Aus dem Hochsommer 2017 kann man verschiedene Lehren ziehen. Die eine ist die, dass bereits zum 6. Jahr in Folge die moderne Auslegung der Siebenschläfer-Regel, welche sich auf Persistenz des Zirkulationsmuster und daraus logisch folgende Grosswetterlagen beschränkt, voll ins Schwarze getroffen hat. Um den Zufall auszuschliessen, muss sich in den nächsten Jahren bestätigen, ob eine solche Auslegung der Regel sogar eine höhere Trefferquote als die rund 70 % für das südliche Mitteleuropa erzielt und damit auch für ein grösseres Gebiet aussagekräftig ist. Eine andere Erkenntnis ist die, dass eine am 7. Juli veröffentlichte Siebenschläferprognose (obwohl sie aussagekräftiger ist), nur von halb so vielen Leuten gelesen wird wie jene vom 27. Juni, obwohl sie auf genau den selben Kanälen platziert wurde.
Da wir sichergehen wollten, dass unsere Interpretation des grossräumigen Musters vom 27. Juni richtig war, erstellten wir in diesem Jahr erstmals eine zweite Siebenschläfer-Prognose am 7. Juli. Beide Male kamen wir zum Schluss, dass dieser Hochsommer im südlichen Mitteleuropa von einem ständigen Auf und Ab der Temperaturen im ungefähren Wochenrhythmus geprägt wird. Für das südliche Mitteleuropa wurde ein leicht wärmerer (gegenüber der Klimanormperiode 1981-2010), für das nördliche Mitteleuropa ein leicht kühlerer Hochsommer prognostiziert, wobei im gesamten Gebiet mit Ausnahme des Alpenostrandes und südlich der Alpen von einem Niederschlagsüberschuss ausgegangen wurde. Verursacht werden sollte dies vom ständig wiederkehrenden Muster sich bildender Tröge über dem Ostatlantik, welche in der Folge auf den Kontinent übergreifen, gefolgt vom nächsten Höhenrücken. Schauen wir uns die Abweichung des Luftdrucks zum langjährigen Mittel an, ausgwertet wurde der Zeitraum vom 1. Juli bis 20. August:
Als erstes fällt die stärkere Tiefdrucktätigkeit über Nordeuropa auf, wobei über dem Atlantik der übliche Island-Tiefkern zu den Britischen Inseln verschoben ist: eine Auswirkung der erwähnten Austrogungstendenzen über dem östlichen Nordatlantik. Es besteht zwar eine Hochdruckbrücke vom Azorenhoch zum Russlandhoch, doch weist diese über Mitteleuropa eine Schwachstelle auf: die Folge von drei GWL-Lagen „Tief Mitteleuropa“ in diesem Hochsommer. Ebenfalls zu erkennen ist, dass jene über Mitteleuropa abtropfende Tiefs in der Folge in den östlichen Mittelmeerraum abgewandert sind, da ihnen der direkte Weg nach Osten vom Russlandhoch versperrt wurde.
Besonders interessiert uns natürlich, ob die vorhergesagte Temperaturabweichung mit dem Süd-Nord-Gefälle über Mitteleuropa eingetroffen ist:
Keine Überraschung also von dieser Seite 😉 Vielleicht bei den Niederschlägen?
Bis zu 4 mm Niederschlagsüberschuss pro Tag verteilt auf 51 Tage ergibt ein Plus von rund 200 mm über den gesamten Siebenschläfer-Zeitraum, das ist die zweieinhalbfache Menge des langjährigen Mittels, wobei sich naturgemäss durch Gewitter verursachte starke lokale Abweichungen ergeben. Auf der anderen Seite bestätigt das (schlecht aufgelöste) Defizit im Südosten Österreichs die getroffene Annahme, dass sich dort die Trockenheit des Frühlings und Frühsommers fortsetzen würde.
Markant war in diesem Hochsommer das Südost–Nordwest-Gefälle bei Temperatur und Sonnenschein mit einer recht markanten Grenze in der Mitte (ungefähr über Nordhessen verlaufend). Dass dieses Gefälle nicht exakt Süd-Nord verlaufend war, liegt am leichten Übergewicht der in der zweiten Hälfte des Siebenschläfer-Zeitraums dominierenden Südwestlagen gegenüber den in der ersten Hälfte noch überwiegenden Westlagen (siehe auch Wetterlagenkalender). Eindrücklich wird dies, wenn man die Temperaturkurven der Tagesmaxima der Städte Hamburg, Berlin, Konstanz und Wien übereinanderlegt:
Während Hamburg keinen einzigen heissen Tag (TMax >30 °C) verzeichnete und Berlin gerade mal einen, waren es deren in Konstanz elf und in Wien 22. Zusätzlich haben wir in der Grafik die Dauer der sehr warmen bis heissen (rot, oben) und kühlen (blau, unten) Phasen in Konstanz visualisiert, um das prognostizierte und tatsächlich eingetroffene Muster der sich wöchentlich abwechselnden Witterungsphasen zu verdeutlichen. Bemerkenswert ist dabei, dass es nur sehr wenige normal temperierte Tage um 25 Grad herum in den Übergangsphasen gab: Die Devise in diesem Hochsommer hiess im Süden: Entweder schwül-warm bis heiss oder kühl, etwas dazwischen gab es kaum. Ebenso interessant ist, dass sich dieses Muster zumindest noch bis Anfang September fortsetzt. Aus dem Siebenschläfer wird also ein Neun- bis Elfschläfer, oder ein Dreizehnschläfer gar? Antworten darauf finden wir hoffentlich in der September-Prognose, welche wir am 31. August auf orniwetter.info veröffentlichen.
Diese Seite ist bewusst werbefrei gehalten, um die Unabhängigkeit des Informationsgehaltes zu gewährleisten und nicht von den Inhalten abzulenken. Mit einer freiwilligen Spende unterstützen Sie die Arbeit von fotometeo.ch in einem schwierigen Marktumfeld und sichern das Fortbestehen des Blogs. Vielen Dank!
Falls Sie kein PayPal-Konto besitzen, können Sie direkt auf eines der angegebenen Konten unter den Kontaktdaten einzahlen.