Nach dem Beinahe-Rekord-Juni und einem etwas durchzogenen Juli machte der August zwar unbeständig weiter, doch temperaturmässig vor allem im Alpenraum wieder auf sehr hohem Niveau, sodass hier über alle drei Monate gemittelt der drittwärmste Sommer hinter 2003 und 2015 resultierte. Der August geizte auch nicht mit neuen Rekorden: Wärmste August-Nacht seit Aufzeichungsbeginn vor über 100 Jahren an gleich mehreren Stationen der Schweiz und heisseste Nacht seit Messbeginn in Vorarlberg im 1029 m hoch gelegenen Brand mit 25.5 Grad in der Föhnnacht (sehr aussergewöhnlich im Hochsommer!) auf den 1. August. Auch die höchste je in der Schweiz gemessene 10-Min-Regensumme von 36.1 mm in Eschenz in der Gewitternacht auf den 2. August stammt aus diesem bemerkenswerten Monat. Zudem mussten wieder viele Verletzte und sogar einige Todesopfer durch heftige Unwetter vermeldet werden. Die Sachschäden sind in einigen Regionen enorm, was angesichts der starken Temperaturschwankungen nicht erstaunt (siehe auch Hochsommer-Bilanz zur Siebenschläfer-Verifikation im vorherigen Beitrag).
Die orniwetter.info/fotometeo.ch-Prognose für den August, erstellt am 31. Juli, lautete wie folgt:
Wie schon einleitend erwähnt, sehen die meisten Läufe des Langfristmodells CFS Mitteleuropa (auch den Alpenraum!) durchschnittlich oder sogar leicht unterkühlt gegenüber dem Mittel 1981-2010, was uns aufgrund der ersten heissen Augustwoche nahezu unmöglich erscheint. Um das Plus von rund 2.5 Grad zur Monatsmitte bis zum Ende noch abzubauen, müsste eine extrem kühle zweite Augusthälfte über uns hereinbrechen. Woher diese Kaltluft kommen soll, ist uns ein Rätsel. Schon länger beobachten wir, dass die Langfristmodelle mit den neu geschaffenen Verhältnissen in der Arktis nicht zurechtkommen. Entsprechend mussten wir auf den wärmsten Lauf der letzten drei Tage zurückgreifen, um zumindest annähernd die realen Verhältnisse aufzuzeigen.
Der von uns ausgewählte Lauf zeigt keine Auffälligkeiten bezüglich der Position und Stärke des Azorenhochs. Über dem zentralen Nordatlantik wird eine mässig negative Druckanomalie berechnet, was aufgrund der Verteilung der Meerestemperaturen plausibel erscheint. Die Westwindzirkulation über dem Nordatlantik wird demzufolge wie schon im Juli aktiv und auch Nordeuropa treu bleiben, da eine Tiefdruckrinne über Skandinavien hinweg nach Nordrussland besteht. Eine positive Druckanomlie – nicht aussergewöhnlich stark – liegt mit ihrem Zentrum über Osteuropa und bedeckt zonal ausgerichtet nahezu das gesamte europäische Festland. Der grösste Anteil dieser Anomalie dürfte auf die erste Augustwoche zurückgehen, wir setzen allerdings darauf dass sich dieses System nach kurzen Unterbrechungen jeweils regeneriert. Es könnte darauf hinauslaufen, dass sich das Muster dieses Hochsommers (im südlichen Mitteleuropa eine Woche sehr warm bis heiss, eine Woche normal bis kühl) bis Ende August fortsetzt. Allerdings bedeutet dies auch die Fortsetzung des bisherigen Westlagen- bis tiefdruckdominierten Sommers im nördlichen Mitteleuropa, wobei die berechnete Druckanomalie doch Hoffnung auf ein paar Tage mehr unter Hochdruckeinfluss als bisher macht. Bezüglich der hauptsächlich auftretenden Grosswetterlagen können West-, Südwest- und Hochdrucklagen genannt werden, unterbrochen von Trögen und Tiefs, über dessen genaue Position und Verweildauer besser nicht zu heftig spekuliert wird. Nord- bis Ostlagen kann man bei diesem Muster wie schon in den letzten Monaten so gut wie ausschliessen.
Die entsprechende Temperaturkarte zeigt einen Hitzepol über dem Balkan mit Abweichungen deutlich über zwei Grad und einen immer noch warmen Alpenraum. Ungefähr normale Verhältnisse können im Schnitt in der Mitte und im Norden Deutschlands erwartet werden, an der Nordsee beginnt allerdings der Bereich, wo man von einem unterkühlten Monat sprechen muss.
Da der Westwindgürtel noch etwas nördlicher verlaufen soll als im Juli, darf man in weiten Teilen Mitteleuropas von einem leicht zu trockenen Monat ausgehen. Eine leicht zu feuchte Zone verläuft von Schottland nach Nordskandinavien. Von Spanien bis Frankreich werden deutlich zu nasse Gebiete berechnet, welche aus der starken Gewitteraktivität der ersten Augustwoche resultieren.
Vergleich der Prognose (oben) mit der Analyse (unten) der Abweichungen des Höhendruckfelds (5500 m) gegenüber dem langjährigen Mittel:
Die grossräumige Zirkulation mit überwiegenden Südwestlagen in Mitteleuropa wurde im ausgewählten Modelllauf nahezu perfekt berechnet. Das Zentrum des Hochdrucks über Osteuropa lag ein wenig östlicher, dafür zog sich die Hochdruckanomalie als Brücke bis zum Azorenhoch durch. Ähnliche Abweichungen gibt es beim Tiefdruck über Nordeuropa, das zweite Zentrum kam statt über Nordwestrussland über Skandinavien zu liegen. Das für unser Wetter bestimmende Tiefdruckzentrum lag zwar etwas näher beim Kontinent, wurde aber betragsmässig nicht ganz so stark wie in den Prognosen berechnet, was sich in seiner Wirkung in etwa ausgleicht. Wir dürfen feststellen, dass es sich hierbei um die beste Druckanomalie-Prognose dieses Jahres handelt, was umso bemerkenswerter ist, als dass an den letzten drei Tagen vor Erstellung unserer Prognose völlig abweichende Prognosen gerechnet wurden und dieser Lauf der einzige war, der die richtige Lösung zeigte.
Die Abweichung der Monatsmitteltemperatur in rund 1500 m Höhe zur Klimanormperiode 1981-2010 (oben Prognose, unten Analyse):
Die Problematik der mit Ausnahme dieses einen Laufs gerechneten negativen Temperaturanomalie in weiten Teilen Europas wurde eingangs der Prognose erwähnt. Auch hier schützte die Erfahrung im zweiten Monat in Folge vor einer blamablen Fehlprognose. Was im Frühling eine Lotterie ist, gelingt im Hochsommer mit seiner Persistenz des Musters (siehe unsere Siebenschläfer-Prognosen und -verifikationen) in der Regel recht gut. Wie gesagt, handelt es sich bei der ausgewählten Prognosekarte um den wärmsten von den aktuellsten zwölf Läufen bei Erstellung der Prognose, und selbst dieser war verglichen mit dem Resultat noch zu pessimistisch, insbesondere was die Ausdehnung der warmen Fläche betrifft. Über Mitteleuropa wurde die geographische Verteilung hingegen sehr genau getroffen.
Bei den Bodentemperaturen zeigt die Analyse gegenüber dem 850-hPa-Niveau auf dem Kontinent nur geringe Unterschiede. Deutlicher treten sie über dem Atlantik zutage, wo der Einfluss der Wassertemperatur auf die unterste Luftschicht sehr stark wirkt. So konnte sich zum Beispiel die massive Höhenwarmluft über den Kanarischen Inseln wegen des dort vorhandenen kalten Wassers nicht bis zum Boden durchsetzen, im Gegenzug milderte das aussergewöhnlich warme Nordmeer die Höhenkaltluft etwas ab. Der in einigen Wetterforen emsig diskutierte Umstand, dass sich in Nordwestdeutschland die deutlich zu niedrig ausgefallene Sonnenscheindauer nicht in ebenso deutlicher Negativabweichung bei den Temperaturen widerspiegelt, dürfte also hauptsächlich den hohen Wassertemperaturen des Nordatlantiks und des Nordmeers zu verdanken sein, in welcher wiederum die Geschichte des milden Winters und des warmen Frühlings (insbesondere Mai/Juni) gespeichert ist.
Die Niederschlagsverteilung präsentiert sich wie folgt:
Der erwartete nasse Gürtel entlang der stärksten Tiefdruckaktivität vom Nordatlantik über Irland bis nach Nordskandinavien ist wenig überraschend eingetroffen, ebenso die trockene Zone in Osteuropa. In Mitteleuropa hingegen haben sich regionale Gewitter mal wieder ein starkes Übergewicht auf der grobmaschigen Karte verschafft.
Die Grosswettertypen West und Südwest haben gegenüber der Juli-Analyse genau die Verhältnisse getauscht. Das starke Übergewicht an Südwestlagen erklärt auch, dass nicht mehr wie noch Juli ein Temperaturgefälle in Mitteleuropa von Süd nach Nord, sondern von Südost nach Nordwest resultierte. In der Tat verzeichnen wir in den letzten Jahren eine Zunahme von Südwest- und Südlagen (insbesondere Trog Westeuropa und Tief Britische Inseln) in den Sommermonaten, erreichte doch der GWT Südwest im langjährigen Mittel 1881-2008 im August nur gerade 3.7 %. Vermutet wird als Ursache die massive Abnahme der arktischen Eisfläche, welche die Bildung von Tiefdruckgebieten über dem Nordatlantik und somit auch die Verteilung der Wassertemperatur beeinflusst. Der August 2017 könnte ein weiteres Indiz für diese Theorie sein.
Die Langfristprognose für den September findet man auf unserer Partnerseite orniwetter.info, sie wird zu Beginn des nächsten Monats in diesem Blog verifiziert.
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