Im zweiten Teil zur Hintergrundberichterstattung aus meteorologischer Sicht geht es um die entscheidende Phase zwischen der Landung der ersten Ballone über die Aussichten für die im Rennen verbliebenen Teams bis zur Entscheidung. Die Vorbereitungsphase, den Austragungsort und die Überlegungen vor dem Start haben wir im Teil 1 ausführlich behandelt.
Der Start brachte wenige Überraschungen. Fast alle Teams entschieden sich für einen mehr oder weniger raschen Aufstieg, um die Überflughöhe von min. 6000 ft beim Flughafen Bern-Belp und die Freigabe des Luftraums vom Flughafen Zürich zwischen 8000 und 10000 ft zu erreichen und zogen somit im extrem schnellen Südwestwind in der Höhe bereits drei Stunden nach dem Start über den Bodensee hinweg. Nur SUI-1 und GER-3 tauchten unter dem Flugkorridor von Zürich durch, um dann sehr langsam nach Norden zu schleichen. Hier war rasch klar, dass diese beiden Teams nicht wasserscheu sind und eine andere Strategie verfolgen würden als das grosse Feld. Die Tracking-Spuren des ganzen Rennens kann man im Live-Tracking der Gordon Bennett-Seite nachschauen, daher verzichten wir hier auf allzu viele Screenshots und werden diese nur für einige Schlüsselszenen einbauen.
Die erste ist die Rennsituation am Samstagnachmittag um 16:30 MESZ, ausser JPN-1 sind noch alle Teams in der Luft:
Dankenswerterweise hat die Rennorganisation kurzfristig noch die Sperrgebiete eingezeichnet. Es ist sonst nämlich immer etwas umständlich der weniger eingeweihten Leserschaft zu erklären, weshalb sich die Umfahrung der Kaliningrad-Enklave so schwierig gestaltet. Kaum jemand kennt den Umstand, dass der russische Luftraum so weit in die Ostsee hinausragt und somit an den schwedischen Luftraum grenzt. Die abgebildete Situation lässt anhand der Trackingspuren sofort vermuten, dass es für fast alle Teams extrem eng wird, sowohl im Osten wie auch im Westen. Auf die westliche Gruppe (ob sich jene ganz im Süden denen noch anschliessen werden, müssen wir abwarten, wobei: aufholen ist fast unmöglich) gehen wir später detaillierter ein: Ich gehe davon aus, dass diese Teams die besten Chancen auf den Sieg haben und uns noch eine Weile bestens unterhalten werden. Dasselbe gilt aus der Ostgruppe noch für einzelne Teams, welche den Kurs auf das Mausloch nach Litauen noch halten können: FRA-1 (Nr. 7), SUI-2 (19) und bei denen hier wird es schon extrem schwierig: USA-1 und CZE-1. Warum nicht noch einige andere? Ganz einfach: Durch die intensive Auseinandersetzung mit den windtechnischen Möglichkeiten meines Teams SUI-3 weiss ich um die zahlreichen Faktoren, welche die Durchfahrt nach Litauen nahezu verunmöglichen. Bevor wir uns dem Faktor Wetter näher zuwenden, erst noch die anderen, menschlichen und logistischen Probleme:
1. Man muss bereit sein bis zum nächsten Morgen durchzuhalten. Nachtlandungen in unbekanntem Gelände bergen hohe Risiken, diese wollten “meine Jungs” nicht eingehen.
2. Ballast: Die Überfahrt nach Litauen muss in mindestens 6500 ft Höhe (= 1950 m) erfolgen. Man muss also gut kalkulieren ob es reicht, ansonsten siehe Punkt 1. Anhand der Höhenprofile der Trackings kann man etwa einschätzen, welche Teams eine ruhige Fahrt hatten und nicht zu viel Sand für wiederholte Höhengewinne verschütten mussten. Hier ein Vergleich:
Alle Teams, welche das Riesengebirge (Grenzgebirge zwischen Tschechien und Polen, bis 1600 m hoch) am Vormittag in etwas mehr als 2000 m Höhe überquert haben, hatten in der Folge Mühe, die Höhe stabil zu halten. Ich kann das nachvollziehen, weil mein Team SUI-3 fast zeitgleich und nur wenige Kilometer hinter CZE-1 (rotes Höhenprofil) fuhr. Dieses Gehoppel war nicht etwa auf mangelnde Sorgfalt bei der Navigation zurückzuführen, denn sie treten bei allen Teams im selben geographischen Bereich auf. Die Ursache liegt in Verwirbelungen im Lee von Gebirgen. Wer gerne den Wasserlauf von Bächen beobachtet, kann sich das bestens vorstellen: Im Gefälle hinter einem Hindernis fliesst das Wasser sehr viel schneller, und dort wo es wieder flach wird, bilden sich Wellen. Luft verhält sich genau gleich. Somit geraten die Ballone nach der Überquerung eines Gebirges in Wirbel, welche sie nach unten ziehen. Die verlorene Höhe danach wieder wettzumachen, benötigt viel Sand. Der “alte Fuchs” Vincent Leys, Pilot von FRA-1 und Rekordweltmeister, hat dieses Problem umgangen, indem er das Gebirge in einer Höhe von ca. 6000 m überfuhr. Ebenfalls hoch genug fuhr Team SUI-2, nämlich in rund 3500 m. Bis in solche Höhen wirken sich die Turbulenzen eines Mittelgebirges nicht aus, die Fahrt verläuft – wie man am braunen Profil erkennen kann – viel ruhiger. Daher gebe ich den anderen oben abgebildeten Teams wenig Kredit für die Überfahrt der polnisch-litauischen Grenze (und noch während ich an diesem Absatz schreibe, sehe ich dass CZE-1 gelandet ist: nicht viel später als SUI-3, was aufgrund der fast identischen Fahrt dieser beiden Teams wenig erstaunt).
Wenden wir uns also dem nächsten Punkt zu: Windverhältnisse heute Nacht für jene Teams, die in der Nordhälfte Polens noch im Rennen sind (die übrigen Wetterparameter stehen in dieser Nacht noch gut).
Man sieht anhand der Windprognosen in 3000 m für die nächsten Stunden, dass eine zu starke Südkomponente vorherrscht. Um den engen Durchgang nach Litauen zu treffen, müssten sich die drei noch in Frage kommenden Teams bereits viel (bei FRA-1 ist es nur wenig) östlicher positioniert haben. Auch ich selbst bin bei den Trajektorienberechnungen für das Team SUI-3 heute Vormittag auf dasselbe Problem gestossen, egal wie viele Varianten ich durchgerechnet habe. Zwar gibt es in höheren Schichten (ca. 4500-5500 m) kleine Fenster, wo man noch etwas Boden nach Osten gewinnen kann, aber um diese zu erreichen müsste noch genügend Ballast vorhanden sein. In tieferen Schichten dreht der Wind noch stärker auf Süd, teilweise sogar nach Südost: keine Chance also ausser vielleicht ganz knapp für FRA-1, das wird extrem spannend. Natürlich sind das nur Modelle und wir haben letzte Nacht und heute tagsüber immer wieder Überraschungen erlebt, dass die reale Welt ein wenig anders aussehen kann. Dies ist wahrscheinlich die Hoffnung, welche diese Teams noch nicht aufgeben. Sie riskieren allerdings viel, denn sie werden zu einer Nachtlandung gezwungen sein, wenn sich die Hoffnung nicht erfüllt. Team SUI-2 hat aber damit ja bereits Erfahrung, nicht zuletzt aus 2015 als ihnen mitten in der Nacht kurz vor demselben Mausloch und nur 13 km vom Sieg entfernt der Ballast ausging. Trotzdem wird den ganzen Abend über die sozialen Medien Zuversicht verbreitet – nun ja, die Hoffnung stirbt zuletzt… (Und soeben sehe ich um 21:55 MESZ dass POL-2 in seiner aussichtslosen Position gelandet ist – und auch jetzt um 22:20 steht der Tracker von SUI-2 bei Null).
Wenden wir uns noch kurz den Teams GER-1 und SUI-1 zu, welche die westliche Route am Kaliningrad-Luftraum ins Visier genommen hatten. SUI-1 hat diesen Plan im Verlauf des Abends wegen der schlechten Wetteraussichten über der Ostsee verworfen und versucht jetzt noch, sich ebenfalls zur östlichen Passage durchzuschlagen. Lesen Sie hier die Erklärung des Teams SUI-1 selbst. Da FRA-1 inzwischen der Grenzübertritt nach Litauen gelungen ist (mein allerhöchster Respekt vor dieser genialen Leistung!), müsste eigentlich noch ein Wunder geschehen, damit SUI-1 seinen Weltmeistertitel verteidigen kann. Es wäre allerdings schon ein schlitzohriger Coup gewesen, wenn der Plan der Ostseepassage nach Schweden gelungen wäre. Doch wenn 19 von 21 Teams “was gisch, was hesch” der Kaltfront davonfahren, kann man sich ungefähr vorstellen wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines gelungenen Streichs gewesen sein muss. Besonders GER-3 hat diesbezüglich Lehrgeld bezahlt. Von Schwaben bis nach Nordbayern war man im Regen unterwegs, wie die Niederschlagssummenkarte des Tages beweist:
Dass man möglichst schnell aus diesem Sauwetter rauskommen möchte (wobei man sich ja schon fragen darf, warum man denn überhaupt unbedingt hineingeraten wollte…) und zu diesem Zweck in einen Windkanal von bis zu 90 km/h in über 4000 m aufsteigt, ist verständlich, macht die Sache aber nicht wirklich besser: Denn ab 2300 m Höhe fuhr man im Schnee und da dieser am Ballon kleben bleibt macht er diesen noch viel schwerer als wenn man nur im Regen gefahren wäre. Das Höhenprofil von GER-3 spricht Bände. Die Landung am Abend war also auch in diesem Fall keine Überraschung.
Wenden wir uns noch den sechs verbleibenden Teams zu, die allenfalls noch versuchen könnten, FRA-1 durch das Mausloch zu folgen. Es gibt wetterbedingt nur ein sehr kurzes Zeitfenster, das die Passage nach Litauen erlauben würde:
Vom Mittag bis zum späten Nachmittag versperrt ein potenzielles Gewittergebiet die Durchfahrt nach Litauen (rot eingekreist), das sich am Abend nach Norden verlagert. Man könnte diesem in respektablem Abstand hinterherfahren, was bedeuten würde, dass man sicher sein muss bei Sonnenuntergang sicher im litauischen Luftraum landen zu können. Eine weitere Nachtfahrt wird wahrscheinlich durch die aus Westen aufrückende Kaltfront verhindert. Um das optimale Zeitfenster zu erwischen, müsste man am Morgen eine Position im blau eingekreisten Gebiet eingenommen haben. Ich wage mal zu bezweifeln, dass die drei sich jetzt kurz vor Mitternacht noch in Tschechien befindlichen Teams diese Position in den verbleibenden 6 Stunden erreichen können. Für die übrigen drei weiter nördlich in Polen ist es sogar unmöglich. Für diese Teams bliebe noch die Option, die Passage nach Litauen am Vormittag bis spätestens 11:00 MESZ zu schaffen, um anschliessend vor dem Gewittergebiet nach Norden fahren zu können. Nach den mir vorliegenden Trajektorien ist auch dies unmöglich zu bewerkstelligen.
Der langen Rede kurzer Sinn: Der Sieger des GBR2017 steht bereits am Samstagabend mit der geglückten Passage des Kaliningrad-Fensters fest. Für die übrigen Teams bleibt nur noch ein Gerangel um die Ehrenplätze auf dem Podest. Hierbei hat GER-2 positionsmässig und wahrscheinlich auch aufgrund der Reserven die besten Aussichten, dem Team POL-2 noch den dritten Rang streitig zu machen. Der (erneut) zweite Rang von SUI-2 ist meiner Meinung nach nicht mehr in Gefahr, aber 2015 hat uns gelehrt, dass Überraschungen durchaus möglich sind…
Update Sonntag 10:00 MESZ
Nach der Landung von FRA-1 in Estland bei Sonnenaufgang und etwas später auch GBR-1 verbleiben nun noch fünf Teams in der Luft. Man mag mich jetzt vielleicht eine Spassbremse nennen, doch ich wundere mich über all die Blogs und Videobeiträge, sei es vom Veranstalter oder von den noch im Rennen befindlichen Teams, die jetzt noch von “Spannung” reden. Da wird von der Passage nach Litauen, ja sogar von der Weiterreise nach Finnland geträumt. Ich möchte gerne die Wettermodelle kennenlernen, die solcherlei Überlegungen zulassen… Wie bereits gestern Abend vermutet, ist einzig GER-2 in der Position, um noch einen Podestplatz herauszufahren. Sie werden sich wahrscheinlich einen Landeplatz zwischen POL-2 und SUI-2 aussuchen. Alle anderen Teams sind entweder zu weit westlich oder zu weit südlich positioniert, um auch nur im Entferntesten noch etwas mit dem Rennausgang zu tun zu haben. Das soll die Leistung keinesfalls schmälern, der Kampf um jeden Rang ehrt deren Sportsgeist. Ich wünsche allen noch eine gute Fahrt und vor allem sichere Landung, bevor die Kaltfront aktiv wird, obwohl in den neuesten Modelläufen nicht mehr so gefährlich dargestellt wie noch gestern Abend.
Noch kurz zur aussergewöhnlichen Zugbahn von SUI-1 entgegen derjenigen der übrigen Teams: Hier wurde eine bodennahe Strömung mit der oben eingezeichneten Kaltfront genutzt, welche in der Nacht ausser Wolken und Winddrehung keine Wetteraktivität aufwies. Es handelt sich dabei um eine nur etwa 500 m dicke Schicht, wo West- bis Nordwestwinde vorhanden waren. Auch in meinen Überlegungen spielte dieser Wind eine Rolle: Wir hatten kurz in Erwägung gezogen, die Nacht in Westpolen zu vertrödeln, um diesen Wind zu nutzen und noch etwas Boden nach Osten gutzumachen. Angesichts der Aussichtslosigkeit auf das Erreichen der nordöstlichsten Ecke Polens und allenfalls noch eine Passage nach Litauen, haben wir uns aber diese Mühseligkeiten erspart:
Update Sonntag 12:30 MESZ
Vielleicht die Kiste doch noch nicht ausschalten… 😉
Zwei Stunden, ein neuer Modellauf und etwas verschobene Positionen später muss man die oben getätigten Aussagen etwas relativieren. Und zwar die beiden Teams SUI-1 und ESP-1 betreffend. Jetzt wird in Höhen zwischen 1000 und 1500 m der Wind mit weniger Südkomponente gerechnet, sodass der Ausgangspunkt Lodz nun günstig ist, um das Litauen-Mausloch doch noch zu erreichen. Somit wackelt der zweite Rang von SUI-2 plötzlich wieder. Was den Grenzübertritt und den Gesamtsieg betrifft, sind die Hürden aber doch weiterhin sehr hoch: Reicht der Ballast noch, um die erforderliche Höhe zu erreichen und auch zu halten? Hält das Wetter? Die oben mehrmals erwähnte Kaltfront wird bezüglich ihrer Aktivität von den Modellen unterschiedlich eingeschätzt. Auch wenn sich nicht gerade Gewitter bilden sollten, so wäre eine Dusche in Form eines Schauers nicht gerade hilfreich für das Unterfangen. Und man muss bedenken, dass die Grenze erst nach Einbruch der Dunkelheit erreicht wird und man danach in den frühen Morgenstunden möglicherweise in der Regenzone fahren muss. Also gut, ich gestehe es ein: Die Spannung ist zurück – mir soll’s recht sein, hab ja jetzt Ferien 😉
Update Sonntag 13:30 MESZ
Die Modellwelt überschlägt sich! Auch für das Team GER-2 tun sich unerwartete Möglichkeiten auf, vorausgesetzt man hat Nerven, Geduld und noch genügend Ballast. Wenn man den Nachmittag in tiefen Luftschichten vertrödelt und sich nicht mehr zu weit nach Norden verdriften lässt, kann man gegen Abend eine Winddrehung auf West bis Nordwest abwarten und so eine Kurve nach Südosten schlagen. Dann gilt es, in der exakten Position zur richtigen Zeit in den Südwestwind auf über 2000 m aufzusteigen, um das Mausloch nach Litauen zu erwischen. Möglicherweise ist genau dies auch die Idee von AUT-2, das seit Stunden kaum noch vom Fleck kommt. Die fahren so tief, dass ich bereits mehrmals glaubte, sie setzen zur Landung an, aber nein… Auch GER-1 ist jetzt in die langsame tiefe Schicht gesunken, doch ob die noch Ballast für einen weiteren grossen Aufstieg am Abend haben? Was für ein Rennen, das hätte ich gestern Abend nicht mehr für möglich gehalten! Zum Glück geben die Teams nicht so schnell auf wie ich 😉

Windprognose nach GFS für Sonntag 20:00 MESZ in 550 m Höhe. Man erkennt gut die Winddrehung in Nordostpolen, die sich am frühen Abend vollzieht.
Kurzmeldung Sonntag 14:30 MESZ: Die beiden deutschen und das österreichische Team nehmen sich soeben mit dem erneuten Aufstieg in den schnelleren Südwind selbst aus dem Rennen um die Podestplätze – schade! ESP-1 gibt jetzt in 3000 m Höhe Gas und zielt exakt auf das Mausloch. Diesem Team gebe ich die besten Chancen, den Grenzübergang zu schaffen. Bei SUI-1 muss man bedenken, dass sie eine Regenfahrt auf der Negativseite ihrer Bilanz im Buch stehen haben.
Kurzmeldung Sonntag 17:20 MESZ: GER-1, GER-2 und AUT-1 sind in Nordpolen gelandet, der 2. Rang von SUI-1 bleibt bis anhin unangetastet. Doch ESP-1 und SUI-1 sind jetzt sehr gut im Rennen in ungefähr 3000 m. Für den Aufstieg hat der Ballast also gereicht, jetzt muss man nur noch hoffen, dass sie die Höhe halten können. Wir haben ja vor zwei Jahren gesehen, dass man kurz vor dieser Grenze noch runterplumpsen kann. Und folgendes muss man für die Geschichtsbücher des Luftsports festhalten, das live mitzuverfolgen war nichts für schwache Nerven:
Die Entscheidung in Nordpolen zu landen, statt die oben beschriebene Kurve nach Südosten abzuwarten, hat sich als richtig erwiesen. Denn die bereits öfters erwähnte Kaltfront wird doch recht aktiv, erste Blitze in Nordostpolen:
Für die Live-Verfolgung der Blitzaktivität empfehle ich Lightningmaps. Hoffen wir, dass die Spanier und die Schweizer nicht Kopf und Kragen riskieren…
18:15 MESZ ist ESP-1 gelandet. Ob wegen der Gewittergefahr oder ob der Ballast ausging, ist offen. Wenn man sich die Höhenkurven ansieht, kann man sich gut ausrechnen dass es so oder so knapp ist mit den Reserven:
Bald geht die Sonne unter, dann wird sich entscheiden, ob sich SUI-1 mit dem zweiten Rang zufrieden gibt – wobei den Pokal durch den dritten Sieg in Folge definitiv in seinen Besitz zu bringen, ist natürlich schon eine Motivation. Doch ob es angesichts des riesigen Vorsprungs von immer noch 480 km der Franzosen sinnvoll ist, sich durch die Gewitterrisko-Zone zu schlagen? Bei der zu erwartenden Windgeschwindigkeit müsste sich SUI-1 noch mindestens weitere zehn Stunden in der Luft halten können. (Kaum geschrieben, sehe ich dass der Ballon auf 1600 m gesunken ist – war’s das, oder dient das Absinken nur der Richtungskorrektur?).
19:00 MESZ: Die Frage ist beantwortet: Das war’s! Herzliche Gratulation allen zur gebotenen Leistung bei diesem wirklich nicht einfachen Rennen. Das GBR2017 hat einen verdienten Sieger. Ein nur gerade 30 km breites Loch auf 1500 km Entfernung mit einem Gasballon zu treffen, ist eine respektable Leistung. Ich sage nur: Chapeau!
Noch ein Nachtrag zur Landung von SUI-1: Folgende Karte, entnommen aus Lightningmaps, zeigt die wahrscheinliche Ursache: Blitzeinschläge (gelbe Punkte, wahrscheinlich war es nur einer oder zwei, die Ortung durch mehrere Empfangstationen kann zusätzliche Messpunkte erzeugen) nur etwa 5 km vor dem Ballon kurz vor der Landung! Der Landeplatz ist mit einem blauen Stern markiert:
Man war also offenbar bereit, für einen weiteren möglichen Sieg das maximale Risiko einzugehen. Das ist ein Grund, weshalb mein Team SUI-3 niemals ein Gordon Bennett-Rennen gewinnen wird. Und auch wenn ich etwas enttäuscht war über die frühe Landung, so bin ich doch froh dass meine Auftraggeber niemals von mir verlangen würden, sie in eine solch gefährliche Situation zu bringen. Ich danke an dieser Stelle Walter Gschwendtner und Max Krebs herzlich für ihr Vertrauen!
Daniel Grutsch am 9. September 2017 um 21:37 Uhr
Liebe Fabienne,
Vielen Dank für deine spannende Berichterstattung zum diesjährigen Gordon Bennett. Detailliert, unterhaltsam und verständlich geschrieben, macht Spass zum lesen.
Karl G. Gutbrod am 10. September 2017 um 10:54 Uhr
Liebe Fabienne,
ganz ganz grosses Meteorologen-Kompliment : besser, verständlicher (und spannender) kann man ein Fünf-Dimensionales Geschehen (Länge, Breite, Höhe, Zeit und verschiedene Wetterfaktoren wie Schnee und Gewitter) nicht erklären.
Dieser Bericht macht nicht nur das Ballonfahren spannend.
Danke!
Karl G. Gutbrod
Klaus Friedrich am 10. September 2017 um 18:49 Uhr
Liebe Fabienne,
auch für Deinen Teil 2 der GB-Berichterstattung herzlichen Dank und Kompliment. Es hat viel Freude gemacht, die Entwicklung und Deine Kommentare zu verfolgen. Wenn ich die Höhenangaben bei ESP-1 und SUI-1 richtig interpretiere, dürfte die Wettfahrt in den nächsten 60 Minuten beendet sein. Ich drücke den Beiden die Daumen für eine sichere Landung, und nochmals Danke für Deinen tollen Blog,
herzliche Grüße, Klaus Friedrich
Reto am 11. September 2017 um 10:45 Uhr
Sali Fabienne
Das ist viel spannender als irgend ein Formel 1 Rennen oder Fussballspiel. Ein solcher Event über viele Stunden ja sogar Tage zu verfolgen macht sehr viel Freude. Was mich am meisten freut, ist dass Ihr diesmal nicht wegen technischen Problemen oder irgend welchen plötzliche gesperrten Lufträumen zum landen gezwungen wurdet. Klar man hätte noch einige Kilometer und dadurch einige Plätze in der Rangliste verbessern können. Wir sind aber froh, dass alle sicher gelandet sind.