Die Klimakrise ist in aller Munde und wird mit vielerlei Statstiken belegt, in erster Linie durch globale und regionale Temperaturkurven, die uns inzwischen im Monatstakt übermittelt werden. Klimawandel bedeutet aber nicht einfach nur wärmer, auch andere Wetterparameter verändern sich: Niederschlagsmenge, Niederschlagsverteilung (zeitlich und räumlich), Tage mit Schneedecke sowie die Häufigkeit von Gewittern und Stürmen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Man kann sich in solchen Kennzahlen verlieren. So picken die meisten Studien immer nur ein Detail heraus – einen Gesamtüberblick bieten sie jedoch selten, weil die Veränderungen zu komplex sind. Um grobstrukturelle Veränderungen zu verstehen, sind die Grosswetterlagen hilfreich. Mit ihnen können Veränderungen der atlantisch-europäischen Zirkulationsform dargestellt werden, und die Zu- oder Abnahme von Wetterlagen mit ähnlichem Witterungseinfluss auf Mitteleuropa sichtbar gemacht werden. fotometeo Muriset hat sich zur Aufgabe gemacht, die GWL-Forschung des PIK Potsdam dort weiterzuführen, wo sie 2008 eingestellt wurde, und sie weiterzuentwickeln.
Seit September 2012 wird der Wetterlagenkalender auf orniwetter.info zwei Mal pro Woche mit eigenen Wetterlagen-Klassifizierungen aktualisiert. Die älteren Daten wurden der Studie des PIK Potsdam entnommen, die wiederum auf Klassifizierungen des Deutschen Wetterdienstes DWD beruhen. Dabei wurde der Wetterlagenkalender zunächst bis ins Jahr 2001 zurück archiviert und mit den Witterungstypen für das südliche Mitteleuropa unterlegt. Im Rahmen einer neuen Zusammenarbeit mit dem Schweizer Sturmarchiv sollte der Wetterlagenkalender im letzten Herbst um die 1990er-Jahre erweitert werden. Bereits bei der Erstellung des Kalenders für das Jahr 2000 hat sich jedoch gezeigt, dass ungefähr ein Drittel aller durch den DWD klassifizierten Tage korrigiert werden musste, um eine Konsistenz zu den von mir selbst vorgenommenen Bestimmungen in neuerer Zeit herzustellen. Damit wurde schlagartig klar, dass sämtliche bisher von mir publizierten Arbeiten zur Grosswetterlagen-Entwicklung mit Daten zurück bis 1961 inkl. Grosswetterlagen-Porträts auf nicht mehr vertrauenswürdigen Quellen beruhten. Besonders ärgerlich, nicht nur weil bereits enorm viel Arbeit darin steckte, sondern weil diese Statistiken auch den Zweck hatten, meine Langfrist-Prognosen zu verbessern. Was folgte, war eine noch nie dagewesene Feuerwehrübung: Der Wetterlagenkalender ab 2012 zurück musste völlig neu überarbeitet werden, was erst mal bedeutete, für alle Jahre eine eigene GWL-Klassifikation vorzunehmen, Tag für Tag. Und dies vorerst mal zurück bis 1991, damit dann auch die GWL-Porträts korrigiert werden können. Die dort veröffentlichten Statistiken mit einem Bruch zwischen eigener und der Systematik des DWD (die offenbar in sich mit fortlaufender Zeit nicht konsistent war, Beispiele folgen) konnten unmöglich so stehen gelassen werden. Nach vier Monaten intensiver Arbeit kann nun das Resultat präsentiert werden: Alle 30 Grosswetterlagen-Porträts beruhen nun auf einer konsistenten Bestimmungssystematik, und auch die Übersicht der Häufigkeiten seit 2001 wurde aktualisiert.

(Klick ins Bild öffnet grössere Ansicht. Eine systematische Aufstellung mit Zwischensummen der Grosswettertypen und Zirkulationsformen findet ihr hier, eine weitere Grafik mit den Häufigkeiten der Grosswettertypen am Ende dieses Beitrags)
Obige Tabelle erlaubt einen Überblick über die Rangfolge der Grosswetterlagen in den einzelnen Monaten. Damit können interessante Fragen sofort beantwortet werden. Zum Beispiel, dass nur in den Monaten April, Juni, September, Oktober und November West zyklonal nicht auf Rang 1 liegt. Sie hilft bei der Erstellung der Monatsprognosen, sofern die atlantisch-europäische Zirkulation nicht völlig aus den Fugen geraten ist: Die schwach grün unterlegten Prozentzahlen zeigen, wie viele und welche Wetterlagen benötigt werden, um die Wahrscheinlichkeit von mehr als der Hälfte des Monats abzudecken. In den „einfachen“ Monaten sind es maximal deren fünf, in den „launischen“ sieben. Diese Übersicht hilft auch zu verstehen, welche Wetterlagen gemeint sind, wenn in einer Monatsprognose z.B. für November eine hohe Wahrscheinlichkeit für Ostlagen erwähnt wird. Es werden mit ziemlicher Sicherheit nicht Nordost-, sondern Südostlagen sein, und zwar bevorzugt die antizyklonale Variante. Im August hingegen lässt der Hinweis auf häufige Ostlagen das klassische Skandinavien-Hoch (HFA) in den Vordergrund rücken.
Der Verdacht, dass die DWD-Methodik bei GWL-Klassifizierungen über längere Zeit hinweg nicht konsistent sein kann, wurde bereits bei der Erstellung des GWL-Porträts „Unbestimmt / Übergang“ geschöpft. Anders als bei den „echten“ Grosswetterlagen ist diese Notlösung nicht an die Mindestdauer von drei Tagen gebunden. Holprige Übergänge zwischen zwei völlig konträren GWL gab es schon immer und wird es immer geben, sie sind zufällig verteilt und nicht von der Klimaveränderung betroffen. Allenfalls könnte der Anteil von sogenannten Sumpfwetterlagen (typischer Barosumpf bei flacher Druckverteilung im Sommer) leicht steigen, indem sie sich in die Randmonate zu Beginn und Ende des Sommers ausweiten. Ansonsten müssten diese unbestimmten Tage über längere Zeit hinweg einigermassen stabil bleiben. Die Statistik mit eigener Klassifizierung ab und DWD-Klassifizierung vor 2013 sah jedoch so aus:
Schwache Jahre wie 2015/16 und 2018/19 können durch Zufall erklärt werden, nicht jedoch das Riesenloch von 1994 bis 2006. Dieses kann nur durch eine Systemänderung bei der Bestimmung zustande gekommen sein. In einer grossen Behörde wie dem DWD ist es sehr wahrscheinlich, dass Wechsel von Personal und Zuständigkeiten eine unbeabsichtigte Veränderung bei der Systematik verursachen. Es kann nur spekuliert werden, dass in besagtem Zeitraum Leute am Werk waren, welche das unbeliebte U im Wetterlagenkalender möglichst vermeiden wollten. Dass dadurch das System vergewaltigt wurde und völlig absurde Zuteilungen einzelner Tage zu einer bestimmten GWL die Folge waren, schien niemanden zu stören. Mich schon, und nach der Bereinigung mit konsistenter Systematik nach FM sieht das nun so aus:
Aus dem Riesenloch ist ein kleines Wellental geworden. Am auffälligsten ist das Jahr 2005, wo nach meiner Klassifkation gleich sechs Tage mehr mit U gefunden wurden als vom DWD. Und jetzt wird auch ein Langzeittrend sichtbar, der die Vermutung zunehmender Barosumpflagen bestätigt, wobei der Anstieg der Wahrscheinlichkeit einen Tag in 30 Jahren beträgt. Aussagekräftiger wird das allerdings erst, wenn auch die 70er und 80er-Jahre bereinigt in die Statistik aufgenommen werden können.
Wenn eine Änderung der Bestimmungssystematik vom DWD bei den Übergangstagen so offensichtlich ist, dann muss leider vermutet werden, dass dies auch die Grosswetterlagen an sich betrifft. Gezeigt wird das hier an der häufigsten GWL West zyklonal, so sah es aus mit der Klassifikation nach FM ab 2013 und durch den DWD davor:
Und so sieht es nach der Bereinigung durch FM bis ins Jahr 1991 zurück aus:
Das bisherige Spitzenjahr 1994 hat gleich 29 Tage eingebüsst, die vermeintlich starken 90er-Jahre wurden von durchschnittlich 60-80 Tagen auf knapp unter 50 Tage runterkorrigiert – zu den Details und den Ursachen komme ich gleich. Das stellt natürlich die bisherigen Auswertungen völlig auf den Kopf, was mich dazu bewogen hat, die bisherigen Blogbeiträge zur Veränderung der Grosswetterlagenhäufigkeiten in den einzelnen Jahreszeiten und im Gesamtjahr seit 1980 schweren Herzens von Netz zu nehmen. Die jetzt aktualisierten GWL-Porträts können hingegen wieder unbedenklich konsultiert werden, die aus Zeit- und Kapazitätsgründen notwendige Beschränkung auf die Spanne bis 1991 ist nur vorübergehend: Im nächsten Winter werden die Jahre bis 1976 zurück mit eigener Systematik bearbeitet, danach können zwei Vierteljahrhunderte aussagekräftig und detailliert auch wieder auf Tagesbasis heruntergebrochen miteinander verglichen werden.
Für die wissenschaftlich interessierte Leserschaft folgen nun die ganz harten Fakten, schliesslich soll der Prozess der GWL-Bereinigung transparent nachverfolgt werden können. Zunächst die tabellarische Übersicht aller Korrekturen, die von 1991 bis 2012 vorgenommen werden mussten:
Spalte A ist die Ausgangs-Bestimmung des DWD, Zeile 2 die Korrektur durch FM. Lesebeispiel: 70 vom DWD als West zyklonal (WZ) bestimmte Tage mussten von FM zur winkelförmigen Westlage (WW) korrigiert werden (Zeile 4, Spalte E). Der umgekehrte Fall, also vom DWD bestimmte WW zur von FM bestimmter WZ hingegen kam nie vor (Zeile 6, Spalte C). In Zeile 33 wird die Summe aller Tage angezeigt, welche die GWL durch die Korrektur gewonnen hat, in Spalte AF die Summe aller Tage, welche die GWL verloren hat. Spalte AG zeigt die Gesamtbilanz jeder GWL. Über die gesamte Zeitspanne von knapp 22 Jahren mussten 2652 Tage korrigiert werden, das entspricht ziemlich genau einem Drittel. Nun ist die Bestimmung der Grosswetterlagen keine exakte Wissenschaft, denn die Übergänge sind fliessend, manche GWL auch so nah miteinander verwandt, dass sie schwierig voneinander zu trennen sind. Um die Brisanz der Fehlbestimmungen zu visualisieren, wurden die Beziehungen farblich unterlegt: Grün zeigt sehr nah verwandte GWL, bei denen die Abgrenzung oft schwierig ist; hier sind häufige Überschneidungen zu erwarten und es muss sich dabei nicht zwingend um eine Fehlbestimmung handeln. Typische Beispiele sind NWZ/TRM, SWZ/TRW und NWA/HB. Gelb unterlegt sind verwandte oder öfters ineinander übergehende GWL, bei denen gelegentlich zwei Klassifikationen möglich sind. Solche Diskussionen kommen am Anfang und am Ende einer GWL vor; häufig geht es also darum, ob eine GWL einen Tag früher beginnt oder später endet – das kann sich über die Jahre aufsummieren, sollte sich aber aufheben, wenn die Verschiebungen in beide Richtungen gleich häufig vorkommen – es sei denn, es findet bei der Bestimmung ein systematischer Bias statt. Beispiel: Die meisten Korrekturen innerhalb der GWL, bei der es einzig um die Frage zyklonal oder antizyklonal geht, mussten in Richtung der zyklonalen Variante vorgenommen werden. Ganz besonders ausgeprägt bei den Beispielen HNFA zu HNFZ, SEA zu SEZ, HFA zu HFZ oder NWA zu NWZ. Bei WA/WZ ist es ausgeglichen, einzig bei Südwest kann die antizyklonale gegenüber der zyklonalen Variante eine positive Bilanz der Korrekturen aufweisen. Alle rot unterlegten Beziehungen sollten nur in Ausnahmefällen bei direkten Übergängen Korrekturen nötig machen: Sie markieren deutlich voneinander abgrenzbare, eigentlich unverwechselbare GWL, die in den meisten Fällen verschiedenen Grosswettertypen oder gar Zirkulationsformen angehören. Die weiss gebliebenen Felder sind Beziehungen, welche weder in die eine noch andere Richtung im untersuchten Zeitraum Korrekturen nötig machten – zum Glück muss man sagen, denn sie wären als nahezu absurd zu bezeichnen. Absurd hoch sind aber dennoch einige Zahlen in den gelben und vor allem roten Feldern. Nachfolgend soll an Fallbeispielen aufgezeigt werden, welche die häufigsten – man muss leider feststellen – systematischen Fehlbestimmungen durch den DWD waren.
1. Korrektur von West zyklonal WZ zu winkelförmiger Westlage WW, Anzahl Tage: 70
Eigentlich klar voneinander abzugrenzen: Bei einer zyklonalen Westlage zieht die atlantische Westströmung voll über Europa durch bis weit nach Russland hinein, die gesamte Nordhälfte der Karte müsste unter Tiefdruckeinfluss stehen. Bei der winkelförmigen Westlage zwingt ein blockierendes Hoch über Russland die Westströmung irgendwo über Mitteleuropa zu einem Knick nach Norden, auch gut zu erkennen an den Isobaren, die von der Horizontalen fast rechtwinklig (daher der Name) in die Vertikale abbiegen. Möglicherweise liegt der Ursprung der häufigen Fehlbestimmungen darin, dass „Mitteleuropa“ nicht exakt definiert ist. Politisch gehörte lange Zeit alles, was östlich der Elbe lag, zu „Osteuropa“. Was natürlich unsinnig ist, denn der geographische Mittelpunkt Europas liegt in Weissrussland. Demzufolge sind Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn ebenfalls mitteleuropäische Länder, streng genommen gehört sogar noch das Baltikum dazu. Da Frankreich und die BeNeLux-Staaten bereits zu Westeuropa gehören, wäre ein Mitteleuropa nach DWD-Definition extrem schmal (alte BRD + Schweiz und die Westhälfte Österreichs). Das obige Beispiel wurde aber absichtlich gewählt, um aufzuzeigen, dass es nicht alleine daran liegen kann, befindet sich der Knick doch eindeutig noch auf bundesdeutschem Gebiet. Viele WZ-Bestimmungen anstelle von WW bleiben somit unerklärlich. Durch die vorgenommenen Korrekturen hat die winkelförmige Westlage im Jahresschnitt 2001-2024 einen Rang und 0.76 Prozentpunkte gewonnen.
2. Korrektur von Trog Westeuropa TRW zu Tief Britische Inseln TB, Anzahl Tage: 62
Troglagen wie TRW und TRM zeichnen sich dadurch aus, dass eine meridionale Tiefdruckrinne von den polaren Breiten über die gemässigte Zone hinweg bis zu den Subtropen besteht. Tropft der südliche Teil ab (sogenanntes CutOff) und bildet sich nördlich des abgeschnürten Tiefs eine Hochdruckbrücke, so entsteht eine neue GWL. Oft bleiben auch auf dem Atlantik generierte Tiefs von der Polarfront im Norden abgekoppelt und eigenständig. Im gezeigten Fall ist eindeutig eine Hochdruckbrücke zwischen dem Azorenhoch und dem Hoch über Nordwestrussland zu erkennen, somit kann es keine Troglage sein. Der DWD hat systematisch solche Lagen falsch als Trog Westeuropa klassifiziert und TB auch sonst stiefmütterlich behandelt. Viele Tage wanderten durch die Bereinigung auch von West zyklonal WZ, Südwest zyklonal SWZ, Hochdruckbrücke Mitteleuropa BM und Trog Mitteleuropa TRM zu TB. Durch die vorgenommenen Korrekturen hat Tief Britische Inseln im Jahresschnitt 2001-2024 vier Ränge und 0.95 Prozentpunkte gewonnen.
3. Korrektur von Trog Mitteleuropa TRM zu Tief Mitteleuropa TM, Anzahl Tage: 92
Gleiches Problem wie beim Trog Westeuropa unter Punkt 2, mit dem Unterschied, dass hier zusätzlich der Grosswettertyp und die Zirkulationsform (von Nord = meridional zu Tief = gemischt) ändert, also eigentlich nicht passieren sollte ausser bei einzelnen Streitfällen, ob der Übergangstag während eines Abtropfvorgangs noch zur Troglage oder bereits zur Tiefdrucklage gehören soll. Die Karte zeigt eindeutig eine Hochdruckbrücke vom Azorenhoch über die Britischen Inseln und Südskandinavien hinweg zum Russlandhoch, das Tief ist endgültig abgeschnürt. Eine kalte Nordströmung nach Mitteleuropa besteht nicht, es werden mediterrane Luftmassen im Gegenuhrzeigersinn um das Tief herumgeholt, darin besteht der wesentlichste Unterschied zwischen den beiden GWL. Der DWD hat systematisch solche Lagen falsch als Trog Mitteleuropa klassifiziert und auch sonst TM stiefmütterlich behandelt. Viele Tage wanderten durch die Bereinigung auch von Trog Westeuropa TRW (!), West zyklonal WZ, Nordwest zyklonal NWZ und etlichen weiteren GWL zu TM. Durch die vorgenommenen Korrekturen hat Tief Mitteleuropa im Jahresschnitt 2001-2024 vier Ränge und 1.07 Prozentpunkte gewonnen.
4. Korrektur von West antizyklonal WA zu Trog Mitteleuropa TRM, Anzahl Tage: 4
Nun kommen wir zu den Fällen, die einem schon fast körperliche Schmerzen bereiten. Hierbei handelt es sich nicht etwa um einen Übergangstag, um den man diskutieren könnte, sondern hier wurde die vorhergehende antizyklonale Westlage vom DWD einfach bis zum 18. Mai durchgezogen und die dreitägige Troglage, von der hier der mittlere Tag gezeigt wird, unter den Teppich gekehrt. Die Luftmassen-Analyse zeigt eindeutig eine Nordlage, bei der polare Luftmassen ganz Westeuropa bis zu den Alpen und im weiteren Verlauf sogar den Balkan und die Adria fluten. Es ist dies nur ein Beispiel von vielen, das beweist, dass die DWD-Bestimmung für weiterführende Studien nichts taugt. Es geht aber noch schlimmer:
5. Korrektur von Hoch Nordmeer-Island zyklonal HNZ zu Südwest zyklonal SWZ, Anzahl Tage: 7
Auch hier wird nicht etwa ein umstrittener Übergangstag, sondern das Ende des zweiten Tages der vom DWD klassifizierten GWL gezeigt. Das Archiv mit den DWD-Karten reicht leider nur bis Dezember 2003 zurück, deshalb wird hier auf eine Analyse der NOAA zurückgegriffen, welche die Windverhältnisse in rund 1500 m Höhe zeigt. Wer das Hoch über dem Nordmeer findet, darf es behalten, ebenso die Nordströmung über Mitteleuropa, die laut der Klassifizierung als Grosswettertyp Nord eigentlich vorherrschen müsste.
Man könnte hier noch ewig so weitermachen und absurde Beispiele auflisten – doch ich denke, das genügt. Ich mag den Spruch eigentlich nicht, aber hier trifft er leider voll und ganz zu: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Deshalb hier noch wie versprochen die Übersicht mit der aktuellen Häufigkeit der Grosswettertypen. Ganz unten die zonale Zirkulationsform West; ganz oben die meriodionale Zirkulationsform (Süd, Ost, Nord); dazwischen die gemischte Zirkulationsform (Hoch, Tief, Nordwest, Südwest).
Wie geht es nun weiter mit unserem Projekt Grosswetterlagen-Forschung? Zunächst wird der Wetterlagenkalender um die noch fehlenden Jahre 1991-1997 ergänzt. Die Tabellen mit den neuen GWL-Zuordnungen sind zwar vorhanden, aber noch weiss. Die Visualisierung mit den Farben für die Witterungstypen im südlichen Mitteleuropa beansprucht mehrere Stunden pro Kalenderjahr, das geschieht in den nächsten Wochen. Nach der arbeitsintensiven Gewitter- und Ballonfahrersaison und den Herbstferien (die hoffentlich mal anders genutzt werden können als dem Regenwetter zuschauen oder bei endlich Hochdruckwetter krank herumliegen) wird gegen Ende Jahr die Korrektur der GWL-Bestimmung der Jahre 1976 bis 1990 in Angriff genommen. Sobald diese vollzogen ist, können die GWL-Porträts wieder um aussagekräftige Statistiken ergänzt werden. Auf den direkten Vergleich zweier Vierteljahrhunderte (1976-2000 vs. 2001-2025) darf man bereits jetzt gespannt sein!
Grundlagen:
PIK-Report: Katalog der Großwetterlagen Europas (1881-2009) nach Paul Hess und Helmut Brezowsky
Statistik der Grosswetterlagen aufgeschlüsselt nach Monat und Gesamtjahr im Zeitraum 2001-2024
Das Projekt „Grosswetterlagen“ wurde ermöglicht durch grosszügige Spenden von Privatpersonen während der Einnahmen-Ausfälle durch das übliche Wetterberatungs-Geschäft für kulturelle und sportliche Anlässe als Folge der Corona-Pandemie. Diese Zuwendungen ermöglichten die zeitaufwändige Datenerfassung und das Verfassen der Grafiken und Texte – eine sinnvolle Beschäftigung während der unfreiwillig zur Verfügung stehenden Freizeit. Falls Sie die Weiterentwicklung und laufende Aktualisierung dieses arbeitsintensiven Projekts unterstützen möchten, können Sie dies mit einem frei wählbaren Betrag durch die unten stehenden Möglichkeiten tun. Vielen Dank!
Noch besser, weil für die Empfängerin spesenfrei, sind direkte Einzahlungen auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten.
Spendenbarometer (fotometeo und orniwetter zusammen, Erklärung siehe hier):
Microwave am 26. Februar 2025 um 18:15 Uhr
Hoi Fabienne,
Danke vielmal für deine Riesenarbeit und Mühe! Auf den Vergleich von den Vierteljahrhunderten freue ich mich schon jetzt!! Nur noch kurz gefragt, was ist denn jetzt das Kriterium was du nimmst zum die GWL bestimmen? Das sei ja jetzt besser wie vorher?
Grüsse Microwave
Fabienne Muriset am 27. Februar 2025 um 01:44 Uhr
Hoi Microwave
Die Grundlagen für die Wetterlagen-Bestimmungen sind bei mir, seit ich im Sept. 2012 damit angefangen habe, immer dieselben: Anhand der Reanalyse-Karten v.a. Bodendruck und Geopotenzial 500 hPa, in kniffligen Fällen auch 850 hPa-Wind. Grundlage sind die Definitionen, wie sie in den GWL-Porträts beschrieben sind. Ich habe nun einfach ab 2012 zurück alles selbst klassifiziert und damit die undurchsichtigen und offenbar über die Zeit auch inkonsistenten DWD-Bestimmungen aus dem PIK-Report ersetzt.
Liebe Grüsse
Fabienne
Microwave am 4. März 2025 um 22:21 Uhr
Hoi Fabienne,
Ist vielleicht ein bisschen weit jetzt und Offtopic, aber weisst du das, wie konnten sie überhaupt diese Reanalysis-Karten berechnen, für Zeiten wo es GFS oder so gar noch nicht gab? Teils frage ich mich sogar (bei ein paar Karten welche ich mal irgendwo gesehen hatte (Sturmarchiv?)), ob es überhaupt schon Flugzeuge gab wegen den Messungen in 500 hPa…
Grüsse – Microwave
Fabienne Muriset am 5. März 2025 um 02:21 Uhr
Hoi Microwave
Manuelle Wetterbeobachtungen, Temperatur-, Feuchte-, Luftdruck- und Windmessungen gibt es ja schon sehr lange, sowohl von Landstationen wie von Schiffen. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, was die Wetterbeobachter früher alles notiert haben (z.B. geschätzte Wolkenhöhe, Wolkenart und Zugrichtung, damit lassen sich auch Rückschlüsse auf die Höhenströmungen und wenn man ein ausreichend zuverlässiges Beobachternetz hat, auch auf die Druckverteilung und Feuchtigkeit in der Höhe ziehen. Ich gehe davon aus, dass möglichst lange Zeitreihen von Stationen digitalisiert wurden und ein Modell dann daraus interpolierte Karten bastelt. Der genaue Vorgang und die Datendichte ist mir allerdings nicht bekannt, irgendwo in den Tiefen des Internets werden sich aber wahrscheinlich Paper dazu finden, wenn man Zeit für die Recherche hat…
Grüsslis
Fabienne