 400 m hohen Hügel liegt nachts also bei ungefähr 600-700 m. Der Vorteil dieser Route ist, dass man bei ruhiger Fahrt kaum Ressourcen (Ballast und Gas) verbraucht, und somit alles vom Durchhaltevermögen der Piloten abhängt (bei über 90 Stunden liegt der Rekord). Und da kriege ich beim Blick auf das Fahrtprofil von AUT-1 etwas Stirnrunzeln. Da wurde offenbar am Nachmittag auf der Suche nach der optimalen Balance zwischen Geschwindigkeit und Richtung zu häufig die Höhe geändert. Der Kurs stimmt aber immer noch, und so drücke ich den Österreichern ganz fest die Daumen. Ich möchte doch so gerne wissen, ob die für SUI-3 gewählte Strategie aufgegangen wäre. Nach aktuellen Modellberechnungen sollte der Ballon am Dienstagmorgen 08:00 MESZ ungefähr über Auxerre ankommen, idealerweise auch etwas südlich davon. Für POL-2 und GBR-2 sind die Chancen, denselben Weg einzuschlagen, nur noch minim, da sie zu weit östlich im Sog des Mistral liegen.
Dienstag, 10:05 MESZ: Heute morgen sind vier weitere Ballone gelandet, es verbleiben zehn im Rennen
Bevor wir uns der Spitzengruppe und den Bedingungen im Mittelmeer zuwenden (vorerst ist es bezüglich Gewitter noch ruhig), möchte ich noch mal auf die von AUT-1 gewählte Südwestroute eingehen. Das Team hat sich gegen eine tiefe Position und somit einen Westkurs in der Nacht entschieden und ist zunächst in rund 1000 m Höhe nach Südwesten gefahren, um im Lauf des Morgens kontinuierlich auf 1500 m zu steigen. Diese Höhe ist von den Wettermodellen sehr gut dokumentiert, es handelt sich um die viel verwendete 850-hPa-Druckfläche. Der Ballon befindet sich um 10:00 MESZ über Vichy und findet in den nächsten Stunden folgende Windverhältnisse vor:
Die von mir präferierte Position für diesen Zeitpunkt wäre das rote X südwestlich von Auxerre gewesen. Man sieht anhand der Windpfeile, dass so eine Fortsetzung der Reise in Richtung Baskenland und von dort entweder der spanischen Nordküste entlang nach Westen oder nach Süden ins Festland möglich gewesen wäre. Diese Chance ist für AUT-1 in der jetzigen Position (schwarzes X) vergeben. Eine tiefere Fahrt ist nicht mehr möglich, da das Zentralmassiv überwunden werden muss. Südlich davon kommt man in den Sog der Tramontane, das ist der gleichzeitig zum Mistral wehende Nordwestwind, der zum Mittelmeer führt. Am Boden nicht ganz so heftig wie der Mistral, aber dennoch stark genug um die Landung sehr risikoreich zu gestalten. Die Ausgangslage für eine Pyrenäenquerung ist in dieser Position auch nicht optimal. Ich fange ganz ehrlich an mich etwas um die Österreicher zu sorgen und bin gespannt, wann und so sie zu Landung ansetzen werden.
Nachtrag: Das Schicksal von AUT-1 lässt mir keine Ruhe, daher habe ich noch mal eine Stunde in ausführliche Trajektorien-Berechnungen investiert. Die Karte oben habe ich nun mit den Möglichkeiten ergänzt, die dem Team noch offenstehen. Bei Flughöhe 2000 m heute Nachmittag (was für die Überquerung des Zentralmassivs ratsam ist) ergibt sich am Abend eine Landemöglichkeit in einer ziemlich abgelegenen Gegend der Nouvelle-Aquitaine. Falls die Nacht noch in Angriff genommen werden kann, ist die optimale Flughöhe 1500 m, sodass am Mittwochmorgen in der Gegend von Montauban in einem weiten Tal gelandet werden kann. Falls Ballast und Stehvermögen der Piloten es zulassen, wäre eine Weiterreise nach Süden in etwa 1000 m Höhe über Toulouse hinweg bis an den Rand der Pyrenäen möglich. Das wären ziemlich genau 1000 km von Gladbeck, für eine Safety-first-Variante ein respektables Resultat. Dort ist aber endgültig Schluss. Eine Pyrenäenüberquerung ist nicht möglich, da in der Höhe Westwinde herrschen werden.
Dienstag, 14:00 MESZ: Team AUT-1 hat den Südwestkurs verlassen und ist jetzt in rund 2500 m Richtung Südosten unterwegs
Hiermit verlässt das österreichische Team die für mich nachvollziehbare Taktik. Was wollen die in dieser Höhe und mit dieser Fahrtrichtung erreichen? Dieselbe Frage stellt sich für jene drei Teams, welche im Rhonetal unterwegs sind. Wobei FRA-3 und GER-1 noch so weit nördlich liegen, dass eine gefahrlose Landung heute Abend möglich wäre. Bei POL-2 und AUT-1 stellen sich mir nur noch Fragezeichen in den Weg. Für eine Landung heute Abend begeben sie sich immer mehr in die Starkwindzone des Mistral – also etwa doch aufs Meer hinaus, um am Morgen Korsika oder Sardinien zu erreichen? Womit wir beim Thema Mittelmeer und Gewitterfahr angekommen wären:
Das Satellitenbild mit kombinierter Blitzortung zeigt die aktuelle Situation am frühen Nachmittag. Ergänzt habe ich die Gefahrenzonen von heute Abend (gelb = mässiges, rot = hohes Gewitterrisiko). Die Pfeile zeigen die Verlagerung der Risikozonen im Lauf der Nacht bis Mittwochmorgen. Am Mittwoch tagsüber ist mit folgender Gewitterwahrscheinlichkeit zu rechnen:
Wer sich also erst jetzt entscheidet, den Raum Korsika-Sardinien-Italien anzufahren, nimmt ein recht hohes Risiko auf sich. Für die vier Teams, die jetzt am oder über dem Stiefel unterwegs sind, bin ich zuversichtlich dass sie bis zum Abend eine sichere Fahrt absolvieren können. Über den Bergen zeigen sich zwar Quellwolken mit Schauern, zu (schwachen) Gewittern entwickeln sie sich aber kaum oder höchstens ganz vereinzelt. Bei den beiden Schweizer Teams gehe ich davon aus, dass keine Fortsetzung der Fahrt nach Griechenland geplant ist, denn deren Bodencrews sind in Italien unterwegs. Wäre das Ziel von Beginn weg Balkan oder Griechenland gewesen, hätten sie wohl den Landweg östlich der Adria bevorzugt. Etwas Sorgen bereitet mir die Position von POL-1, das am Vormittag die Westalpen überquert hat und jetzt gerade über der westlichen Poebene wieder im Steigen begriffen ist, um einen Südostkurs einzuschlagen.
Ergänzung zu Team POL-2 um 15:00 MESZ: Um 14:40 sah es so aus, als möchte der Ballon im Rhonetal nördlich von Valence landen: Offenbar war der Wind mit 30 km/h doch zu stark, jetzt sind sie wieder auf 1700 m gestiegen. Bin gespannt, wie die aus diesem Schlamassel wieder rauskommen…
Dienstag, 17:45 MESZ: Team USA-1 ist in der Nähe von Perugia gelandet
Als ob es eine Bestätigung für meine Weigerung brauchte, mein Team ans Mittelmeer zu schicken – nun ist sie da:
Der Landeplatz von USA-1 ist mit einem roten X markiert. Dass die Gewitter sich heute Nachmittag bis in die Toskana ausbreiten, hatte kein Modell auf dem Schirm. Der Ballon war zum Glück schon weiter südlich, als es losging. Ob sie aus Sicherheitsgründen gelandet sind, oder ob einfach der Ballast ausging, wissen wir nicht. Wie schon weiter oben mehrmals erwähnt: Der Mittellmeerraum ist im Herbst bei nahen Höhentiefs immer für Überraschungen bezüglich Gewitter gut, auch wenn sie die Modelle nicht explizit zeigen (in diesem Fall von GFS nicht mal mit einer geringen Wahrscheinlichkeit in der Toskana, der Knaller südlich Venedig wurde hingegen gut erfasst).
Hmmm… ob SUI-1 weiss, dass die Südostspitze von Apulien einen Tick weniger weit von Gladbeck entfernt ist als Kalabrien? SUI-2 bereits in leichtem Sinkflug, was darauf hinweist, dass eine Landung in Kalabrien angestrebt wird. ESP-1 hält noch die Höhe von 5000 m, wenn da nicht demnächst gesunken wird, heisst das Ziel wohl Griechenland.
Das wird ein heisser Abend nach der eisigen Höhenfahrt! Noch 70 km bis aufs Festland für die Teams ESP-1 und SUI-2, etwa eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit. Das ist nicht mehr zu schaffen. Nachtlandung oder Weiterfahrt nach Griechenland, das ist jetzt wohl die Frage, welche die beiden Teams am meisten beschäftigt. SUI-1 hat hingegen den festen Boden in Reichweite bei Tageslicht. Hätte nicht gedacht, dass die Spannung vom letzten Jahr noch überboten wird. Hoffentlich kommt alles gut!
Von Osten sieht man die Dämmerung hereinbrechen und aus Westen nähert sich über dem Tyrrhenischen Meer ein Wolkenpaket, aus dem sich im flach einfallenden Sonnenlicht die „Blasen“ abzeichnen, welche auf Konvektion hinweisen. Die Atmosphäre ist am brodeln…
Uff! Beide polnische Ballone sind gelandet, ich bin erleichtert. Auch FRA-3 und GER-1 haben sich zu einer sicheren Landung entschieden. Bleiben noch vier Teams im Rennen. Was macht AUT-1? Sieht nach baldiger Landung aus, in dieser Position wird man sich wohl kaum noch aufs Meer treiben lassen wollen… AUT-1 scheint ebenfalls gelandet zu sein, zumindest zeigt das Tracking seit 19:06 keine Bewegung mehr. Offizielle Bestätigung steht noch aus. Gratulation zum 5. Rang!
Dienstagabend, 20:15 MESZ: Der Chefmeteorologe (ja, die haben mehr als einen) von SUI-2 hat soeben in einem auf Facebook veröffentlichten Video bestätigt, dass sein Team nicht nach Griechenland weiterfahren wird: Gewittergefahr!
Wahrscheinlich kein Bluff: In seinem Blog schreibt Team SUI-1, dass es nach Griechenland will. Abgesehen davon, dass die Nachtlandung nicht viel weniger riskant ist, als ins Areal mit mässiger Gewittergefahr vorzustossen, sind die beiden anderen Teams für einen Sieg bei Landung in Italien besser positioniert. Nun, wer überhaupt so weit in den Mittelmeerraum vorgestossen ist, wusste von Beginn weg um die Risiken. In einem weiteren Video auf Facebook zeigt die Bodencrew von SUI-2, wo Landungen in Kalabrien möglich sind und wo nicht: Stromleitungen, Windkraftanlagen, Gebiete mit zu starkem Wind, und das alles bei Dunkelheit. Nichts für schwache Nerven!
Übrigens: Team POL-2 berichtet ebenfalls auf Facebook, dass sie bei ihrer Landung im Mistral etwa 65 km/h drauf hatten. Da wundert man sich als Laie, dass sowas gut geht…
Welche Windverhältnisse treffen SUI-2 (und ev. ESP-1) an, wenn sie in Kalabrien landen?
Die Windböenkarte für Mitternacht zeigt weitgehend ruhige Verhältnisse, bis auf ein paar heikle Stellen. Da wäre der Einschnitt zu erwähnen, wo sich die Engstelle in der Stiefelspitze befindet. Dort wird der Westwind in einem NW-SE verlaufenden Tal kanalisiert, das offenbar für seine Windanfälligkeit bekannt ist, denn genau dort befinden sich laut Karte des Bodenteams von SUI-2 viele Windkraftanlagen. Die beste Landestelle befindet sich im Zentrum des „Zehenballens“, auf der Karte als weisses Gebiet und somit windgeschützt erkennbar, allerdings auch eine bergige und stark zerfurchte Landschaft. Ich beneide die involvierten Leute nicht um ihre Situation, Podestplatz hin oder her…
Lange sah es so aus, als ob die Ankündigung von Team SUI-2, in Kalabrien landen zu wollen, eine taktische Finte war (ein ganz dickes Sorry an jene, die ich deswegen kurz vor Mitternacht ins Bett geschickt habe!). Beide Teams hielten die Höhe möglichst lange, aber jetzt hat doch noch der Sinkflug eingesetzt. Also doch zwei Nachtlandungen in schwierigem Gelände. Dann hoffen wir mal, dass alles gut geht! SUI-2 macht wohl wie schon im letzten Jahr Dritter, ausser es gelingt ihnen, sich noch südlich der Spanier zu positionieren. Nicht unmöglich, denn in Crotone weht in den untersten Luftschichten derzeit Nordwind. Das wird wohl noch ein taktisches Geplänkel geben zwischen den beiden, nach dem Motto: Wer zuerst runter geht, hat verloren. Was für eine Spannung, wie letztes Jahr zwischen GER-1 und SUI-1!
Damit steht der Sieger fest, wenn nicht noch ganz ordentlich was schief läuft. Folgende Karte zeigt die zu erwartende Regensumme bis Mittwochmorgen. Das berechnete Niederschlagsgebiet über dem Ionischen Meer beinhaltet laut dem Modell eine Gewitterwahrscheinlichkeit von 30-50 %:
Mittwochmorgen: Freudiges Erwachen in der Schweiz
Schweizer Doppelsieg! Wobei SUI-1 immer noch unterwegs ist, aber bereits griechisches Festland unter sich weiss. Bis Tagesanbruch wird man das Bergland hinter sich lassen und in der Ebene von Karditsa einen sicheren Landeplatz finden.
Erstaunlich ist, dass die Spanier den zweiten Rang ohne Kampf hergegeben haben, indem sie sofort nach Überwindung des kalabrischen Gebirges gelandet sind und dem Team aus Fribourg noch viel Platz bis zur Küste übrig gelassen haben:
Wahrscheinlich ist man nach über 30 Stunden in 5000 m Höhe und in der dritten Nacht einfach nur noch froh, heil runter zu kommen. Jedenfalls verdient die Leistung der drei Spitzenteams höchsten Respekt. SUI-2 konnte sich nach der Landung von ESP-1 in aller Ruhe aussuchen, wo sie auf den verbleibenden 15 km bis zur Küste landen wollen. Nur gerade 5 Kilometer mehr haben sie zurückgelegt, das entschädigt für den um 13 km verpassten Sieg im Vorjahr.
Bei aller Freude darf man nicht vergessen, dass dieses Rennen im wahrsten Sinn des Wortes ein Spiel mit dem Feuer war, das zeigt die Karte mit den Blitzen der vergangenen 24 Stunden. Die gelben und orangen Markierungen stellen die Blitze der Zeit zwischen 05:00 und 07:00 dar:
Nun gilt es nur noch, die sichere Landung von SUI-1 abzuwarten, das um 07:15 MESZ immer noch in 5180 m mit 54 km/h nach Osten unterwegs ist. Etwa in einer Stunde wird das Flachland erreicht, danach gibt es keinen Grund mehr, die Reise fortzusetzen.
Um 10:30 MESZ ist SUI-1 sicher in der Ebene von Zentralgriechenland gelandet:
Der Temperaturverlauf der Fahrt von SUI-1 zeigt eindrücklich die Härte die von den Piloten während eines solchen Rennens abverlangt wird. Wer nicht genügend heisses Wasser / Tee / Kaffee in Thermosflaschen gebunktert hat oder etwas Wasser direkt auf dem Körper unter der Kleidung trägt, verdurstet in dieser Höhe:
Die Temperaturen wurden anhand von Modelldaten und Radiosondenaufstiegen auf 3-stündige Schritte interpoliert und sind daher Näherungswerte. Da kurzzeitig auch höher gefahren wurde, dürfte die Tiefsttemperatur bei -13 Grad gelegen haben.
Wir freuen uns über den Schweizer Doppelsieg und gratulieren allen Teilnehmern für die Leistung bei schwierigen Wetterverhältnissen. Wir sind froh, dass alle heil gelandet sind und wünschen allen eine gute Heimreise. Das persönliche Fazit dieses Rennens ist verständlicherweise ein gemischtes, besonders wenn man sich bewusst macht, dass wir mit unserer unkonventionellen Strategie Rang 4 oder 5 hätten herausfahren können. Mal schauen, was wir daraus machen und wie es mit SUI-3 weitergeht. In einem Jahr startet das Rennen in meiner Region. Unvorstellbar, nicht mit von der Partie zu sein!
Ich bedanke mich bei allen Leserinnen und Lesern für das Interesse und den Support, die aufmunternden Worte und die interessanten Kommentare. Ich verabschiede mich jetzt mal in den wohlverdienten Urlaub. Viel Schlaf, Bewegung und Kopf lüften ist nach fast einer Woche Dienst rund um die Uhr angesagt.
Noch ein paar Pressestimmen:
Wetter und andere -gefahren, fünf traurige Fakten zum GordonBennett Race: Kölner Stadt-Anzeiger
„Ich wollte mich bei meinem wohl letzten Rennen nicht noch zerlegen“ (W. Eimers, GER-1): derWesten.de
„Das Gefühl ist fantastisch“ (K. Frieden, SUI-1): fm1today.ch
„Man gewinnt, wenn man wirklich in Symbiose mit der Natur ist“ (V. Leys, FRA-1): Stuttgarter Zeitung
Kurt Frieden am 14. September 2016 um 13:22 Uhr
Liebe Fabienne
Danke für diese Detsillierte Vorhersage. Das Gordon Bennett Rennen lebt genau von solchen Berichten. So können alle Follower hautnah dabei sein.
Wir sind gespannt was Petrus alles für uns bereit hat. Auf spannende Tage am Himmel
Gruess Kurt Team SUI-1
Markus Haggeney am 14. September 2016 um 13:26 Uhr
Salut Fabiènne,
wir freuen uns sehr auf Deine fachkundige Begleitung des Rennens. Bereits im letzten Jahr hast Du hier wunderbar und engagiert berichtet. Die Erklärung der Situation und der Szenarien in Deinem erfrischenden Schreibstil wird bestimmt seht viel dazu beitragen, das Rennen zu erklären und auch dem Laien wichtige Einblicke zu geben. Und dies ist „Meteorologie zum Anfassen“. Vielen Dank. Wir freuen uns auf mehr. Beste Grüße aus Lausanne (FAI Sports & Events)
Köbi Burkard CH , Jury am 15. September 2016 um 14:13 Uhr
Großartige Idee und perfekt zum Mitdenken
Sehr professionell gemacht mit allen notwendigen Daten
übersichtlich , interessante Grafiken
und auch gut verständlich .
Gratulation und Dank , herzlichst Köbi
Walter Gschwendtner am 15. September 2016 um 17:10 Uhr
Danke Fabienne
Wir sind stolz und dankbar Dich in unserem Team zu wissen. Du bist jetzt schon der heimliche Star hier in Gladbeck. Deine Infos finden große Beachtung. Wir warten gespannt auf den Sonntag und die folgenden Ereignisse.
Gruss
Dein Team SUI 3
Reto am 16. September 2016 um 12:25 Uhr
Freue mich unheimlich auf das Rennen und hoffe Du findest etwas Zeit ein paar «kleine» Berichte für uns externe hier zu schreiben. Ich hoffe Dein Tiefkühler ist gefüllt und konntest ein paar Stunden vorschlafen. Wenn nicht hast Du noch ein wenig Aufschub erhalten. Dir Fabienne, Walti und dem ganzen Team VIEL GLÜCK und guet Land.
Rolf Eck am 17. September 2016 um 19:24 Uhr
Sehr geehrte Frau Muriset,
auch wenn ich Sie bisher nicht persönlich kenne, bin ich schon seit dem letzten GB-RENNEN ein Fan Ihrer
Ballon- Berichterstattung mit Wetterbegleitung / oder umgekehrt.
Wie sich heute abend zeigt, war ja auch Ihre Progrognose genau zutreffend.
Freue mich schon auf Weiterungen von Ihnen!
Falls Sie auch beim Start in Gladbeck sind, werde ich versuchen, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen.
Bis dahin Glück ab und Gut Land
Rolf Eck
Tomas Hora am 18. September 2016 um 07:21 Uhr
Hallo Fabienne,
Super aufbereitet. Ich schaue auch für 3 Teams in das Wetter und komme zu dem gleichen Schluss. Es ist dieses Jahr tricky. Hinzukommen wir wohl ein kleines Genuatief, was da nochmal eine Unsicherheit reinbringen wird.
Daniel Grutsch am 18. September 2016 um 15:36 Uhr
Salü Fabienne,
Vielen Dank für den interessanten Bericht und die Beleuchtung der komplexen Wetterlage. Hoffentlich geht dieses Jahr alles gut und keines der Teams bekommt es mit Gewittern zu tun.
Freue mich schon auf die nächste Aktualisierung, so kann ich auch im fernen Singapur hautnah miterleben was beim Gordon Bennett vor sich geht.
Viele Grüsse, Dani
Vytautas am 19. September 2016 um 09:55 Uhr
Such a dan luck… So sorry… But maybe now you could shed some light on what was the original strategy? Thanks!
Dominic Blaser am 19. September 2016 um 14:47 Uhr
Liebe Fabienne
Am Morgen war ich sehr gespannt, wie eure Taktik aufgeht. Umso enttäuschter war ich, von der vorzeitigen Landung zu hören. Gestern versuchte ich mit allen möglichen Trajektorien nachzuvollziehen, welche Routen möglich sind. Zuhause am PC sieht immer alles so einfach aus. Die Taktik der aktuellen Spitzenteams fiel sofort ins Auge, wie sicher sind jedoch diese Wege? Einen Flug bis nach Sizilien zu finden ist einfach, doch wer trägt dann die Verantwortung für die waghalsigen Manöver? Was werden sie alles antreffen? Wie ausführbar ist alles?
Schade fällt der Ballon mit der besten Meteorologin an Bord aus. Euer Weg hätte mich sicher fasziniert!
Liebe Grüsse
Dominic
Rolf Eck am 19. September 2016 um 15:59 Uhr
Hallo Frau Muriset,
will Ihren Frust nicht verstärken, aber auch für mich ist Lande-Erzwingung (falls es denn eine war) für SUI 3 aus zwei Gründen nicht zu verstehen:
1. Die Sperrung für die Rote Zone begann am heutigen Montag erst um 13 Uhr local, da wären die Ballone längst durch gewesen.
2. Das Sperrgebiet liegt c. 35 km östl. der Fahrtroute.
Da bleiben Fragen!!!
Glück ab! Ich hoffe sehr, sie machen weiter.
Fabienne Muriset am 19. September 2016 um 16:42 Uhr
Hallo Herr Eck
Das von mir gepostete Dokument mit der Sperrung war wohl auch nicht der wahre Grund. Diese Sperrung betrifft den Bodenverkehr und wäre allenfalls für das Team GBR-1 von Bedeutung gewesen. Verwirrung herrscht um die NOTAM des Luftraums, dessen Dimension mir nicht bekannt ist. Gerüchteweise soll diese NOTAM bereits am 07.09. ausgegeben worden sein. Die Fragen bleiben: Warum wurden wir nicht informiert und warum konnte GBR-2, das sich zwischen SUI-3 und AUS-1 auf derselben Höhe befand, das Rennen fortsetzen? Die betroffenen Piloten könnten vielleicht Auskunft geben, ich hatte aber seit der Landung keinen Kontakt mehr mit meinen Leuten. Ich denke, wir sollten ihnen erst mal Zeit lassen, die Sache zu verdauen.
Danke allen Kommentatoren für die moralische Unterstützung. Jetzt müssten nur noch die Tracking-Daten aller Teams zeitnah und regelmässig aktualisiert werden, dann würde auch die weitere Berichterstattung trotz allem Spass machen.
Simon am 19. September 2016 um 17:02 Uhr
Die Tracking-Daten sind inzwischen sehr zeitnah (Vergleich mit flightradar24). Daten sind UCT, nicht wie angegeben CEST.
Würde mich freuen, deine Einschätzung zu den Strategien… Nachts über die Alpen in die Poebene wie die aktuelle Spitze? Oder allenfalls doch noch mit dem Mistral aufs Mittelmeer? Auf der Alpennordseite nach Osten mit GER1 und GER2? Oder mit AUT1 und GBR2 Richtung SW?
Wo liegen die Chancen und Risiken?
Michael am 19. September 2016 um 20:06 Uhr
Lese hier auch immer gerne, insbesondere beim Gordon Bennett. Ist ja wirklich eine kleine Frechheit und nervt unglaublich, dass es für euch schon so zu Ende gehen musste. Würde mich trotzdem über weitere updates hier freuen 😉
Tobias Anzeneder am 19. September 2016 um 21:13 Uhr
Hallo, vielen Dank für den schönen Blog, macht Spaß alles zu lesen.
Kurz ein paar Hintergrundinformationen zum Thema Organisation und Flugsicherung:
– das gesamte GBR wird ehrenamtlich organisiert
– es gibt keine hauptamtlichen Mitarbeiter
– das Regelwerk behandelt alles rund um den Ballon, die Piloten, den Wettbewerb als solches
– Luftrecht kommt da nicht vor, das ist ja in jedem Land geltendes Recht
– der Veranstalter kümmert sich um alles vor dem Start und nach der Landung
– in der Luft arbeiten die Teams für sich selbst, das hat verschiedene Gründe, z.B.: bis Anfang der 2000er Jahre gab es nur Funk, spärlich Handy in Bodennähe; wie sollte eine gleichzeitige Verteilung von Informationen aus dem Headquarter des Veranstalters an alle Ballone aussehen, wie kann/soll das funktionieren?
– ein wenig weicht diese Herangehensweise in den letzten Jahren auf. Dennoch ist jedes Team, bzw. die Piloten für Wetter und Flugsicherung auf dem Weg des Ballons selbst verantwortlich
– war das Rennen häufig eine Material-Schlacht, v.a. besserer Ballon, ist es jetzt wohl eher ein Team-Wettbewerb. Wer hat die beste Mannschaft mit möglichst vielen Experten.
– das hat ja für uns alle auch sehr positive Effekt: siehe Übertragung des Starts durch ein Fernseh-Team das über einen Teilnehmer kommt (könnte der ehrenamtliche Organisator gar nicht alles leisten)
Meine langen Zeilen sollen nicht bewerten, lediglich mein Bild vom Ablauf darstellen.
Ich verstehe die Enttäuschung sehr, vielleicht gelingt es dem Team SUI-3 einen Flugsicherheits-Begleiter für 2017 zu organisieren, ich wünsche es euch.
Schöne Grüße aus Bayern,
Tobias
Köbi Burkard am 20. September 2016 um 06:54 Uhr
Liebe Fabienne
Sehr aufmerksam verfolge ich deine Prognosen und Kommentare
und gratuliere dir zur hohen Qualität deiner
Arbeit . Darf ich dich bitten für den weiteren
Verlauf des Rennens insbesondere die
mögliche Entwicklung von Gewittern im
Süden zu beobachten und deine Resultate
dazu zu posten . Die Übberdichtskarte mit den gelben bis braunen Gebieten ist dabei ausserordentlich hilfreich . Vielen Dank ! Herzlichst Köbi
Andreas Kläy am 20. September 2016 um 10:50 Uhr
Liebe Fabienne
Deine Berichterstattung ist schlicht genial – es macht richtig Spass zu sehen wie sich durch deine bildhaften Wetter-Analysen, sich die entsprechenden Strategien der Wettkämpfer daraus ableiten.
Schade, dass unser Team SUI-3 – richtig auch ich fieberte mit Walti & Team mit – durch das für mich sehr „undurchsichtige“ Militärmanöver herunterbeordert wurde.
Was ich via den Tracking-Informationen sehe, ist, das GBR-2, GER-2 und POL-2 zur selben Zeit, respektive zwischen SUI-3 und GBR-1 die Militärzone durchflogen, einzig in einer anderen Höhe, ca.1000m, GBR-1 wollte auch noch steigen, wurde aber auf ca. 1000m ebenfalls nach unten beordert. AUT-1 war leicht östlicher als Walti auf ca. 500m. Hätte es für SUI-3 gereicht, wenn die Militärzone in einer anderen Höhe durchquert worden wäre?
Ich teile deine Meinung, dass die „offizielle“ Stellungnahme der Wettkampfleitung von Herr Stefan Handel mehr Fragezeichen aufwirft, als diese beantwortet – z.B.: Wieso eine NOTAM erst am entsprechenden Morgen um 06:00 Uhr bekannt war?
Dies hätte dann für mich einen sehr willkürlichen Nachgeschmack, respektive nichts mehr mit einem „fairen“ Wettkampf zu tun. Weiter würde mich interessieren, wieso sich die Wettkampfleitung sich für ihre Wettkampfleiter nicht stark gemacht hat, da es vermutlich für das Militär nur eine Verzögerung von ca. 1-2 Stunden bedeutet hätte, wenn überhaupt. Weiter wäre interessant, wieso GBR-2, GER-2 und POL-2 diese Zone durchqueren konnten und die anderen drei Teams nicht?
Kann jemand diesbezüglich Licht ins Dunkle bringen, wieso SUI-3, GBR-1 und AUS wegen der NOTAM, ihre Träume aufgeben mussten?
Ich hoffe, dass ich weiterhin deine fachlichen, interessanten und bildhaften Wetter-Analysen geniessen kann – hoffen wir, dass deine massgeschneiderte Strategie, welche du für SUI-3 ausgeklügelt hast nun für AUT-1 mehr oder weniger aufgeht, vorausgesetzt AUT-1 möchte diese Strategie auch umsetzten …
Gruss Andy
Tobias am 20. September 2016 um 12:19 Uhr
Liebe alle,
das eine sind Wettkampfregeln, das andere Luftrecht.
Die Wettbewerbsleitung kann vor dem Start auf solche Gebiete hinweisen, während der Fahrt kümmert sich die Leitung darum eigentlich nicht.
Schaut euch z.B. die Berichterstattung von SUI-2 an, wieso haben die so viele Leute in ihrem Team-Headquarter?
Wie gesagt es wird immer mehr zur Team-Wertung.
Wenn sich daran etwas ändern soll muss das von der FAI im Regelwerk angepasst werden, die Piloten (und wahrscheinlich auch andere am Rennen beteiligte) können beim De-Briefing solche Gedanken ansprechen, wenn sie wollen.
Der Kontakt zu den Luftraum-Controllern ist sehr difizil. Die haben teilweise sehr viel zu tun.
Wenn z.B. schon drei Ballone angefragt haben, kann es sein, dass der nächste Ballon nicht mehr das gleiche „Wohlwollen“ erfährt. Auch habe ich erlebt, dass der Kontakt unterschiedlich ist, es macht für die Controller auch einen Unterschied wann, wie und in welcher Art und Weise sich jemand meldet. Das ist dann wohl auch etwas „persönliches“. Bitte nicht vergessen, die Controller tragen die Verantwortund und sind es nicht gewohnt langsame, fast unbewegliche Hindernisse (=Gasballone) in ihrem Luftraum zu haben. Es grenzt in gewisser Weise an ein Wunder, dass das Rennen in Europa nur einmal auf Grund von Flugsicherungs-Problemen nicht stattinfinden konnte, bzw. dass nahezu alle europäischen Länder die Freigabe geben.
Hoffen wir z.B., dass den Italienern am Ende des Tages das alles so gepasst hat (Luftraum A rund um Mailand, …) und die nächstes Jahr nicht sagen, wir haben x-tausend Flugbewegungen in Oberitalien, da brauchen wir ein paar Gasballone nicht auch noch, …
Danke für die Berichte und alle Kommentare sowie den Austausch!
Simon am 21. September 2016 um 12:50 Uhr
Vielen Dank, Fabienne, für deine Beiträge und aktuellen Updates auch nach dem unglücklichen Ausscheiden deines Teams. Jetzt im Nachhinein würde ich sagen, bin ich froh, dass das Tiefdruckgebiet bei uns war und nicht auf dem Mars, denn es hat uns eine sehr spannende Wettfahrt mit verschiedenen Strategien beschert, die auch teils sehr erfahrene Piloten letztlich kläglich scheitern liessen. Und trotzdem ist der Sieger alles andere als ein Zufallssieger, genau wie auch die weiteren Teams auf dem Podest sicher zu den starken Teams zählen.
Und für alle anderen gibts nächstes Jahr die nächste Chance. Ich würde mich freuen, wieder einen so ausführlichen Meteo-Blog von dir lesen zu dürfen.
Andreas Kläy am 21. September 2016 um 13:27 Uhr
Vielen Dank Fabienne für deinen unermüdlichen Einsatz und messerscharfen Wetter-Analysen – freue mich auf das 2017, wenn du in deinem „Wohnzimmer“ agieren kannst – mal sehen, was dann alles möglich sein wird für SUI-3 – keine Angst, Woidl kann bei diesen Aussichten gar nicht nein sagen 😉 Geniess nun deinen wohlverdienten Urlaub.
Gruss Andy
Klaus Friedrich am 22. September 2016 um 22:52 Uhr
Liebe Fabienne,
auch dieses Jahr eine exzellente, hochinteressante Arbeit von Dir, ganz großes Kompliment. Dank Deiner engagierten Berichterstattung wird klar, dass hinter und rund um die scheinbar schlichten „straight forward“-Fahrten der ersten drei Teams ein Füllhorn an Optionen, Chancen und Risiken lagen.
Das frühe Ausscheiden u. a. Deines Teams tut mir sehr leid, nach so viel gründlicher Vorbereitung und Vorfreude wirklich ärgerlich. Bin gespannt, ob jemand den Sachverhalt objektiv und in allen Details klären kann/wird, schon als Lehrbeispiel für zukünftige Wettfahrten. Die von Dir skizzierte Spanien-Strategie Realität werden zu sehen – das hätte dem königlichen GB 2016 die Kaiserkrone aufgesetzt.
Beste Grüße und hoffentlich auf ein Neues im nächsten Jahr,
Klaus Friedrich
Frankfurt/Main
Microwave am 26. September 2016 um 12:02 Uhr
Abartige Berichterstattung!
Schade, dass dein betreutes Team SUI-3 früh ausscheiden musste. Andererseits gefällt es mir, dass du trotzdem weitergemacht hast mit deinen Prognosen und Analysen! Das Ganze war wie ein halber Krimi zu lesen… 🙂
Ende gut – alles gut, und jetzt freue ich mich bereits auf den nächsten Live-Blog vom GBR 2017 😉
Viele Grüsse und erholsame Tage!
Microwave